Im Vorfeld der bevorstehenden Verkündung seines Strafmaßes in der Schweigegeldaffäre hat der künftige US-Präsident Donald Trump den gesamten Prozess als „illegitimen politischen Angriff“ bezeichnet. In einem Beitrag auf seinem Onlinenetzwerk Truth Social erklärte Trump am Freitag (Ortszeit), dass dieser „illegitime politische Angriff“ nichts anderes als eine „Farce“ sei. Der Richter Juan Merchan hatte zuvor angekündigt, dass das Strafmaß gegen Trump am 10. Januar bekannt gegeben werden soll.
Trump ging noch weiter und bezeichnete Richter Merchan als einen „radikalen Parteigänger“. In seiner Stellungnahme erklärte er, dass die Entscheidung des Richters „wissentlich rechtswidrig“ sei, gegen die US-Verfassung verstoße und, wenn sie Bestand habe, das Ende der Präsidentschaft, wie sie bekannt sei, bedeuten würde. In einer 18-seitigen Verfügung erklärte Merchan, dass er keine Haftstrafe verhängen wolle, obwohl dies theoretisch möglich sei. Trump könne sich entscheiden, entweder persönlich vor Gericht zu erscheinen oder sich per Video zuschalten zu lassen, wobei er bis Sonntag seine Entscheidung mitteilen sollte.
Im Mai dieses Jahres wurde Trump in einem New Yorker Verfahren für schuldig befunden, vor seinem Wahlsieg 2016 eine Schweigegeldzahlung in Höhe von 130.000 Dollar an die ehemalige Pornodarstellerin Stormy Daniels per Fälschung von Geschäftsdokumenten vertuscht zu haben. Die Zahlung wurde als Versuch gewertet, Trumps Chancen auf einen Wahlsieg zu verbessern. Obwohl Daniels später an die Öffentlichkeit ging und über die angebliche Affäre mit Trump berichtete – was dieser bestritt – löste der Fall landesweit große mediale Aufmerksamkeit aus.
Trumps Sprecher Steven Cheung erklärte, die Entscheidung des Richters Merchan sei ein direkter Verstoß gegen die Immunitätsentscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 1. Juli. Diese Entscheidung sei der Ansicht, dass das Verfahren gegen Trump sofort eingestellt werden sollte, da die US-Verfassung erfordere, dass Verfahren gegen amtierende Präsidenten nicht zulässig seien.
Trump bleibt der erste verurteilte Straftäter, der für das Amt des US-Präsidenten kandidiert. Nach der Verurteilung im Mai versuchten seine Anwälte, den Schuldspruch anzufechten und das Verfahren auf Grundlage der Immunitätsentscheidung des Obersten Gerichtshofs zu stoppen. In den Monaten nach der Verurteilung verschob Richter Merchan mehrfach die Verkündung des Strafmaßes, wodurch der Ausgang des Verfahrens bis in den November 2024 offen blieb – mitten in der Präsidentschaftswahl.
Die erste Amtszeit von Donald Trump (2017 bis 2021) war von zahlreichen Skandalen geprägt. Nach seiner Präsidentschaft wurde er in insgesamt vier Strafverfahren angeklagt, darunter wegen Wahlmanipulation und seiner Rolle bei der Erstürmung des Kapitols durch radikale Anhänger. Zwei Strafverfahren der Bundesjustiz wurden mittlerweile eingestellt, während das Verfahren im US-Bundesstaat Georgia derzeit auf Eis liegt.
Trump bezeichnet alle gegen ihn gerichteten Verfahren als politisch motivierte „Waffe der Justiz“ und droht seinen Widersachern mit Vergeltung, sollte er wieder ins Amt kommen.
OZD/AFP
OZD-Kommentar:
Trump vs. Justiz: Die politische Dimension der Schweigegeldaffäre
Die Eskalation der Schweigegeldaffäre zeigt nicht nur den Konflikt zwischen Donald Trump und dem US-Rechtssystem, sondern auch die politisch aufgeladene Atmosphäre, die seine Präsidentschaft immer wieder begleitete. Trump nutzt weiterhin seine Position, um gegen die Justiz und das politische Establishment anzugehen. Doch in der Frage, ob der "Illegitimitäts"-Vorwurf und die Angriffe auf den Richter Merchan aus einer echten Überzeugung heraus kommen oder aus politischer Strategie, bleibt unklar.
Selbst wenn Trump seine Ansprüche auf Immunität und das Fehlen einer fairen Gerichtsverhandlung betont, könnte das Verfahren tiefere Auswirkungen auf die politische Landschaft und die Integrität der US-Wahlen haben. Denn Trumps wiederholte Angriffe auf die Justiz setzen ein Signal, dass er die rechtlichen und moralischen Rahmenbedingungen der US-Politik nach eigenem Gutdünken umdeuten möchte.
Prognose: Während der rechtliche Ausgang des Verfahrens für Trump eine wichtige Wendung nehmen könnte, bleibt abzuwarten, wie seine Angriffe auf die Justiz und die politische Opposition die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen und seine Wiederwahlambitionen beeinflussen werden.
Biographien und Erklärungen:
Donald Trump
Donald Trump ist der 45. Präsident der Vereinigten Staaten und ein umstrittener Geschäftsmann, der von 2017 bis 2021 im Amt war. Bekannt für seine unorthodoxe Amtsführung und kontroversen Entscheidungen, hat Trump die US-Politik nachhaltig geprägt. Nach seiner Präsidentschaft ist er in mehrere rechtliche Auseinandersetzungen verwickelt, darunter im Zusammenhang mit der Schweigegeldaffäre und der Erstürmung des Kapitols.
Stormy Daniels
Stormy Daniels, mit bürgerlichem Namen Stephanie Clifford, ist eine ehemalige Pornodarstellerin, die 2018 in den Fokus der US-amerikanischen Medien geriet, als sie öffentlich behauptete, eine Affäre mit Donald Trump während seiner Präsidentschaftskandidatur 2006 gehabt zu haben. Daniels war auch in die Schweigegeldaffäre verwickelt, die nun zu Trumps Verurteilung führte.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP