Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen

Rückkehr nach Syrien? Union drängt auf Abschiebungen, Grüne skeptisch zu Plänen

Bundesinnenministerin Nancy Faeser stellt Pläne zur Überprüfung des Schutzstatus syrischer Geflüchteter vor. Die Union fordert mehr Abschiebungen, während die Grünen skeptisch auf die Entwicklungen in Syrien blicken.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat angesichts der veränderten politischen Lage in Syrien Pläne zur Überprüfung des Schutzstatus syrischer Geflüchteter vorgestellt. Nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad durch islamistische Milizen will das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) Schutzgewährungen aufheben, wenn die Lage dies erlaubt. Gleichzeitig steht die Bundesregierung in der Kritik: Während die Union rasche Abschiebungen fordert, mahnen die Grünen zur Vorsicht.

„So wie es unser Recht vorsieht, wird das Bamf Schutzgewährungen überprüfen und aufheben, wenn Menschen diesen Schutz in Deutschland nicht mehr brauchen“, sagte Faeser. Die Prüfung soll insbesondere jene betreffen, die kein Aufenthaltsrecht durch Arbeit oder Ausbildung haben und nicht freiwillig zurückkehren möchten. Straftäter und Islamisten sollen dabei schnellstmöglich abgeschoben werden, sobald die Sicherheitslage dies zulässt.

Die Union hält diese Maßnahmen für unzureichend. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), forderte eine zügige Rückführung von Syrern, deren ursprünglicher Fluchtgrund – die Verfolgung durch das Assad-Regime – nun weggefallen sei. „Alle, die nicht ausreichend integriert sind oder arbeiten, müssen zurückkehren“, so Throm. Zudem plädiert die Union für einen sofortigen Stopp des Familiennachzugs.

Die Grünen äußerten sich zurückhaltender. Filiz Polat, migrationspolitische Sprecherin der Grünen, betonte, dass eine Prüfung von Schutzbescheiden rechtlich bereits vorgeschrieben sei. Allerdings gebe es angesichts der weiterhin gefährlichen Lage in Syrien keinen Anlass für Widerrufe. „Die aktuelle Lageeinschätzung zeigt, dass Syrien nach wie vor unsicher ist“, sagte Polat.

Auch innerhalb der Bundesregierung herrscht Zurückhaltung. Faeser verwies darauf, dass Deutschland in enger Abstimmung mit seinen europäischen Partnern handele und ein genaues Bild der Sicherheitslage gewinnen müsse. Dennoch bleibt die Situation in Syrien instabil. Bei Gefechten zwischen pro-türkischen und kurdischen Gruppen in Nordsyrien kamen nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zuletzt 101 Kämpfer ums Leben.

Die Umsetzung von Faesers Plänen könnte zudem an praktischen Hürden scheitern. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Thorsten Frei, bezeichnete die Vorhaben als unrealistisch. „Das Bamf wird nicht in der Lage sein, mehrere Hunderttausend Asylbescheide zu überprüfen“, so Frei. Eine Gesetzesänderung sei notwendig, um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren.

Mit Stand Ende Oktober 2024 lebten laut Bundesinnenministerium 974.136 Menschen mit syrischer Staatsbürgerschaft in Deutschland, von denen über zwei Drittel als Schutzsuchende anerkannt sind. OZD / AFP


OZD-Kommentar:

Rückkehrpläne: Politische Rhetorik oder realistisches Ziel?

Die Diskussion um die Rückführung syrischer Geflüchteter zeigt einmal mehr die Spannungen in der deutschen Migrationspolitik. Während Innenministerin Faeser auf eine differenzierte Prüfung setzt, fordert die Union klare und schnelle Maßnahmen. Doch wie realistisch sind diese Forderungen angesichts der weiterhin unsicheren Lage in Syrien?

Die Lage in Nordsyrien bleibt prekär, wie die jüngsten Gefechte zeigen. Die Sicherheit vieler Geflüchteter könnte bei einer Rückkehr keinesfalls gewährleistet werden. Gleichzeitig stellt die Überprüfung von Schutzbescheiden eine enorme Herausforderung für das Bamf dar, das ohnehin an seinen Kapazitätsgrenzen arbeitet.

Prognose:
Die politischen Debatten um Abschiebungen und Schutzüberprüfungen werden anhalten, doch kurzfristige Änderungen sind unwahrscheinlich. Faesers Pläne könnten zu Verzögerungen führen, während die Union mit ihren Forderungen politisch Druck macht. Eine klare Strategie wird notwendig sein, um humanitäre Verpflichtungen und innenpolitische Ansprüche zu vereinen.


Biographien und Erklärungen:

Wer ist Nancy Faeser?
Nancy Faeser ist seit Dezember 2021 Bundesinnenministerin und gehört der SPD an. Sie setzt sich für eine humane, aber klare Migrationspolitik ein und steht dabei häufig im Spannungsfeld zwischen Koalitionspartnern und der Opposition.

Was ist das Bamf?
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) ist die zentrale Behörde für Asylverfahren und Integration in Deutschland. Es überprüft Schutzbescheide und entscheidet über Aufenthaltsrechte für Geflüchtete.

Was ist die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte?
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte ist eine in London ansässige Organisation, die Informationen über den Konflikt in Syrien sammelt. Ihre Berichte basieren auf einem Netzwerk von Aktivisten vor Ort, sind jedoch nicht unumstritten.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP

Tipps: