In einem historischen Schritt hat Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen dem FPÖ-Chef Herbert Kickl den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Damit könnte die rechtspopulistische Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) erstmals den Kanzler stellen. Vor der Wiener Hofburg protestierten hunderte Menschen lautstark gegen diese Entscheidung.
„Herr Kickl traut sich zu, im Rahmen von Regierungsverhandlungen tragfähige Lösungen zu finden“, sagte Van der Bellen am Montag nach einem Treffen mit Kickl. Der Präsident betonte jedoch, dass er „weiterhin auf die Einhaltung der Prinzipien und Regeln der Verfassung achten“ werde.
Die FPÖ war bei der Wahl im September mit 28,85 Prozent der Stimmen als stärkste Kraft hervorgegangen, gefolgt von der konservativen ÖVP (26,3 Prozent) und der SPÖ (21,1 Prozent). Nach dem Scheitern von Koalitionsgesprächen zwischen ÖVP, SPÖ und den Neos am Wochenende kündigte ÖVP-Chef und Bundeskanzler Karl Nehammer seinen Rücktritt an. Sein Nachfolger Christian Stocker zeigte sich offen für Gespräche mit der FPÖ.
Eine mögliche Koalition aus FPÖ und ÖVP würde auf eine Parlamentsmehrheit kommen und hätte nach Ansicht vieler Beobachter gute Chancen, sich zu etablieren. Experten bezeichneten ein solches Bündnis als „sehr wahrscheinlich“.
Die Entscheidung, Herbert Kickl mit der Regierungsbildung zu beauftragen, sorgte für Proteste vor der Hofburg. Demonstranten skandierten „Nazis raus“ und forderten ein Ende der rechtspopulistischen Politik. Die Kundgebung löste sich auf, nachdem Kickl das Gebäude verlassen hatte.
Van der Bellen verteidigte seinen Schritt: „Der Respekt vor dem Wählervotum gebietet es, die Mehrheit im Nationalrat zu achten.“ Gleichzeitig betonte er die Notwendigkeit einer „robusten“ Regierung, die mehr als 50 Prozent der Sitze im Parlament hinter sich vereinen müsse.
Sollte Kickl eine Regierung bilden, wäre er der erste FPÖ-Kanzler in der Geschichte Österreichs. Zwar war die FPÖ in der Vergangenheit bereits Teil von Koalitionen – zuletzt unter ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz (2017–2019) – doch die Führung der Regierung durch einen FPÖ-Politiker wäre ein Novum.
Die politische Zukunft Österreichs hängt nun von
den Verhandlungen Kickls ab. Ein Bündnis mit der ÖVP scheint derzeit die
wahrscheinlichste Option. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die
FPÖ tatsächlich den Kanzler stellt und wie eine mögliche Koalition die
politische Landschaft Österreichs verändern könnte. afp / ozd
OZD-Kommentar:
Ein FPÖ-Kanzler? Österreich am Scheideweg
Die Entscheidung, Herbert Kickl mit der Regierungsbildung zu beauftragen, ist ein Wendepunkt in der Geschichte Österreichs. Sie zeigt, wie tiefgreifend sich das politische Klima verändert hat. Eine FPÖ-geführte Regierung könnte die gesellschaftlichen Spannungen weiter verschärfen, während die internationale Reputation des Landes auf dem Spiel steht.
Der Respekt vor demokratischen Prozessen ist wichtig, doch darf er nicht blind gegenüber den potenziellen Gefahren sein, die eine rechtspopulistische Führung mit sich bringt. Die kommenden Wochen werden entscheidend sein – nicht nur für Österreich, sondern auch für die politische Landschaft Europas.
Prognose:
Eine
FPÖ-ÖVP-Koalition ist wahrscheinlich und könnte Österreich in eine Phase
intensiver gesellschaftlicher Debatten führen. Ob Herbert Kickl als
Kanzler die politische Stabilität gewährleisten kann? Der internationale Druck dürfte steigen.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Herbert Kickl?
Herbert
Kickl ist der Vorsitzende der FPÖ und eine der umstrittensten Figuren
der österreichischen Politik. Der ehemalige Innenminister ist bekannt
für seine ultrarechten Positionen und polarisiert stark.
Was ist die FPÖ?
Die
Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) ist eine rechtspopulistische
Partei, die seit Jahrzehnten die österreichische Politik prägt. Sie
wurde 1955 gegründet und verfolgt eine nationalistische und EU-kritische
Agenda.
Was bedeutet die Regierungsbildung in Österreich?
In
Österreich wird nach Parlamentswahlen der Parteichef der stärksten
Fraktion oder ein anderer geeigneter Kandidat vom Bundespräsidenten mit
der Regierungsbildung beauftragt. Dieser muss eine Koalition bilden, die
eine Mehrheit im Parlament erreicht.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP
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