Zum zehnten Jahrestag des islamistischen Terroranschlags auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“ hat die französische Satirezeitschrift eine Sonderausgabe veröffentlicht, die das Thema Humor, Widerstand und Meinungsfreiheit in den Vordergrund stellt. Mit der provokanten Schlagzeile „Nicht tot zu kriegen“ und einer Titelseite, die einen Leser zeigt, der auf einem Sturmgewehr sitzt und grinst, unterstreicht das Magazin seinen Überlebenswillen und seine Haltung, trotz allem weiterhin die Lust am Lachen zu bewahren
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„Die Lust zum Lachen wird nie verschwinden“, sagte der Chefredakteur Riss im Leitartikel der Sonderausgabe. Die Zeitschrift zeigt auf vier Seiten Karikaturen, die sich mit Gott und der Rolle der Religionen auseinandersetzen, die im Rahmen eines internationalen Wettbewerbs Ende 2024 ausgewählt wurden. Eine der Karikaturen zeigt einen Mann, der sich fragt: „Wie soll man etwas karikieren, das es nicht gibt?“
Am 7. Januar 2015 waren zwei islamistische Terroristen in die Pariser Redaktion von „Charlie Hebdo“ eingedrungen und hatten zwölf Menschen erschossen, darunter mehrere der bekanntesten Karikaturisten des Landes wie Charb, Cabu, Tignous und Wolinski. Die Täter, die Brüder Chérif und Saïd Kouachi, hatten sich dem Terrornetzwerk Al-Kaida angeschlossen. Nach einer landesweiten Jagd wurden sie etwa 45 Kilometer nördlich von Paris von der Polizei erschossen.
Riss erklärte in seiner Rede, dass Satire, Ironie und Karikaturen Zeichen des Optimismus seien und dass diese Werte – Humor, Meinungsfreiheit, aber auch die Trennung von Kirche und Staat – derzeit mehr denn je gefährdet seien. Dies habe sich besonders in den letzten Jahren gezeigt. Die Zeitschrift veröffentlichte auch die Ergebnisse einer Umfrage, wonach 76 Prozent der Befragten Karikaturen als Ausdruck der Meinungsfreiheit betrachten und 62 Prozent es für rechtens halten, religiöse Symbole oder Glaubensrichtungen auf kritische Weise darzustellen.
Im Rahmen des Gedenkens an die Opfer des Anschlags wird Präsident Emmanuel Macron am Montag zusammen mit der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo der Opfer gedenken und bekräftigte, dass Frankreich im Kampf gegen den Terrorismus nicht nachlassen werde. Der Anschlag von „Charlie Hebdo“ war nur der Beginn einer Reihe islamistischer Terrorakte in Frankreich, die in den Tagen danach zu weiteren Morden führten, darunter der Angriff auf einen jüdischen Supermarkt in Paris. Diese Anschläge lösten eine weltweite Solidaritätswelle aus, die ihren Höhepunkt in einem Gedenkmarsch am 11. Januar fand, bei dem fast vier Millionen Menschen in Frankreich und zahlreiche Staats- und Regierungschefs weltweit den Opfern ihre Ehre erwiesen.
„Charlie Hebdo“ ist nach dem Anschlag zu einem weltweiten Symbol für Meinungsfreiheit und gegen den Terrorismus geworden. Die Zeitschrift, die ursprünglich 1970 aus der anarchistischen Zeitschrift „Hara-Kiri“ hervorging, verkaufte nach dem Anschlag im Januar 2015 eine Rekordauflage von acht Millionen Exemplaren. Obwohl die Auflage heute mit 30.000 Abonnenten und 20.000 verkauften Ausgaben deutlich gesunken ist, bleibt das Satireblatt ein fester Bestandteil der französischen Medienlandschaft und ein wichtiges Symbol für die Unverletzbarkeit der Meinungsfreiheit.
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OZD-Kommentar
„Charlie Hebdo“ zehn Jahre nach dem Anschlag: Ein weiteres Kapitel des Widerstands
Die Sonderausgabe von „Charlie Hebdo“ zum zehnten Jahrestag des Anschlags ist nicht nur ein symbolischer Akt, sondern auch ein kraftvolles Statement gegen den Extremismus und für die Meinungsfreiheit. Trotz des unermesslichen Schocks, den der Angriff von 2015 verursacht hat, hat die Zeitschrift nie ihren humorvollen Widerstand gegen die Zensur und gegen religiösen Extremismus aufgegeben. Ihre Fähigkeit, den Humor als Werkzeug des Widerstands zu nutzen, ist ein leuchtendes Beispiel für die Werte, die die französische Republik und viele Demokratien weltweit verteidigen – nämlich Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.
Der traurige Höhepunkt der islamistischen Terrorwelle in Frankreich wurde 2015 erreicht, doch „Charlie Hebdo“ bleibt eine der wenigen Stimmen, die sich unerschrocken gegen jede Art von Extremismus stellt. Dennoch bleibt die Frage, wie lange diese Form des Widerstands noch von der Gesellschaft unterstützt wird. Die zunehmenden Bedrohungen gegen Meinungsfreiheit und künstlerische Ausdruckskraft in verschiedenen Teilen der Welt werfen Schatten auf diese Werte. In den kommenden Jahren wird sich zeigen, ob der Überlebenswille von „Charlie Hebdo“ und seine Botschaft weiterhin breite Unterstützung finden oder ob der kulturelle und politische Druck auf solche Freiräume zunehmen wird.
Biographien und Erklärungen
Wer ist Riss?
Riss, mit bürgerlichem Namen Laurent Sourisseau, ist der Chefredakteur von „Charlie Hebdo“. Er überlebte den Anschlag im Jahr 2015 und wurde nach dem Tod des damaligen Chefredakteurs Charb zum Chef des Satireblatts. Riss ist ein erfahrener Karikaturist, der sowohl für seine politischen Karikaturen als auch für seine unerschütterliche Haltung gegenüber Zensur bekannt ist.
Was ist „Charlie Hebdo“?
„Charlie Hebdo“ ist eine französische satirische Wochenzeitschrift, die 1970 gegründet wurde. Sie ist bekannt für ihre provokanten Karikaturen, die religiöse, politische und soziale Themen aufgreifen. Die Zeitschrift hat sich stets für Meinungsfreiheit, Anti-Klerikalismus und die Trennung von Kirche und Staat eingesetzt. Der Anschlag von 2015, bei dem mehrere Mitarbeiter ermordet wurden, machte „Charlie Hebdo“ weltweit zu einem Symbol für den Widerstand gegen Extremismus und für die Verteidigung der freien Meinungsäußerung.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP