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Rekordkrankenstand in Deutschland

Eine neue DAK-Studie räumt mit der Annahme auf, dass der hohe Krankenstand in Deutschland durch "Blaumachen" verursacht wird. Eine spannende Analyse der aktuellen Lage.

Die DAK-Studie zur Krankheitsmeldung in Deutschland sorgt für Aufsehen: Ein häufiges Argument, das der steigende Krankenstand auf „Blaumachen“ zurückführt, wird durch die Auswertung der DAK widerlegt. Der Anstieg der Fehltage ist laut der Studie vielmehr durch ein neues elektronisches Meldeverfahren sowie vermehrte Erkältungswellen zu erklären. Die Studie, die am Dienstag in Hamburg veröffentlicht wurde, beruht auf den Daten von 2,4 Millionen erwerbstätigen Versicherten der DAK und umfasst den Zeitraum von 2019 bis 2023. Zudem wurden mehr als 7.000 Erwerbstätige durch Forsa befragt.


Die Untersuchung zeigt, dass die durchschnittliche Anzahl der Fehltage pro Arbeitnehmer von etwa 15 Tagen in den Vorjahren auf rund 20 Tage im Jahr 2022 und 2023 angestiegen ist. Der sprunghafte Anstieg um fast 40 Prozent von 2021 auf 2022 sei in erster Linie durch die Einführung eines elektronischen Meldeverfahrens zu erklären. Seitdem gehen Arztatteste automatisch an die Krankenkassen, was zu einem signifikanten Anstieg der Fehltage geführt hat – teilweise mit einem Meldeeffekt von bis zu 60 Prozent je nach Diagnose.

Ein Drittel der zusätzlichen Fehltage ist auf verstärkte Erkältungswellen und Coronainfektionen zurückzuführen. Diese saisonalen Schwankungen spiegeln sich vor allem bei leichten Erkältungskrankheiten wider, die in den kalten Monaten häufiger auftreten. Die DAK-Studie räumt zudem mit der Behauptung auf, dass telefonische Krankschreibungen missbraucht werden: Tatsächlich nehmen mehr als 36 Prozent der Befragten die Möglichkeit einer telefonischen Krankschreibung in Anspruch. Doch die Mehrheit von ihnen gibt an, dass sie dies aus Rücksicht auf ihre Mitmenschen tut, um zu verhindern, dass andere sich in Wartezimmern anstecken.

DAK-Vorstand Andreas Storm fordert eine offene Debatte über die Ursachen des Krankenstands und betont, dass „Blaumachen“ nicht im Ausmaß existiere, wie es häufig behauptet werde. Vielmehr zeige die Studie, dass die große Mehrheit der Arbeitnehmer verantwortungsbewusst mit der telefonischen Krankschreibung umgeht.

Diese Erkenntnisse stehen im Widerspruch zu den jüngsten Aussagen von Oliver Bäte, dem Chef des Versicherungskonzerns Allianz, der den „Karenztag“ für den ersten Krankheitstag vorgeschlagen hatte, um Arbeitnehmer zu einem verantwortlicheren Verhalten zu bewegen. Bäte kritisierte den hohen Krankenstand in Deutschland, der mit durchschnittlich 20 Krankheitstagen pro Jahr deutlich über dem EU-Durchschnitt von acht Tagen liegt.

OZD/AFP



OZD-Kommentar:

Die wahren Ursachen des Krankenstands – Ein Blick hinter die Zahlen

Die DAK-Studie zeigt, dass die Ursachen des Rekordkrankenstands in Deutschland viel komplexer sind als oft angenommen. Die weit verbreitete Annahme, dass Arbeitnehmer für die vielen Fehltage verantwortlich sind, indem sie „blau machen“, wird durch die Daten deutlich widerlegt. Stattdessen zeigt sich, dass strukturelle Veränderungen wie die Einführung eines neuen elektronischen Meldeverfahrens sowie saisonale Krankheitswellen den Anstieg beeinflussen.

Es ist jedoch auch wichtig zu bedenken, dass der steigende Krankenstand nicht nur ein arbeitsmarktpolitisches, sondern auch ein gesellschaftliches Thema ist. Wie geht eine Gesellschaft mit der wachsenden Belastung durch Erkältungskrankheiten und die psychischen Auswirkungen von Pandemien um? Sollte das Gesundheitssystem in Zeiten häufiger Krankheitswellen nicht flexiblere Regelungen und Präventionsmaßnahmen einführen?

In den nächsten Wochen könnten wir möglicherweise noch intensivere Diskussionen über „Blaumachen“ und mögliche Maßnahmen wie den Karenztag erleben. Doch die DAK-Studie macht klar: Ein echter Diskurs über die Gesundheit und Arbeitsbedingungen ist notwendig, um nachhaltige Lösungen zu finden.



Biographien und Erklärungen:

Wer ist Andreas Storm?

Andreas Storm ist Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit, einer der größten Krankenkassen in Deutschland. Storm setzte sich in seiner Karriere besonders für eine moderne und transparente Gesundheitsversorgung ein und vertritt die DAK oft in politischen und wirtschaftlichen Diskussionen rund um das deutsche Gesundheitssystem.

Was ist die DAK-Gesundheit?

Die DAK-Gesundheit ist eine der ältesten und größten gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland. Sie bietet eine Vielzahl von Gesundheitsleistungen für ihre Mitglieder an und setzt sich für eine gerechte und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung ein. Die DAK engagiert sich auch in der Gesundheitsprävention und der Forschung zu medizinischen Themen.

Was steckt hinter dem Begriff "Blau machen"?

Der Begriff "blau machen" hat tatsächlich auch eine historische Verbindung zum Färben von Stoffen, insbesondere im Kontext der indischen Textiltradition. Hier bezieht sich der Ausdruck auf das Färben von Textilien mit natürlichem Indigofarbstoff, der aus der Pflanze Indigofera tinctoria gewonnen wird. Der Prozess des "Blau Färbens" wurde in vielen Teilen der Welt, einschließlich Indien, über Jahrhunderte hinweg praktiziert und hatte eine wichtige wirtschaftliche Bedeutung.

Zusammenhang zum Färben von Stoffen: In Indien und anderen Regionen Asiens war das Färben von Stoffen mit Indigofarben eine alte Kunst. Der Indigofarbstoff verleiht den Textilien einen tiefen, kräftigen Blauton, der als besonders wertvoll galt. Die Arbeiter, die dieses Färbehandwerk beherrschten, waren oft in speziellen Werkstätten tätig, in denen sie Stoffe in großen Wannen mit Indigofarbe tauchten. Das Färben selbst war ein langwieriger Prozess, der Geduld und Fachwissen erforderte.

Verbindung zum Begriff "blau machen": Der Begriff „blau machen“ im Kontext des Färbens könnte seinen Ursprung in dieser Praxis haben. In der Vergangenheit war es durchaus üblich, dass Arbeiter oder Handwerker, die mit dem Färben von Stoffen beschäftigt waren, während des Arbeitsprozesses oder auch in den Ruhezeiten absichtlich nicht zur Arbeit gingen oder eine Pause machten, um in der Färberei die Zeit mit dem Färben der Stoffe zu verbringen. Es könnte sein, dass der Ausdruck „blau machen“ ursprünglich mit dieser Tätigkeit in Verbindung stand, bei der der Färbeprozess eine ruhige oder entspannte Phase mit sich brachte.

Erklärung des Begriffs in diesem Kontext: Der Ausdruck „blau machen“ könnte sich somit von der direkten Arbeit mit der blauen Farbe oder dem Farbstoff ableiten. In der indischen und auch europäischen Tradition, als Indigo aus Indien ein wertvoller Exportartikel war, war das Färben von Stoffen zu einem symbolischen Akt geworden. „Blau machen“ könnte auch auf das Farbenspiel und den intensiven, nahezu magischen Prozess des Färbens hinweisen.

Obwohl der Begriff im modernen Sprachgebrauch meist auf das Absentieren von der Arbeit ohne triftigen Grund verweist, könnte die historische Verbindung zum Färben von Stoffen in einigen kulturellen und sprachlichen Kontexten immer noch eine Rolle spielen.


Foto: AFP

Alle Angaben ohne Gewähr.


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