Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sieht sich wachsendem Druck ausgesetzt, die Sperren für die Ein- und Ausreisen an den deutschen Grenzen rasch aufzuheben. Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) forderte am Freitag ein Ende der Kontrollen an der französischen Grenze schon ab Montag. Er verwies auf Erfolge bei der Corona-Eindämmung. Unions-Fraktionsvize Andreas Jung (CDU) nannte eine Fortsetzung der Beschränkungen rechtswidrig. Auch Luxemburg und Österreich machten Druck auf die Bundesregierung.
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sagte in Wien, eine Einigung über die von ihm gewünschte Grenzöffnung werde es geben, "sobald Deutschland dazu bereit ist". Er sei "optimistisch, dass wir mit Deutschland in den nächsten Wochen eine Lösung finden".
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn forderte Seehofer zu einer baldigen Grenzöffnung auf. Die Beschränkungen an der Grenze müssten "schnell weg", sagte er im SWR. Das Virus "kennt keine Grenzen" und müsse "anders bekämpft werden".
Saarlands Ministerpräsident Hans verwies auf die sinkenden Infektionszahlen im Nachbarland Frankreich. Für eine Grenzregion wie das Saarland brauche es nun ein "Signal" der Bundesregierung, sagte der CDU-Politiker. "Ich bin der festen Überzeugung, dass ab Montag die strengen Grenzkontrollen in dieser Form nicht mehr notwendig sind."
Am Montag hatte Seehofer die Verlängerung der Grenzkontrollen zu Österreich, Schweiz, Frankreich, Luxemburg und Dänemark bis zum 15. Mai angeordnet. Am Donnerstag wies er Forderungen nach einer selektiven Grenzöffnung zurück.
Der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Daniel Caspary, rief EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum Einsatz gegen die Grenzkontrollen auf. Angesichts der abflauenden Pandemie im Elsass seien Grenzkontrollen an der französischen Grenze "nicht mehr gerechtfertigt", schrieb es in einem Brief an von der Leyen, der AFP vorliegt. Die im März verhängten Grenzkontrollen "gefährden nicht nur den täglichen Grenzverkehr, sondern sie bedrohen das Ideal der europäischen Einheit".
Unions-Fraktionsvize Jung, der einen Wahlkreis an der Grenze zur Schweiz vertritt, warnte vor einer Verlängerung der Grenzbeschränkungen über den 15. Mai hinaus. Er verwies auf ein Gutachten des renommierten Konstanzer Europarecht-Professors Daniel Thym, demzufolge eine Fortsetzung der Grenzschließungen "als rechtswidrig einzustufen" wäre.
Mit diesen juristischen Befunden sei klar, dass andauernde Grenzbeschränkungen über den 15. Mai hinaus angesichts der "massiven Auswirkungen nicht nur in der Sache inakzeptabel, sondern auch ein Verstoß gegen europäisches Recht" wären, sagte Jung zu AFP. "Schon jetzt müssen unverzüglich die Schlagbäume abgeräumt und alle Grenzübergänge wieder geöffnet werden".
Thyms Argumentation zielt darauf ab, dass die nun erfolgte Lockerung der "internen Restriktionen" im Kampf gegen das Coronavirus europarechtlich mit einer Lockerung "externer Einschränkungen" - wie etwa Grenzbeschränkungen - einhergehen müsse. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Pandemielage in den Nachbarstaaten jener in Deutschland entspreche.
Jung zählt zu den Mitautoren einer Stellungnahme von zwölf CDU-Bundestags- und Europaabgeordneten, die in einem auf den 5. Mai datierten Schreiben an Seehofer die Öffnung der Grenzen zumindest nach Österreich und zur Schweiz hin gefordert hatten.
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Peter WÜTHERICH / © Agence France-Presse