Die AfD schlägt ein neues Kapitel auf: Zum ersten Mal in ihrer Geschichte nominiert die Partei mit Alice Weidel eine Kanzlerkandidatin. Der Parteitag in Riesa, der am Samstagmorgen begann, steht jedoch nicht nur wegen dieser Entscheidung im Zentrum der Aufmerksamkeit. Massive Proteste von bis zu 10.000 Menschen, ein scharfes Wahlprogramm und die steigende Popularität der AfD machen das Treffen zu einem Brennpunkt der politischen Debatte.
Alice Weidel, die seit 2017 gemeinsam mit Tino Chrupalla die AfD-Fraktion im Bundestag führt, soll die Partei erstmals in den Kampf um das Kanzleramt führen. Ihre Nominierung gilt als sicher, nachdem sie parteiintern keinen ernstzunehmenden Herausforderer hat. Weidel sieht in der Kandidatur einen logischen Schritt. "Mit unseren Umfragewerten von über 20 Prozent haben wir einen Regierungsanspruch", sagte sie zuletzt. Die etablierten Parteien haben eine Zusammenarbeit jedoch ausgeschlossen.
Neben der Nominierung Weidels wollen die rund 600 Delegierten auch das Wahlprogramm für die Bundestagswahl am 23. Februar verabschieden. Zu den zentralen Punkten zählen der Ausstieg aus dem Euro, schärfere Maßnahmen in der Migrationspolitik und eine stärkere Betonung nationaler Souveränität. Kritiker werfen der AfD vor, mit populistischen und nationalistischen Themen zu polarisieren.
Die Wahlkampfstrategie der Partei stößt auf massive Kritik. In Riesa sind tausende Demonstranten vor Ort, die lautstark gegen die AfD protestieren. "Wir wollen zeigen, dass die AfD in Sachsen und in Deutschland keinen Platz hat", sagte ein Sprecher des Bündnisses "Riesa bleibt bunt". Die Polizei ist mit einem Großaufgebot vor Ort und rechnet mit einer angespannten Lage.
Mit
aktuellen Umfragewerten zwischen 18 und 21 Prozent ist die AfD
bundesweit zweitstärkste Kraft. Ihre Hochburgen hat die Partei im Osten
Deutschlands, wo sie bei Landtagswahlen teils stärkste Kraft wurde.
Weidel betonte mehrfach den "klaren Regierungsanspruch" der AfD, auch
wenn politische Beobachter die Chancen auf eine Koalition als nahezu
ausgeschlossen sehen. ozd/afp
OZD-Kommentar
Eine Kanzlerkandidatin für eine Partei mit Abgrenzungssyndrom
Die Entscheidung der AfD, Alice Weidel als Kanzlerkandidatin ins Rennen zu schicken, ist strategisch logisch, aber politisch brisant. Sie steht für das Gesicht der Partei, die immer noch mit ihrem rechtsextremen Flügel und einer tiefen Spaltung zwischen Ost und West ringt.
Die AfD hofft auf einen Durchbruch bei der Bundestagswahl, doch selbst bei einer starken Performance bleibt die Frage: Mit wem will sie regieren? Der Weg zur Macht scheint ohne Koalitionspartner blockiert. Dass Weidel dennoch den Regierungsanspruch betont, zeigt, wie die Partei weiter auf Polarisierung setzt, anstatt Brücken zu bauen.
Prognose: Der Parteitag wird die AfD weiter ins Rampenlicht rücken, doch die damit verbundene Aufmerksamkeit könnte auch kontraproduktiv sein. Eine starke Polarisierung könnte ihre Zustimmung im Westen mindern, während sie im Osten weitere Prozente gewinnt.
Biographien und Erklärungen
Wer ist Alice Weidel?
Alice
Weidel, geboren 1979 in Gütersloh, ist Ökonomin und seit 2017
Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag. Sie vertritt den
wirtschaftsliberalen Flügel der Partei, ist jedoch auch für ihre
scharfen Positionen in der Migrations- und Europapolitik bekannt. Vor
ihrem Eintritt in die Politik arbeitete sie für verschiedene
internationale Unternehmen und lebte zeitweise in China.
Was ist die AfD?
Die
Alternative für Deutschland (AfD) wurde 2013 gegründet und hat sich
seitdem zu einer rechtspopulistischen Partei entwickelt. Sie ist
besonders in Ostdeutschland stark und wird vom Verfassungsschutz in
Teilen als rechtsextremistisch eingestuft. Die AfD vertritt eine
EU-kritische Haltung, lehnt die Energiewende ab und fordert strikte
Maßnahmen in der Migrationspolitik.
Was ist "Riesa bleibt bunt"?
"Riesa
bleibt bunt" ist ein Bündnis aus zivilgesellschaftlichen
Organisationen, das sich gegen Rechtsextremismus und
Fremdenfeindlichkeit engagiert. Es wurde gegründet, um Veranstaltungen
der AfD und anderer rechtsextremer Gruppen in Riesa zu kritisieren und
für Vielfalt und Toleranz zu werben.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
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