Am Sonntagmorgen begann in Bonn der Bundesparteitag des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW). Im Fokus steht die Verabschiedung des Wahlprogramms für die bevorstehende Bundestagswahl. Mit dem Leitspruch „Unser Land verdient mehr“ will die erst vor einem Jahr gegründete Partei die politische Landschaft umkrempeln. Generalsekretär Christian Leye zeigte sich kämpferisch: „Zeigen wir denen, mit wem sie sich anlegen!“
Die 700 anwesenden Mitglieder sollen ein Programm verabschieden, das unter anderem eine Rückkehr zum Bezug von russischem Gas, einen Waffenstillstand in der Ukraine und eine Corona-Untersuchung im Bundestag fordert. Sozialpolitisch setzt das BSW auf eine Mindestrente, einen Mindestlohn von 15 Euro und einen bundesweiten Mietendeckel.
Christian Leye nutzte den Parteitag, um die zerbrochene Ampel-Regierung unter Olaf Scholz (SPD) scharf zu kritisieren. „Die Ampel hat nicht nur sich selbst, sondern auch das Land zerlegt“, erklärte er. Politik sei vor allem für die „Reichen und Mächtigen“ gemacht worden.
Geplant sind am Sonntag Reden der Parteichefinnen Sahra Wagenknecht und Amira Mohamed Ali sowie eine Abschlussrede von Oskar Lafontaine. Die Parteispitze hofft, damit das Wahlkampfprofil zu schärfen und trotz schwacher Umfragen an Fahrt aufzunehmen.
Das BSW hat seit seiner Gründung bemerkenswerte Erfolge erzielt: Der Einzug in das Europaparlament, drei Landtage und sogar zwei Landesregierungen verdeutlicht das politische Potenzial der Partei. Doch interne Streitigkeiten belasten den Wahlkampf. Zwei Hamburger Mitglieder, Dejan Lazic und Norbert Weber, wurden jüngst aus der Partei ausgeschlossen, nachdem sie dem Vorstand Machtkonzentration und fehlende Transparenz vorgeworfen hatten. Beide durften auch am Parteitag in Bonn nicht teilnehmen.
In aktuellen Umfragen liegt das BSW bei vier bis sechs Prozent. Damit droht die Partei, an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern. Der Parteitag in Bonn ist daher entscheidend, um Geschlossenheit zu demonstrieren und das Vertrauen der Wählerschaft zu gewinnen. ozd/afp
OZD-Kommentar:
Zwischen Hoffnung und Zerreißprobe
Das
BSW präsentiert sich auf seinem Parteitag als Alternative zu den
etablierten Parteien – doch der Weg in den Bundestag ist steinig. Die
Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit und einem politischen Neuanfang
könnten auf Zustimmung stoßen, insbesondere bei Unzufriedenen. Doch
interne Machtkämpfe werfen einen Schatten auf den Wahlkampf.
Der Ausschluss von Kritikern mag kurzfristig Ruhe bringen, langfristig aber könnte er dem Image der Partei schaden. Die Basis wünscht sich mehr Transparenz und Mitsprache, doch die Parteiführung scheint auf zentralisierte Kontrolle zu setzen.
In den kommenden Wochen wird es darauf ankommen, ob das BSW seine internen Streitigkeiten hinter sich lassen und den Fokus auf eine klare, überzeugende Botschaft legen kann. Der Wahlkampf wird entscheiden, ob die Partei mehr ist als eine kurzlebige Protestbewegung.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Sahra Wagenknecht?
Sahra
Wagenknecht ist eine deutsche Politikerin, Publizistin und Gründerin
des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW). Sie war langjährige
Bundestagsabgeordnete und Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, bevor
sie diese 2023 verließ. Wagenknecht ist bekannt für ihre kritische
Haltung zur Globalisierung und ihre Forderungen nach mehr sozialer
Gerechtigkeit. Sie polarisiert mit ihrer politischen Agenda, die sowohl
linke als auch konservative Elemente vereint.
Wer ist Amira Mohamed Ali?
Amira
Mohamed Ali ist Ko-Vorsitzende des BSW und ehemalige
Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag. Die Juristin wurde
1980 in Hamburg geboren und ist seit 2017 Mitglied des Bundestages. Sie
gilt als enge Vertraute von Sahra Wagenknecht und treibt insbesondere
die sozialpolitische Agenda der Partei voran.
Was ist das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW)?
Das
BSW ist eine 2023 gegründete politische Partei, die von Sahra
Wagenknecht initiiert wurde. Die Partei setzt sich für soziale
Gerechtigkeit, nationale Souveränität und eine Deeskalation in
internationalen Konflikten ein. Innerhalb eines Jahres gelang es dem
BSW, politische Erfolge in mehreren Parlamenten zu erzielen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP