Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Das seit Ende Juni 2024 erforderliche Bekenntnis zur historischen Verantwortung Deutschlands für die NS-Zeit bleibt für Einbürgerungswillige verpflichtend. Ein Mann, der die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen wollte, scheiterte mit seinem Eilantrag gegen diese Regelung in Karlsruhe (Az. 2 BvR 1524/24).
Historisches Bekenntnis als Voraussetzung
Neben
dem Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung müssen sich
Einbürgerungswillige seit der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts auch
zu Deutschlands Verantwortung für die nationalsozialistische
Unrechtsherrschaft und deren Folgen bekennen. Dazu zählen insbesondere
der Schutz jüdischen Lebens, das friedliche Zusammenleben der Völker und
das Verbot von Angriffskriegen.
Der Beschwerdeführer argumentierte, dass diese Anforderung seine Grundrechte verletze und reichte eine Verfassungsbeschwerde ein. Da der Termin für die Übergabe seiner Einbürgerungsurkunde bereits Mitte Januar festgesetzt war, beantragte er zusätzlich eine einstweilige Anordnung, um die Regelung vorläufig außer Kraft zu setzen.
Karlsruhe weist Eilantrag zurück
Das
Verfassungsgericht wog die Folgen einer vorläufigen Außerkraftsetzung
der Regelung gegeneinander ab und entschied zugunsten der neuen
Einbürgerungsanforderung. Es seien keine schwerwiegenden Gründe
erkennbar, die einen so drastischen Schritt rechtfertigten.
Dem Beschwerdeführer drohten keine unzumutbaren Nachteile, wenn er die endgültige Entscheidung über seine Verfassungsbeschwerde abwarte, erklärte das Gericht. Hingegen könnte eine vorläufige Außerkraftsetzung zu erheblichen Verzögerungen in anderen Einbürgerungsverfahren führen und den Zielen der Reform widersprechen.
Ein Zeichen der Verantwortung
Das
neue Bekenntnis soll laut Gesetzgeber die Einbürgerung stärker mit der
Anerkennung der historischen und moralischen Verantwortung Deutschlands
verbinden. Ziel ist es, die Staatsbürgerschaft nicht nur als rechtlichen
Status, sondern auch als Ausdruck gemeinsamer Werte zu verstehen.
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Kommentar: Ein starkes Signal oder unnötige Hürde?
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bestätigt die neue Einbürgerungsvoraussetzung und sendet ein klares Signal: Die Anerkennung der NS-Verantwortung ist ein zentraler Bestandteil deutscher Identität. Kritiker mögen dies als zusätzliche Hürde sehen, doch es geht hier um mehr als Symbolik.
Das Bekenntnis stellt sicher, dass neue Bürgerinnen und Bürger die Grundwerte des Landes nicht nur respektieren, sondern aktiv anerkennen. Dies ist gerade in einer Zeit, in der Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus wieder zunehmen, von essenzieller Bedeutung.
Prognose:
Die
Diskussion über die Einbürgerungsvoraussetzungen dürfte andauern. In den
kommenden Monaten wird die endgültige Entscheidung des
Verfassungsgerichts erwartet. Sollte die Regelung bestehen bleiben,
könnte dies andere Länder dazu inspirieren, ähnliche Maßnahmen
einzuführen.
Biographien und Erklärungen
Was ist das Bundesverfassungsgericht?
Das
Bundesverfassungsgericht ist das höchste Gericht Deutschlands für
verfassungsrechtliche Fragen. Es wacht über die Einhaltung des
Grundgesetzes und entscheidet unter anderem über Verfassungsbeschwerden
von Bürgern. Mit Sitz in Karlsruhe hat es eine Schlüsselrolle im
deutschen Rechtsstaat.
Was ist die historische Verantwortung Deutschlands?
Die
historische Verantwortung Deutschlands bezieht sich auf die Anerkennung
und Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus, insbesondere
des Holocausts. Sie ist ein zentraler Bestandteil der deutschen
Erinnerungskultur und prägt bis heute die Außen- und Innenpolitik des
Landes.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP