Die deutsche Wirtschaft bleibt im Krisenmodus: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im Jahr 2024 erneut um 0,2 Prozent geschrumpft, nachdem es 2023 bereits einen Rückgang um 0,3 Prozent gegeben hatte. Das Statistische Bundesamt sieht in hohen Energiekosten, steigenden Zinsen und wachsender internationaler Konkurrenz die Hauptursachen. Besonders betroffen sind Schlüsselbranchen wie die Industrie und das Baugewerbe, die um 3,0 bzw. 3,8 Prozent nachgaben.
In den energieintensiven Industriezweigen war der Abschwung weniger drastisch, da die Energiepreise 2023 auf Rekordniveau lagen. Dennoch bleibt die Lage angespannt. Im Baugewerbe hingegen drücken hohe Zinsen und Baukosten die Neubautätigkeit, insbesondere bei Wohnungen. Einziger Lichtblick ist der Tiefbau, der leicht zulegen konnte.
Dienstleistungssektor mit gemischtem Bild
Während
die Industrie schwächelt, zeigte der Dienstleistungssektor eine
positive Entwicklung, getrieben von Zuwächsen im Gesundheitswesen und im
Bereich Information und Kommunikation, der um 2,5 Prozent wuchs.
Einzelhandel und Verkehrsdienstleister verzeichneten moderate
Steigerungen, doch Gastronomie und Autohandel kämpften weiter mit
rückläufigen Zahlen.
Konsumausgaben und Investitionen unter Druck
Die
privaten Konsumausgaben stiegen lediglich um 0,3 Prozent, trotz
Lohnerhöhungen und sinkender Inflation. Der Export brach um 0,8 Prozent
ein, was Experten auf protektionistische Maßnahmen der USA und Chinas
Förderung eigener Industrien zurückführen. "Gerade in Deutschlands
Schlüsselbranchen setzt Chinas Politik besonders schmerzvolle Akzente",
erklärte Sebastian Dullien vom IMK.
Kritik an der Regierungspolitik
Die
Sparpolitik der Bundesregierung nach dem Haushaltsurteil zur
Schuldenbremse verstärkte die Unsicherheit in der Wirtschaft. Hohe
Steuer- und Energiekosten, schleppende Infrastrukturmaßnahmen und ein
wachsender Fachkräftemangel belasten die Wettbewerbsfähigkeit des
Standorts Deutschland.
Arbeitsmarkt unter Druck
Der
Arbeitsmarkt zeigte sich stabil, doch der Beschäftigungsaufbau
konzentrierte sich auf staatlich geprägte Dienstleistungen. In Industrie
und Baugewerbe ging die Zahl der Erwerbstätigen zurück. "Ohne konkrete
Maßnahmen könnten noch größere Belastungen auf den Arbeitsmarkt
zukommen", warnte Ifo-Konjunkturexperte Timo Wollmershäuser.
OZD / ©AFP
Kritischer Kommentar: Die deutsche Wirtschaft am Scheideweg
Wachstum ohne Substanz
Deutschlands
Wirtschaft steht vor einer gefährlichen Stagnation. Zwei Jahre in Folge
sinkt die Wirtschaftsleistung, während globale Konkurrenten wie die USA
und China ihre Position ausbauen. Die Gründe liegen in hausgemachten
Problemen: hohe Energiekosten, bürokratische Hürden und fehlende
Investitionen in Schlüsselbereiche wie Infrastruktur und
Digitalisierung.
Die Gefahr eines langfristigen Abwärtstrends
Die
Sparpolitik der Bundesregierung und das zögerliche Handeln in der
Klimapolitik verschärfen die Lage. Ohne entschlossene Maßnahmen droht
eine Verfestigung der Rezession und ein dauerhafter Verlust der
Wettbewerbsfähigkeit. Der Dienstleistungssektor allein wird nicht
ausreichen, um die wirtschaftlichen Lücken zu schließen.
Prognose: Kein Wachstum in Sicht
Ohne
tiefgreifende Reformen könnte Deutschland das dritte Jahr in Folge eine
schrumpfende Wirtschaftsleistung erleben. Eine gezielte Förderpolitik
für Industrie und Baugewerbe sowie Investitionen in erneuerbare Energien
und Digitalisierung sind essenziell, um den Abwärtstrend zu stoppen.
Biographien und ErklärungenWer ist Ruth Brand?
Ruth Brand ist die Präsidentin des Statistischen Bundesamts und damit verantwortlich für die amtliche Statistik in Deutschland. Sie leitet die Institution seit 2023 und analysiert regelmäßig die wirtschaftliche Lage des Landes. Brand hat einen Hintergrund in Wirtschaftswissenschaften und ist eine führende Stimme in der deutschen Statistiklandschaft.
Was ist das Statistische Bundesamt?Das Statistische Bundesamt (Destatis) ist die zentrale Behörde für amtliche Statistik in Deutschland. Es liefert umfassende Daten zu Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt, die als Grundlage für politische und wirtschaftliche Entscheidungen dienen. Die Behörde hat ihren Sitz in Wiesbaden und veröffentlicht regelmäßig Berichte über die wirtschaftliche Entwicklung des Landes.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP