Der havarierte Öltanker „Eventin“, der am Freitagabend vor der Küste Rügens aufgrund eines Stromausfalls manövrierunfähig wurde, befindet sich derzeit in einem kritischen Zustand. Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums wird das Schiff momentan von unabhängigen Fachleuten auf seine Verkehrstüchtigkeit überprüft. Bis diese Prüfung abgeschlossen ist, bleibt das Schiff vor dem Hafen von Sassnitz auf Reede und darf nicht weiterfahren.
Laut Ministerium läuft die Hauptmaschine des Tankers, der rund 100.000 Tonnen Öl geladen hat, mittlerweile wieder. Das Schiff ist somit wieder aus eigener Kraft manövrierbar und mit Strom versorgt. Die ursprünglich eingesetzten Schlepper, die den Tanker auf Position halten sollten, wurden mittlerweile entlassen. Dennoch warten zwei weitere Schlepper in der Nähe, da das Schiff weiterhin auf eine Genehmigung zum Auslaufen hofft.
Das Bundesverkehrsministerium hat klargestellt, dass die Genehmigung erst erteilt wird, wenn die Untersuchung der Verkehrstüchtigkeit abgeschlossen ist. Diese Maßnahme wurde zwischen den deutschen Behörden und dem Flaggenstaat Panama, unter dessen Flagge die „Eventin“ fährt, abgestimmt. Ziel dieser Kooperation ist es, sicherzustellen, dass das Schiff die Ostsee aus eigener Kraft verlassen kann.
Das Schiff, das nach Angaben der Umweltschutzorganisation Greenpeace zur russischen „Schattenflotte“ gehört, weckt zusätzliche Besorgnis. Diese Flotte, bestehend aus 192 Schiffswracks, wird von Russland genutzt, um westliche Sanktionen zu umgehen und Öl unter fremder Flagge zu transportieren. Greenpeace berichtet, dass viele dieser Schiffe marode und unversichert sind.
Die „Eventin“ war ursprünglich nach dem Stromausfall von deutschen Behörden mit staatlichen Schleppern gesichert und auf eine sichere Reede vor dem Hafen von Sassnitz gebracht worden. Am Sonntag wurde die Lage als stabilisiert eingeschätzt, sodass die Verantwortung für das Schiff an kommerzielle Schlepper übergeben wurde. Derzeit prüfen Experten einer internationalen Klassifikationsgesellschaft den Zustand des Tankers. Klassifikationsgesellschaften haben eine ähnliche Funktion wie der TÜV und sind für die Zertifizierung der Seetüchtigkeit von Schiffen zuständig.
Der Bericht dieser Experten wird an die zuständigen Stellen weitergeleitet, und es wird geprüft, ob weitere Sicherheitskontrollen notwendig sind, bevor das Schiff seine Fahrt fortsetzen darf.
OZD / ©AFP
OZD-Kommentar:
Die Schattenflotte und ihre Risiken: Ein handfester Skandal?
Die „Eventin“ ist nicht nur ein Unfall, sondern auch ein Symptom für ein größeres Problem: die Nutzung der sogenannten „Schattenflotte“ durch Russland. Schiffe wie die „Eventin“ gehören nicht nur zur maroden, sondern auch gefährlichen Flotte von Tankern, die darauf abzielen, westliche Sanktionen zu umgehen. Diese Flotte, die intransparent agiert und oftmals unter ausländischen Flaggen fährt, stellt ein wachsendes Risiko für die maritime Sicherheit dar. Die aktuellen Ereignisse zeigen, wie wichtig es ist, dass Staaten wie Deutschland ihre Aufsicht und Kontrolle über den internationalen Schiffsverkehr intensivieren, um solche Risiken zu minimieren.
In den kommenden Wochen ist zu erwarten, dass die internationale Gemeinschaft weiterhin Druck auf Russland ausüben wird, diese Praktiken zu unterbinden. Möglicherweise werden auch weitere Schiffe aus der Schattenflotte in den Fokus geraten, was zu einem erneuten politischen Streit über Sanktionen und internationale Kontrolle führen könnte.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist die „Eventin“?
Die „Eventin“ ist ein Öltanker, der unter der Flagge Panamas fährt und zur sogenannten russischen Schattenflotte gehört. Diese Flotte umfasst Schiffe, die von Russland genutzt werden, um Sanktionen zu umgehen, insbesondere in Bezug auf den Transport von Öl. Die „Eventin“ ist eines der vielen Schiffe, die aufgrund ihrer maroden Technik und Unsicherheit über die Versicherungslage als gefährlich gelten.
Was ist die Schattenflotte?
Die Schattenflotte bezeichnet eine Gruppe von Schiffen, die vor allem von Russland nach dem Angriff auf die Ukraine eingesetzt werden, um westliche Sanktionen zu umgehen. Diese Schiffe fahren oft unter fremden Flaggen, um die Herkunft und Eigentümer zu verschleiern und dem internationalen Druck zu entkommen. Viele dieser Schiffe sind veraltet und schlecht gewartet, was sie zu einer ernsthaften Gefahr für die maritime Sicherheit macht.
Was ist eine Klassifikationsgesellschaft?
Eine Klassifikationsgesellschaft ist ein unabhängiges Unternehmen, das die Sicherheit und Seetüchtigkeit von Schiffen überprüft und zertifiziert. Diese Organisationen sind vergleichbar mit dem TÜV in Deutschland und tragen dazu bei, dass Schiffe sicher fahren können. Sie arbeiten mit Reedereien, Versicherungen und nationalen Behörden zusammen, um sicherzustellen, dass Schiffe den internationalen Standards entsprechen.
Alle Angaben ohne Gewähr.
Titelbild AFP