Nach monatelangen Verhandlungen haben Israel und die radikalislamische Hamas eine Einigung auf ein Abkommen über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln im Gazastreifen erzielt. Das Abkommen soll am Sonntag in Kraft treten, doch zuvor muss noch das israelische Kabinett zustimmen. Diese Entscheidung wird für Donnerstag erwartet, nachdem das Vermittlerland Katar die Einigung bekanntgab.
Laut dem katarischen Regierungschef Mohammed bin Abdulrahman al-Thani sollen in der ersten Phase des Abkommens 33 israelische Geiseln freigelassen werden. Dazu gehören Frauen, Kinder sowie ältere und kranke Zivilisten. Im Gegenzug sollen palästinensische Gefangene in Israel entlassen werden. Die Waffenruhe wird von den USA, Katar und Ägypten überwacht. Al-Thani äußerte die Hoffnung, dass diese Vereinbarung der erste Schritt hin zu einem dauerhaften Waffenstillstand zwischen den beiden Seiten sei.
Die israelische Regierung erklärte jedoch, dass noch einige Details der Vereinbarung geklärt werden müssten. Insbesondere das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu betonte, dass "mehrere Klauseln des Rahmens" noch offen seien. Netanjahu selbst dankte sowohl dem scheidenden US-Präsidenten Joe Biden als auch seinem Nachfolger Donald Trump für ihre Unterstützung in den Verhandlungen. Der israelische Präsident Isaac Herzog begrüßte das Abkommen als einen „richtigen Schritt“.
Trotz der positiven Reaktionen vonseiten der Regierung gab es auch Widerstand. Zwei Minister aus Netanjahus rechter Koalition lehnten die Vereinbarung ab. Finanzminister Bezalel Smotrich bezeichnete das Abkommen als „schlecht und gefährlich für die Sicherheit Israels“, während Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir von einem „katastrophalen Abkommen“ sprach.
Katar, die USA und Ägypten haben eine entscheidende Vermittlerrolle in den Verhandlungen gespielt, die Anfang Januar wieder aufgenommen wurden. Al-Thani erklärte, dass die Vereinbarung darauf abziele, „den Konflikt zu beenden und zu einem dauerhaften Frieden beizutragen“.
Der Gaza-Konflikt, der durch den Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 ausgelöst wurde, dauert mittlerweile mehr als 15 Monate. Israelische Quellen berichten von 1210 getöteten israelischen Zivilisten und 251 entführten Geiseln. Laut der israelischen Armee sind noch 94 Geiseln im Gazastreifen, von denen 34 bereits tot sind.
Im Gazastreifen selbst löste die Nachricht über die Einigung Jubel aus. Tausende versammelten sich auf den Straßen, tanzten und feierten, um den Hoffnungsschimmer zu feiern. Auch die Hamas erklärte, dass die Waffenruhe „das Ergebnis des Widerstands und der Ausdauer des palästinensischen Volkes“ sei.
Internationale Reaktionen auf die Einigung fielen überwiegend positiv aus. US-Präsident Biden zeigte sich „begeistert“ und betonte, dass die Vereinbarung das Resultat intensiver diplomatischer Bemühungen sei. Auch der künftige US-Präsident Trump nahm die Einigung positiv auf und bezeichnete sie als „historischen Erfolg“.
In Deutschland wurden die Verhandlungen ebenfalls begrüßt. Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock bezeichneten die Waffenruhe als einen „Tag der Erleichterung“ und eine „greifbare Hoffnung“ für die Region. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von „Hoffnung für die gesamte Region“ nach dem langen Leid.
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OZD-Kommentar:
Ein Hoffnungsschimmer – aber der Weg bleibt steinig
Die Einigung über die Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung von Geiseln ist ein ermutigender Schritt in einem Konflikt, der bereits seit mehr als 15 Monaten andauert. Doch während die Hoffnungen der Menschen in Gaza groß sind, bleibt der politische Prozess kompliziert und von Unsicherheiten geprägt. Das israelische Kabinett könnte dem Abkommen noch zustimmen, aber die Ablehnung durch zwei Minister der rechten Koalition zeigt, dass die politische Lage in Israel fragil bleibt.
In den kommenden Wochen könnten weitere Hindernisse auftauchen. Möglicherweise werden neue Unstimmigkeiten über die Umsetzung der verschiedenen Phasen des Abkommens entstehen. Auch wenn diese Waffenruhe als Erfolg gefeiert wird, bleibt die Frage, wie nachhaltig sie sein wird und ob der Konflikt langfristig wirklich beendet werden kann. Es ist zu erwarten, dass in den nächsten Monaten die internationale Gemeinschaft und die beteiligten Staaten weiterhin intensiv Druck auf Israel und die Hamas ausüben werden, um den Frieden zu sichern.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Mohammed bin Abdulrahman al-Thani?
Mohammed bin Abdulrahman al-Thani ist der Außenminister von Katar und eine zentrale Figur in der diplomatischen Arbeit des Landes. Er hat eine Schlüsselrolle in den Bemühungen um den Frieden im Nahen Osten gespielt und war maßgeblich an der Vermittlung von Gesprächen zwischen Israel und der Hamas beteiligt. Al-Thani hat sich in verschiedenen internationalen Krisen als Vermittler positioniert.
Was ist die Hamas?
Die Hamas ist eine islamistische palästinensische Organisation, die 1987 während der Ersten Intifada gegründet wurde. Sie hat eine militärische sowie eine politische Komponente und kontrolliert seit 2007 den Gazastreifen. Die Organisation wird von vielen Staaten, darunter die USA und die EU, als terroristische Organisation eingestuft. Die Hamas strebt die Schaffung eines islamischen Staates in Palästina an und befindet sich seit Jahren in Konflikt mit Israel.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP