Der ehemalige brasilianische Präsident Jair Bolsonaro kann nicht an der Vereidigung von Donald Trump teilnehmen. Das Oberste Gericht Brasiliens entschied am Donnerstag, dass Bolsonaro seinen Pass nicht zurückerhält, um zu Trumps Amtseinführung in den USA zu reisen. Die Richter erklärten, Bolsonaro stelle noch immer ein Fluchtrisiko dar.
Bolsonaro, der von 2019 bis 2022 an der Spitze Brasiliens stand, war im Februar 2024 mit einem Ausreiseverbot belegt worden. Der Entzug seines Reisepasses erfolgte im Rahmen von Ermittlungen zu einem mutmaßlichen "Putschplan". Dabei soll Bolsonaro versucht haben, den Amtsantritt seines linken Widersachers Luiz Inácio Lula da Silva zu verhindern.
Seine Anwälte, die eine Rückgabe des Passes beantragt hatten, kündigten an, voraussichtlich Berufung gegen das Urteil einzulegen. Sie betonten, dass Bolsonaro eine offizielle Einladung zur Vereidigung Trumps erhalten habe und daher das Recht auf die Teilnahme an der Zeremonie habe.
Bolsonaro selbst, der während seiner Amtszeit als "Tropen-Trump" bezeichnet wurde und enge Beziehungen zu Donald Trump pflegte, hatte sich bereits wiederholt öffentlich für eine Reise zu Trumps Vereidigung ausgesprochen.
OZD/AFP
OZD-Kommentar:
Bolsonaro und die politischen Verstrickungen
Die Entscheidung des brasilianischen Obersten Gerichts, Jair Bolsonaro den Pass vorerst zu verweigern, hat weitreichende politische und rechtliche Implikationen. Es ist ein klares Signal, dass der ehemalige Präsident trotz seiner Popularität und internationalen Beziehungen nicht von den strafrechtlichen Ermittlungen in Brasilien entkoppelt werden kann. Das Fluchtrisiko, das Bolsonaro weiterhin darstellt, könnte auch als Mahnung verstanden werden, dass die brasilianische Justiz gegen politische Machenschaften mit aller Härte vorgeht.
Der Entzug des Passes und das Ausreiseverbot werfen jedoch auch Fragen zur politischen Unabhängigkeit und der Einflussnahme der Justiz auf die brasilianische Demokratie auf. Bolsonaro bleibt zwar in der Öffentlichkeit präsent, doch wird seine politische Karriere durch diese juristischen Hürden massiv eingeschränkt.
In den kommenden Wochen wird Bolsonaro weiterhin versuchen, den Druck auf die brasilianische Justiz zu erhöhen, um seine Teilnahme an internationalen Ereignissen wie der Trump-Vereidigung zu sichern. Es bleibt abzuwarten, wie sich die politische Landschaft Brasiliens entwickeln wird, insbesondere angesichts der laufenden Ermittlungen und der weiterhin angespannten Beziehungen zwischen Bolsonaro und dem Präsidenten Lula.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Jair Bolsonaro?
Jair Bolsonaro, geboren am 21. März 1955 in Glicério, São Paulo, war von 2019 bis 2022 der Präsident von Brasilien. Er begann seine politische Karriere als Militär und wurde 1988 Abgeordneter im brasilianischen Parlament. Bolsonaro trat 2018 als Kandidat der rechtsextremen Partei PSL in die Präsidentschaftswahlen ein und gewann überraschend die Wahl. Während seiner Amtszeit setzte er auf eine konservative Agenda, die unter anderem die Lockerung von Umwelt- und Waffengesetzen sowie eine Ablehnung gegen die COVID-19-Maßnahmen beinhaltete. Nach seiner Amtszeit geriet er wegen eines mutmaßlichen "Putschplans" in die Kritik und sah sich verschiedenen strafrechtlichen Ermittlungen gegenüber.
Was ist das brasilianische Oberste Gericht?
Das Oberste Gericht Brasiliens (Supremo Tribunal Federal, STF) ist das höchste Gericht des Landes und spielt eine zentrale Rolle im brasilianischen Rechtssystem. Es hat die Aufgabe, die Verfassung zu wahren, Rechtsstreitigkeiten auf höchster Ebene zu entscheiden und das Land in rechtlichen Fragen zu führen. Es wird als wichtiger Akteur im politischen System Brasiliens angesehen, da es oft über Entscheidungen urteilt, die das Land auf nationaler Ebene beeinflussen, wie etwa die Überprüfung von Gesetzesvorhaben oder die Untersuchung von Amtsmissbrauch. Der STF hat in den letzten Jahren eine prominente Rolle in politischen Konflikten gespielt, darunter auch im Fall von Bolsonaro.
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