Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen

Inflationsprämie für viele: 2680 Euro im Schnitt – aber viele gingen lehr aus

Die Inflationsprämie hat vielen Tarifbeschäftigten kurzfristig geholfen. Doch große Unterschiede zwischen den Branchen zeigen: Einmalzahlungen allein reichen nicht. Was das für die Zukunft der Lohnpolitik bedeutet, erfahren Sie hier.

Die Einführung der Inflationsprämie war ein politisches Signal in schwierigen Zeiten: Steuer- und abgabenfreie Sonderzahlungen sollten die finanziellen Belastungen durch den Ukraine-Krieg abfedern. Laut Statistischem Bundesamt haben zwischen Oktober 2022 und Dezember 2024 fast 86 Prozent der Tarifbeschäftigten in Deutschland von dieser Maßnahme profitiert. Der Durchschnittsbetrag lag bei 2680 Euro – eine Summe, die vielen Beschäftigten half, steigende Lebenshaltungskosten auszugleichen.

Doch nicht alle Branchen erhielten gleichermaßen Unterstützung. Während in der öffentlichen Verwaltung und im Bildungssektor flächendeckend die maximale Prämie von 3000 Euro gezahlt wurde, kamen Beschäftigte im Baugewerbe mit durchschnittlich 1103 Euro deutlich schlechter weg. Besonders ernüchternd: Im Gastgewerbe erhielten nur rund zwölf Prozent der Tarifbeschäftigten eine Inflationsprämie – ein Bereich, der ohnehin oft von niedrigen Löhnen geprägt ist.

Thorsten Schulten, Leiter des WSI-Tarifarchivs, betont die kurzzeitige Entlastungswirkung der Zahlungen, warnt aber vor langfristigen Problemen: „Einmalzahlungen sind ein zweischneidiges Schwert. Sie lindern kurzfristig den Druck, ändern aber nichts an der Lohnbasis.“ Diese Lücke müsse nun durch dauerhafte Lohnerhöhungen geschlossen werden, um die Kaufkraft der Beschäftigten nachhaltig zu stärken.

Insgesamt zeigt die Bilanz: Während viele Beschäftigte von der Prämie profitierten, blieben andere auf der Strecke. Das wirft Fragen nach einer gerechteren Verteilung und einer zukunftsorientierten Lohnpolitik auf.

OZD / AFP



OZD-Kommentar:
Einmalzahlungen – Fluch oder Segen?

Die Inflationsprämie war ein politischer Rettungsanker, doch sie hat mehr offenbart, als sie lösen konnte. Einmalzahlungen sind ein kurzfristiges Pflaster auf die tieferliegende Wunde stagnierender Reallöhne. Die große Diskrepanz zwischen den Branchen zeigt, dass strukturelle Ungleichheiten nicht mit Sonderzahlungen ausgeglichen werden können.

Besonders alarmierend ist die Situation im Gastgewerbe: Hier sind die Löhne traditionell niedrig, doch gerade diese Beschäftigten gingen bei der Inflationsprämie fast leer aus. Das verstärkt die soziale Ungerechtigkeit und könnte den Fachkräftemangel weiter verschärfen.

Was bleibt, ist die Hoffnung, dass die Politik nun die richtigen Schlüsse zieht. Statt auf Einmalzahlungen muss der Fokus auf nachhaltige Lohnpolitik und eine bessere Unterstützung von Niedriglohnbranchen gelegt werden. Wenn diese Chance vertan wird, droht eine weitere Entkopplung von Löhnen und Lebenshaltungskosten.

Prognose:
Die kommenden Tarifverhandlungen werden entscheidend sein. Gelingt es, nachhaltige Lohnerhöhungen durchzusetzen, könnte sich die Kaufkraft stabilisieren. Bleiben solche Schritte aus, wird die soziale Ungleichheit weiter zunehmen.


Biographien und Erklärungen:

Wer ist Thorsten Schulten?
Thorsten Schulten ist Leiter des WSI-Tarifarchivs der Hans-Böckler-Stiftung. Als Experte für Tarifpolitik analysiert er regelmäßig Entwicklungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen Lohnentwicklung, Tarifverhandlungen und die Auswirkungen wirtschaftspolitischer Maßnahmen auf Arbeitnehmer.

Was ist die Hans-Böckler-Stiftung?
Die Hans-Böckler-Stiftung ist eine gewerkschaftsnahe Forschungsorganisation, die sich mit wirtschaftlichen und sozialen Themen beschäftigt. Sie fördert Studien und Projekte, die sich mit Arbeitsmarkt, Sozialpolitik und Mitbestimmung befassen.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.