Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der Union und CDU-Chef, hat Europa zu einem selbstbewussten Auftreten gegenüber der kommenden Trump-Regierung in den USA aufgerufen. „Es gibt keine Veranlassung, jetzt angstvoll auf Washington zu schauen“, sagte Merz beim Abschluss des Treffens der Europäischen Volkspartei (EVP) in Berlin. „Wenn wir entschlossen sind, wenn wir uns einig sind, haben auch wir etwas zu sagen.“
Merz betonte, dass Europa mit seiner Bevölkerung größer sei als die USA und Kanada zusammen. Um diese Stärke auszuspielen, müssten die EU-Mitgliedstaaten jedoch geschlossen handeln. „Solange wir gespalten sind, wird uns niemand ernst nehmen“, warnte Merz und sprach von einem „letzten Aufruf zum Handeln“.
Neben der politischen Einheit betonte Merz die Notwendigkeit, die Verteidigungsfähigkeiten Europas zu stärken. „Das müssen wir sowieso tun, unabhängig davon, ob in Amerika nun die Regierung wechselt oder nicht.“ Mit Blick auf die bevorstehende Amtsübernahme Donald Trumps am Montag sagte Merz, der Druck auf Europa werde zwar steigen, dies könne jedoch als Chance genutzt werden.
Auch der EVP-Vorsitzende Manfred Weber (CSU) äußerte sich zu den transatlantischen Beziehungen. „Wir sind bereit, unsere Interessen international durchzusetzen“, sagte Weber. Er sprach von der Bereitschaft, Trump „einen Deal anzubieten“, insbesondere in der Handelspolitik mit China.
Das zweitägige Treffen der EVP, das in der CDU-Zentrale in Berlin stattfand, endete am Samstag. Zu den Beratungen waren mehrere EU-Staats- und Regierungschefs sowie Oppositionsführer aus den Reihen der EVP eingeladen worden. Lediglich Polens Ministerpräsident Donald Tusk blieb der Veranstaltung fern.
Ein einstimmiger Beschluss der EVP forderte einen deutlichen Abbau europäischer Bürokratie. „Wir wollen die Berichtspflichten insgesamt um mindestens 50 Prozent reduzieren“, erklärte Merz und betonte die Bedeutung dieser Maßnahmen für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Europas.
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OZD-Kommentar:
Trump, Europa und die Chance auf Selbstbehauptung
Die Worte von Friedrich Merz und Manfred Weber unterstreichen die Notwendigkeit einer geeinten und starken EU, gerade in Anbetracht der Herausforderungen, die die zweite Amtszeit Donald Trumps mit sich bringen dürfte. Die USA unter Trump werden mit einer "America First"-Politik erneut Druck auf Europa ausüben, sei es in Handelsfragen oder in Bezug auf Verteidigungsausgaben.
Doch Merz' Forderung nach mehr europäischer Selbstbewusstsein ist nicht ohne Grund. Eine geschlossene EU kann international Gewicht haben und ihre Interessen vertreten. Allerdings bleibt die Frage, ob die Mitgliedstaaten tatsächlich in der Lage sind, ihre Differenzen beiseitezulegen und mit einer Stimme zu sprechen.
Prognose:
Die
nächsten Monate werden zeigen, ob Europa seine Eigenständigkeit und
Geschlossenheit bewahren kann. Trump wird mit Sicherheit versuchen, die
EU-Staaten gegeneinander auszuspielen. Nur eine geeinte und strategisch
handelnde EU kann diesem Druck standhalten und ihre Position in der Welt
behaupten.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Friedrich Merz?
Friedrich
Merz, geboren 1955 in Brilon, ist ein deutscher Politiker der CDU und
Kanzlerkandidat der Union bei der kommenden Bundestagswahl. Merz war
bereits von 2000 bis 2002 Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,
bevor er sich zeitweise aus der Politik zurückzog und eine Karriere in
der Wirtschaft einschlug. Seit 2022 ist er Bundesvorsitzender der CDU.
Was ist die Europäische Volkspartei (EVP)?
Die
Europäische Volkspartei ist ein Zusammenschluss christdemokratischer
und konservativer Parteien in Europa. Sie ist die größte Fraktion im
Europäischen Parlament und setzt sich für ein geeintes und starkes
Europa ein. Die EVP umfasst Parteien wie die CDU, CSU und zahlreiche
weitere aus EU-Mitgliedstaaten.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.