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Nach der Geisel-Liste: Waffenruhe im Gazastreifen wird offiziell - Ob das hält?

Nach einer verzögerten Übermittlung der Geisel-Liste hat Israel die Waffenruhe im Gazastreifen aktiviert. Drei Geiseln werden freigelassen, im Austausch sollen Hunderte Palästinenser aus israelischen Gefängnissen entlassen werden.

Nach stundenlanger Verzögerung hat die Hamas die Liste der am Sonntag freizulassenden Geiseln an Israel übermittelt, wodurch die Waffenruhe im Gazastreifen in Kraft trat. Diese war ursprünglich für den frühen Morgen des Sonntags vorgesehen, doch erst mit fast drei Stunden Verspätung wurden die Geiselnamen offiziell bekanntgegeben, was die Aktivierung der Waffenruhe verzögerte.


„Israel hat die Liste der Geiseln erhalten, die heute freigelassen werden sollen“, erklärte das Büro von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu. Kurz darauf bestätigte der Vermittler Katar, dass die Waffenruhe um 11.15 Uhr (Ortszeit) begann, nachdem die Liste mit den Namen der drei am Sonntag freizulassenden Geiseln übergeben wurde. Unter den Geiseln befinden sich auch Doppelstaatler, darunter eine Person mit rumänischer und eine mit britischer Staatsbürgerschaft.

Der Waffenstillstand, der nach zähen Verhandlungen zwischen Katar, Ägypten und den USA zustande kam, ist die erste große Waffenruhe im Gazastreifen seit dem Beginn des Krieges im Oktober 2023. In der ersten Phase des Abkommens sollen innerhalb von 42 Tagen insgesamt 33 Geiseln freikommen, während im Austausch 1890 Palästinenser aus israelischen Gefängnissen entlassen werden.

Die Hamas hatte ursprünglich zugesichert, die Liste der Geiseln bis Samstagnachmittag zu übermitteln. Doch nach Verzögerungen in der Kommunikation hatte Israel erklärt, dass die Waffenruhe erst in Kraft treten würde, wenn die Namen der Geiseln vollständig vorliegen.

Während Israel auf die Übermittlung wartete, setzte die israelische Armee weiterhin Operationen im Gazastreifen fort. Laut Armeesprecher Daniel Hagari sei dies notwendig, da die Hamas ihre Zusagen nicht eingehalten habe. Dennoch bestätigte Katar später, dass die Waffenruhe nun in Kraft getreten sei.

Die Waffenruhe wird von vielen als erster Schritt hin zu einer weiteren Deeskalation im Gazastreifen gesehen, doch die politischen Spannungen in Israel und den Palästinensergebieten bleiben hoch. In Israel kritisierte die Partei von Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir das Abkommen als „skandalös“ und kündigte ihren Austritt aus der Regierungskoalition an. Die Partei prangerte insbesondere die Freilassung von Palästinensern, die mit Terrorismus in Verbindung stehen, als gefährlich an.

Der Krieg im Gazastreifen begann mit einem Großangriff der Hamas und ihrer Verbündeten auf Israel im Oktober 2023, bei dem mehr als 1200 Israelis getötet und 251 Geiseln verschleppt wurden. Noch immer befinden sich 94 Geiseln in Gaza, darunter auch mehrere mit Verbindungen zu Deutschland.

OZD/AFP



OZD-Kommentar:

Waffenruhe im Gazastreifen: Ein Schritt auf dem langen Weg zur Friedenssicherung

Die Waffenruhe im Gazastreifen, die nun nach intensiven Verhandlungen und einer verzögerten Übermittlung der Geisel-Liste in Kraft trat, ist ein wichtiges, aber umstrittenes Signal. Einerseits bringt sie nach Monaten des blutigen Konflikts eine hoffnungsvolle Entspannung und ist ein Zeichen für das Potenzial diplomatischer Lösungsansätze. Andererseits zeigt sich, wie fragil der Prozess ist: Die ständigen Verzögerungen und die politische Aufregung in Israel, insbesondere in Bezug auf die Freilassung von palästinensischen Häftlingen, verdeutlichen die Herausforderungen, die noch vor den Beteiligten liegen.

Die Vereinbarung, die Geiseln freizulassen, ist ein moralischer und politischer Kompromiss. Doch die schwierige Frage bleibt, wie eine langfristige Friedenslösung im Gazastreifen aussehen kann. Wird die Waffenruhe zu einem dauerhaften Frieden führen, oder ist sie nur eine kurzfristige Atempause im andauernden Konflikt?

In den kommenden Wochen wird sich zeigen, wie die Waffenruhe sich in der Praxis auswirkt und ob es zu weiteren Fortschritten in den Verhandlungen kommt. Angesichts der angespannten politischen Situation in Israel und der anhaltenden Gewalt im Gazastreifen bleibt die Entwicklung ungewiss.



Biographien und Erklärungen:

Wer ist Benjamin Netanjahu?

Benjamin Netanjahu ist der aktuelle Premierminister von Israel und eine prägende Figur in der israelischen Politik. Er hat Israel in mehreren Amtszeiten regiert und gilt als einer der am längsten amtierenden Regierungschefs des Landes. Netanjahu ist Vorsitzender der konservativen Likud-Partei und ein strikter Verfechter der Sicherheit Israels, oft durch harte Maßnahmen gegenüber den Palästinensern. Seine Politik ist häufig umstritten, sowohl innerhalb Israels als auch auf internationaler Ebene.

Mehr Informationen: Knesset Website

Wer ist Itamar Ben Gvir?

Itamar Ben Gvir ist der israelische Minister für nationale Sicherheit und eine führende Figur der rechtsextremen Partei Otzma Yehudit (Jüdische Stärke). Ben Gvir ist bekannt für seine harte Haltung gegenüber Palästinensern und seine Unterstützung für drastische Sicherheitsmaßnahmen. Er hat mehrfach umstrittene Positionen vertreten, die vor allem bei den Palästinensern und in der internationalen Gemeinschaft auf Kritik stoßen.

Mehr Informationen: Wikipedia

Was ist die Hamas?

Die Hamas ist eine militante islamistische Organisation, die 1987 während des Ersten Intifadas gegründet wurde. Sie ist seit 2007 die de facto Regierungsmacht im Gazastreifen und wird von vielen Staaten, darunter Israel, den USA und der EU, als Terrororganisation eingestuft. Die Hamas verfolgt das Ziel, einen islamischen Staat in Palästina zu errichten, und setzt dabei auf gewaltsame Mittel, einschließlich Selbstmordanschlägen und Raketenangriffen auf Israel.

Mehr Informationen: Wikipedia

Alle Angaben ohne Gewähr.

Titelbild AFP