Unmittelbar vor der Amtseinführung von Donald Trump als US-Präsident hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Bedeutung der transatlantischen Beziehungen hervorgehoben und Europa zu mehr Stärke aufgerufen. In einem Interview mit der Rheinischen Post erklärte Scholz, dass die USA für Deutschland und Europa von zentraler Bedeutung seien: „Die transatlantischen Beziehungen sind für Deutschland und Europa von größter Bedeutung.“
Scholz erinnerte an die historische Rolle der USA beim Aufbau der Demokratie in Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. „Wir dürfen nicht vergessen, wie wichtig die USA für den Aufbau der Demokratie in Westdeutschland waren“, betonte er. Zugleich unterstrich der Kanzler die sicherheitspolitische Bedeutung der Nato: „Die Nato ist der Garant unserer Sicherheit. Deshalb brauchen wir stabile Beziehungen zu den USA.“
Gleichzeitig rief Scholz die Europäische Union dazu auf, ihre eigene Stärke zu nutzen. „Mit mehr als 400 Millionen Europäerinnen und Europäern haben wir ökonomisches Gewicht“, sagte er und mahnte, die Einhaltung internationaler Regeln zu verteidigen. Besonders betonte Scholz, dass Gewalt zur Grenzverschiebung niemals akzeptabel sei: „Nach jüngsten Äußerungen aus den USA habe ich deutlich gemacht: Diese Regel gilt für alle.“
Scholz berichtete zudem von zwei Telefonaten mit Trump, die „sehr freundliche und gute Gespräche“ gewesen seien. Auch auf Berater-Ebene habe es bereits mehrere Treffen gegeben. „Wir fangen mit der neuen Administration also nicht bei null an“, sagte der Kanzler zuversichtlich.
Der britische Premierminister Keir Starmer schloss sich den Aussagen von Scholz an und lobte die engen Beziehungen zwischen Großbritannien und den USA. Er übermittelte Trump vor dessen Vereidigung Glückwünsche.
Donald Trump, der bereits von 2017 bis 2021 US-Präsident war, wird am Montag seine zweite Amtszeit antreten. Als 78-Jähriger ist er der älteste Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten.
OZD / AFP
Kommentar: Europa braucht eine klare Linie gegenüber Trump
Mehr als freundliche Telefonate
Die
Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus stellt Europa vor gewaltige
Herausforderungen. Olaf Scholz hat Recht, wenn er die Bedeutung der
transatlantischen Beziehungen betont. Doch warme Worte allein werden
nicht reichen. Trump hat bereits in seiner ersten Amtszeit gezeigt, dass
er internationale Bündnisse wie die Nato eher als Last denn als Stärke
sieht. Auch sein wirtschaftspolitischer Protektionismus könnte erneut
Spannungen auslösen.
Europäische Stärke gefordert
Scholz
hat den Finger in die Wunde gelegt: Europa muss selbstbewusster
auftreten. Doch das erfordert konkrete Maßnahmen. Eine engere
Zusammenarbeit in Verteidigungsfragen, stärkere wirtschaftliche
Unabhängigkeit von den USA und ein einheitliches Auftreten auf
internationaler Bühne sind notwendiger denn je. Nur so kann die EU Trump
und seine oft unberechenbare Politik ernsthaft begegnen.
Prognose: Ungewisse Zeiten
In
den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob Europa geschlossen genug
ist, um Trumps mögliche Alleingänge auszugleichen. Die EU muss jetzt
handeln – und darf nicht erneut in eine passive Rolle gedrängt werden.
Wer ist Olaf Scholz?
Olaf
Scholz ist seit Dezember 2021 Bundeskanzler der Bundesrepublik
Deutschland und Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands
(SPD). Zuvor war er Vizekanzler und Bundesfinanzminister im Kabinett
Merkel. Scholz ist bekannt für seinen pragmatischen Führungsstil und
seine Fähigkeit, Kompromisse zu finden. Als Kanzler hat er sich für eine
stärkere Rolle Europas auf der internationalen Bühne eingesetzt.
Was ist die Nato?
Die
Nato (North Atlantic Treaty Organization) ist ein militärisches
Bündnis, das 1949 gegründet wurde. Sie umfasst derzeit 31
Mitgliedsstaaten und hat das Ziel, die Sicherheit und Verteidigung ihrer
Mitglieder zu gewährleisten. Die Nato spielt eine zentrale Rolle in der
transatlantischen Zusammenarbeit und wird oft als „Garant für
Sicherheit“ bezeichnet.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP