Für Skirennläufer Andreas Sander ist die Saison 2023/24 vorzeitig beendet. Der 35-jährige Sauerländer, der 2021 sensationell Silber in der Abfahrt holte, laboriert seit dem Sommer an einer schwerwiegenden Zellerkrankung, der sogenannten Mitochondriopathie. Diese verhindert, dass seine Körperzellen ausreichend Energie produzieren können, was zu einem massiven Leistungsabfall führt.
„Mein Körper wollte mir einfach wirklich ein halbes Jahr lang sagen, jetzt ruh’ dich mal aus“, erklärte Sander am Rande der Weltcup-Rennen in Kitzbühel. Eine Rückkehr in den Rennalltag in diesem Winter sei ausgeschlossen. „Ich bin sehr happy mit meiner derzeitigen Situation und optimistisch, dass ich zurückkehren werde“, sagte Sander, betonte aber, dass es in dieser Saison „ziemlich sicher nichts mehr wird.“
Die Diagnose hatte Sander im Oktober öffentlich gemacht, nachdem er sich über Monate ohne Energie fühlte und keine Fortschritte im Training verzeichnen konnte. „Ich hatte einfach keine Power mehr“, berichtete er. Der Fokus liege nun vollständig auf seiner Genesung. „Alles weitere wird man dann sehen“, so der erfahrene Skirennläufer.
Am Freitag konnte Sander in Kitzbühel bereits wieder ein wenig Ski fahren, doch er stellte klar, dass „großer Sport“ noch nicht möglich sei. Sein Ziel ist es, zur nächsten Saison wieder voll belastbar zu sein und am Weltcup teilzunehmen. „Ich hoffe, dass ich nächste Saison wieder am Rennalltag teilnehmen kann“, sagte Sander.
Die Erkrankung Mitochondriopathie betrifft die Energieproduktion in den Zellen und ist selten, aber ernsthaft. Für Leistungssportler ist sie besonders herausfordernd, da sie die Belastbarkeit drastisch einschränkt. Dennoch zeigt sich Sander kämpferisch und zuversichtlich, diesen Rückschlag zu überwinden.
OZD / AFP
Kommentar: Sander – Ein Kämpfergeist auch abseits der Piste
Das vorzeitige Saison-Aus von Andreas Sander ist ein harter Schlag für den deutschen Skisport. Doch es zeigt einmal mehr, dass auch Topathleten menschlich sind und mit gesundheitlichen Rückschlägen kämpfen müssen. Die Diagnose Mitochondriopathie stellt Sander vor eine enorme Herausforderung – sowohl körperlich als auch mental.
Was beeindruckt, ist Sanders positive Einstellung. Trotz der Schwere seiner Erkrankung spricht er von Optimismus und Genesung. Sein Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, auf die Signale des eigenen Körpers zu hören, selbst wenn dies bedeutet, vorübergehend die eigenen Ziele zurückzustellen.
Biographien und Erklärungen:
Was ist Mitochondriopathie?
Mitochondriopathie ist eine seltene und komplexe Erkrankung, die die Funktion der Mitochondrien beeinträchtigt. Mitochondrien sind winzige Strukturen in den Zellen, oft als "Kraftwerke der Zellen" bezeichnet, da sie die Energieproduktion in Form von Adenosintriphosphat (ATP) steuern. Diese Energie ist essenziell für fast alle lebenswichtigen Prozesse im Körper.
Wenn die Mitochondrien nicht richtig funktionieren, kann dies zu einem Energiemangel in den Zellen führen, was insbesondere in Geweben mit hohem Energiebedarf – wie Muskeln, Gehirn und Herz – schwerwiegende Symptome verursacht. Die Erkrankung kann genetisch bedingt sein oder durch Umweltfaktoren ausgelöst werden.
Ursachen der Mitochondriopathie
Mitochondriopathien können angeboren oder erworben sein:
Genetische Ursachen:
Mutationen in der mitochondrialen DNA (mtDNA), die direkt von der Mutter vererbt wird.Mutationen in nukleärer DNA, die Proteine für die Mitochondrien produziert.Diese Defekte können die Energieproduktion beeinträchtigen und zu Symptomen führen.
Erworbene Ursachen:
Umwelteinflüsse wie Toxine, Medikamente oder Infektionen können die Mitochondrien schädigen.Chronische Erkrankungen wie Diabetes oder neurodegenerative Erkrankungen können sekundär eine Mitochondriopathie auslösen.
Symptome der Mitochondriopathie
Die Symptome variieren stark, je nachdem, welche Gewebe und Organe betroffen sind. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
Muskelsymptome: Muskelschwäche, schnelle Ermüdung, Muskelschmerzen (Myopathie). Neurologische Symptome: Epilepsie, Migräne, Entwicklungsstörungen, Ataxie (Koordinationsstörungen). Herzprobleme: Herzrhythmusstörungen, Kardiomyopathie (Herzschwäche).Seh- und Hörprobleme: Degeneration des Sehnervs (Optikusatrophie), sensorineurale Schwerhörigkeit. Magen-Darm-Probleme: Chronische Verdauungsprobleme, Motilitätsstörungen. Allgemeine Symptome: Chronische Müdigkeit, Energiemangel, Wachstumsstörungen.
Da Mitochondrien in nahezu allen Zellen vorkommen, kann praktisch jedes Organ betroffen sein.
Diagnose der Mitochondriopathie
Die Diagnose ist oft schwierig, da die Symptome unspezifisch sind und viele andere Erkrankungen ähneln können. Wichtige Schritte zur Diagnose sind:
Anamnese und körperliche Untersuchung: Identifikation typischer Symptome und möglicher genetischer Veranlagungen. Blut- und Urintests: Suche nach erhöhten Laktat- oder Pyruvatwerten, die auf eine gestörte Energieproduktion hindeuten können. Bildgebung: MRT- oder CT-Scans können Veränderungen in Gehirn und Muskeln zeigen.Muskelbiopsie: Analyse der Mitochondrien unter dem Mikroskop. Genetische Tests: Untersuchung der mtDNA und nukleären DNA auf Mutationen.
Behandlungsmöglichkeiten
Eine Heilung für Mitochondriopathie gibt es bisher nicht, da die zugrunde liegenden genetischen oder erworbenen Schäden nicht reversibel sind. Die Behandlung zielt darauf ab, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern:
Ernährung und Nahrungsergänzungsmittel:
Coenzym Q10, L-Carnitin und Riboflavin (Vitamin B2) können die Mitochondrienfunktion unterstützen. Eine ausgewogene Ernährung, die den Energiehaushalt stabilisiert, wird empfohlen.
Medikamente:
Symptomatische Therapie für spezifische Beschwerden, z. B. Antiepileptika bei Anfällen oder Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen. Vermeidung von Medikamenten, die die Mitochondrien zusätzlich schädigen können (z. B. bestimmte Antibiotika).
Physiotherapie und Bewegung:
Moderate Bewegung kann helfen, die Muskulatur zu stärken, ohne die Mitochondrien zu überlasten.
Psychologische Unterstützung:
Umgang mit der chronischen Belastung und Einschränkungen.
Monitoring:
Regelmäßige Überwachung von Herz, Muskeln und anderen betroffenen Organen.
Mitochondriopathie und Sportler
Bei Leistungssportlern wie Andreas Sander kann eine Mitochondriopathie besonders gravierend sein, da die Fähigkeit zur Energieproduktion in Zellen essenziell für Ausdauer und Kraft ist. Die Erkrankung erfordert eine vollständige Regeneration und Anpassung der sportlichen Belastung. Eine Rückkehr in den Spitzensport ist nicht ausgeschlossen, hängt aber stark von der individuellen Regeneration und Anpassung ab.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP
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