Der französische Musical-Thriller „Emilia Pérez“ geht als großer Favorit in die diesjährigen Oscar-Verleihung. Der Film, der die Geschichte eines mexikanischen Drogenbarons erzählt, der ein neues Leben als Frau beginnen möchte, wurde in beeindruckenden 13 Kategorien nominiert. Damit stellt der Film einen neuen Rekord für den internationalen Film auf, nachdem bislang Filme wie „Tiger and Dragon“ und „Roma“ mit jeweils zehn Nominierungen führten. „Emilia Pérez“ ist unter anderem für den besten Film, die beste Regie und die beste Hauptdarstellerin nominiert, wobei Karla Sofía Gascón als starke Kandidatin für die beste weibliche Hauptrolle gilt.
Der Regisseur von „Emilia Pérez“, Jacques Audiard, zeigte sich begeistert über die zahlreichen Nominierungen und äußerte die Frage, ob Filme mit unterschiedlichen sprachlichen Elementen und einzigartigen Themen nun ein neuer Trend in der Filmindustrie werden könnten. In diesem Jahr konkurrieren unter anderem auch das Drama „Der Brutalist“ über den jüdischen Architekten Laszlo Toth und die Musical-Verfilmung „Wicked“ um die begehrten Auszeichnungen.
Besonders erfreulich ist auch die Nominierung des deutschen Films „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ für den Oscar als bester internationaler Film. Das Drama von Mohammad Rasoulof, einem iranischen Regisseur, der nach Deutschland fliehen musste, beleuchtet die Auswirkungen der regierungskritischen Proteste im Iran auf eine Familie. Der Film wurde bereits mit einem Sonderpreis der Jury beim Cannes Film Festival ausgezeichnet. Rasoulof, der zuvor für „Doch das Böse gibt es nicht“ den Goldenen Bären der Berlinale erhielt, kämpft nicht nur mit der repressiven politischen Situation in seiner Heimat, sondern auch mit den Widrigkeiten des Exils.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) gratulierte Rasoulof und dem deutschen Koproduzenten Mani Tilgner für die Nominierung und betonte die Wichtigkeit des Films, der auf die „fortdauernden Grausamkeiten eines brutalen Regimes“ hinweist. Zudem lobte sie den Film „September 5“, der in der Kategorie Bestes Originaldrehbuch nominiert ist. Roth beschrieb das Drama als „unglaublich bewegend“ und als wichtigen Beitrag zur Diskussion über Medienethik.
Neben den internationalen Nominierungen gab es auch spannende Entwicklungen in den Kategorien der besten Darsteller. Neben Karla Sofía Gascón sind unter anderem Hollywood-Veteranin Demi Moore für ihre Rolle in „The Substance“ und Mikey Madison für „Anora“ im Rennen um die begehrteste Schauspielauszeichnung. Für die beste männliche Hauptrolle wurden Adrien Brody, Timothee Chalamet, Ralph Fiennes und Colman Domingo nominiert, wobei auch Sebastian Stan für seine Darstellung von Donald Trump in einem biografischen Film berücksichtigt wurde.
Für den feministisch ausgerichteten Horrorfilm „The Substance“ wurde Coralie Fargeat als einzige weibliche Filmemacherin in diesem Jahr für eine Oscar-Nominierung berücksichtigt. Ihre Rolle als Regisseurin in einem Film, der sich mit Themen wie Alterswahn und Schönheitsoperationen auseinandersetzt, wird als bedeutendes Symbol für Frauen in der Filmindustrie gewertet.
Da Los Angeles derzeit von verheerenden Bränden heimgesucht wird, wurde die Bekanntgabe der Nominierungen dieses Jahr ausschließlich online durchgeführt. Die Verleihung der Oscars findet jedoch wie gewohnt bei einer glamourösen Gala am 2. März statt.
OZD/AFP
OZD-Kommentar:
Ein Oscar-Jahr mit vielfältigen Themen und überraschenden Nominierungen
Die diesjährigen Oscar-Nominierungen zeigen einmal mehr, wie sehr sich die Filmwelt in Bezug auf Themenvielfalt und internationale Perspektiven weiterentwickelt hat. Mit „Emilia Pérez“ und „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ stehen zwei Filme im Rennen, die nicht nur durch ihre künstlerische Leistung bestechen, sondern auch durch ihre gesellschaftlich relevanten Themen – von Genderfragen und politischer Repression bis hin zu persönlichen und kollektiven Kämpfen.
Die Nominierung von „Emilia Pérez“ mit seiner multikulturellen und sprachlich diversifizierten Erzählweise lässt darauf hoffen, dass der Trend hin zu mehr internationalem Austausch und vielfältigen Geschichten weiter an Bedeutung gewinnen wird. Ebenso zeigt „Die Saat des heiligen Feigenbaums“, dass politische Filme, die aus der realen Welt stammen, auch in der Unterhaltung wichtige Akzente setzen können.
Prognose: Angesichts der starken Konkurrenz und der klaren thematischen Relevanz der nominierten Filme könnte es in den kommenden Wochen zu einer intensiven Diskussion über den Einfluss der Filmindustrie auf politische und soziale Themen kommen. Der Ausgang der Oscar-Verleihung wird nicht nur von den künstlerischen Leistungen abhängen, sondern auch davon, wie die Filme als Spiegel unserer Zeit wahrgenommen werden.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Mohammad Rasoulof?
Mohammad Rasoulof ist ein iranischer Regisseur, Drehbuchautor und Produzent, der international für seine Filme bekannt ist, die sich mit politischen Themen und sozialen Missständen befassen. 2022 wurde er für „Doch das Böse gibt es nicht“ mit dem Goldenen Bären der Berlinale ausgezeichnet. Rasoulof ist in seiner Heimat Iran ein politischer Aktivist und wurde mehrfach verfolgt. Nachdem er im Iran zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, floh er nach Deutschland.
Was ist das Cannes Film Festival?
Das Cannes Film Festival ist eines der renommiertesten Filmfestivals der Welt und findet jährlich im französischen Cannes statt. Es wurde 1946 gegründet und ist besonders bekannt für die Vergabe der Goldenen Palme, die an den besten Film des Festivals geht. Das Festival zieht jährlich eine große Zahl von internationalen Filmgrößen an und dient als wichtige Plattform für die Präsentation neuer Filme.
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