Der Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi, hat kürzlich eine Entscheidung getroffen, die für Aufsehen sorgt: Kreuzfahrtschiffe mit einer Kapazität von mehr als 900 Passagieren dürfen künftig nicht mehr in den Gewässern der Mittelmeer-Stadt anlegen. Estrosi, der auch Vorsitzender der Metropolregion Nizza-Côte d'Azur ist, unterzeichnete am Freitag ein Dekret, das mit dem Ziel umgesetzt wird, den Massentourismus einzudämmen und das Erscheinungsbild der Region zu schützen. Der Bürgermeister erklärte, dass kleinere, luxuriösere Kreuzfahrtschiffe, die weniger Passagiere befördern, weiterhin den Hafen ansteuern dürften.
„Ausflugsschiffe ja, schwimmende Hochhäuser nein“, sagte Estrosi und betonte, dass das Verbot vor allem der Überlastung und den negativen Auswirkungen des Massentourismus entgegenwirken solle. Die kleineren Schiffe, die weniger als 900 Passagiere befördern, sollen sogar von verbesserten Anlegemöglichkeiten profitieren. So wird beispielsweise die Stromversorgung im Hafen ausgebaut, sodass die Schiffe während ihres Aufenthalts ihre Motoren abstellen können, was zur Reduktion von Emissionen beiträgt.
Doch die Entscheidung stieß auf scharfe Kritik. Der internationale Kreuzfahrtverband Clia reagierte am Samstag mit einer Stellungnahme, in der er die Maßnahme als „höchst erstaunt“ bezeichnete. Besonders überraschend sei dies, da für das Jahr 2025 ohnehin keine sehr großen Kreuzfahrtschiffe im Hafen von Nizza erwartet würden. Die Clia argumentierte, dass solche Verbote lediglich den Kreuzfahrt-Tourismus stigmatisieren würden, anstatt Lösungen für einen nachhaltigeren Tourismus zu finden.
Estrosis Dekret betrifft in diesem Jahr auch 34 mittelgroße Kreuzfahrtschiffe, die den Hafen von Nizza ansteuern wollen. Drei sehr große Schiffe sind für Villefranche-sur-Mer in der Nähe von Nizza geplant. Allerdings dürfen diese Schiffe zwar anlegen, jedoch nicht mit ihren Passagieren an Land gehen – eine Einschränkung, die den Kreuzfahrttourismus stark beeinflussen könnte.
Die Diskussion über den Massentourismus durch Kreuzfahrtschiffe gewinnt zunehmend an Bedeutung. Immer mehr Städte wenden sich gegen die umstrittenen Riesen-Schiffe, die massenhaft Touristen anlanden lassen, die oft wenig Geld in den Städten ausgeben, da sie auf den Schiffen verpflegt werden. Venedig hat bereits Maßnahmen ergriffen und das Anlegen von großen Kreuzfahrtschiffen in der Stadt verboten. Auch in Nizza gibt es Befürchtungen, dass der übermäßige Ansturm von Touristen die lokale Infrastruktur überlastet und das Stadtbild verändert.
Die Entscheidung von Estrosi wird daher als Teil eines wachsenden Widerstands gegen den Massentourismus durch Kreuzfahrtschiffe gesehen – ein Thema, das zunehmend zu einem politischen Streitpunkt an vielen beliebten Reisezielen wird.
OZD/AFP
OZD-Kommentar:
Ein erster Schritt gegen den Massentourismus oder nur Symbolpolitik?
Die Entscheidung von Christian Estrosi, große Kreuzfahrtschiffe aus dem Hafen von Nizza zu verbannen, ist ein klares Signal gegen den übermäßigen Massentourismus, der nicht nur das Stadtbild belastet, sondern auch die lokale Wirtschaft negativ beeinflussen kann. Die Kritik des Kreuzfahrtverbandes, der in dieser Maßnahme eine Stigmatisierung des Kreuzfahrttourismus sieht, kann teilweise nachvollzogen werden, doch Estrosi und viele andere Bürgermeister im Mittelmeerraum setzen mit ihren Entscheidungen einen dringenden Appell für eine nachhaltigere Form des Tourismus.
Es bleibt abzuwarten, ob diese Verbote wirklich zu einer spürbaren Veränderung in der Art und Weise führen, wie Tourismus in Städten wie Nizza gehandhabt wird. In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit und der Schutz von Kulturstätten immer mehr in den Fokus rücken, könnte dieses Verbot tatsächlich ein wichtiger Schritt zu einer verantwortungsbewussteren Tourismusindustrie sein. Doch die Frage, ob es mehr als ein symbolischer Akt bleibt, hängt davon ab, wie die Stadtregierung die Umsetzung und Kontrolle dieser Maßnahme gestaltet.
Prognose: In den kommenden Monaten könnten andere Mittelmeerstädte ähnliche Maßnahmen ergreifen, wenn sich der Erfolg von Nizza zeigt. Langfristig könnte sich der Trend hin zu einem nachhaltigeren Tourismus mit weniger Massenandrang fortsetzen – vorausgesetzt, es werden ausreichend Alternativen und Lösungen für den betroffenen Kreuzfahrtsektor gefunden.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Christian Estrosi?
Christian Estrosi ist ein französischer Politiker der konservativen Partei „Les Républicains“ und seit 2008 Bürgermeister von Nizza. Zudem ist er Vorsitzender der Metropolregion Nizza-Côte d'Azur. In seiner politischen Karriere setzt er sich häufig für eine wirtschaftliche und nachhaltige Entwicklung der Region ein. Estrosi ist ein Befürworter der Reduzierung von Massentourismus und hat zahlreiche Initiativen gestartet, um die Lebensqualität der Bewohner von Nizza zu erhöhen.
Was ist der internationale Kreuzfahrtverband (Clia)?
Die Cruise Lines International Association (Clia) ist der weltweite Verband der Kreuzfahrtindustrie und vertritt über 50 Mitglieder aus der Branche, darunter die großen internationalen Kreuzfahrtgesellschaften. Clia setzt sich für die Förderung des Kreuzfahrttourismus und für Nachhaltigkeitsinitiativen in der Branche ein und spricht sich regelmäßig gegen Maßnahmen aus, die den Kreuzfahrtsektor einschränken.
Alle Angaben ohne Gewähr.
Titelbild: AFP