Im Südlibanon ist es nach dem Ablauf einer entscheidenden Frist des Waffenruhe-Abkommens zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz zu schweren Auseinandersetzungen gekommen. Laut libanesischen Behörden sind mindestens 15 Menschen bei einem israelischen Beschuss getötet und zahlreiche weitere verletzt worden. Das libanesische Gesundheitsministerium in Beirut erklärte, dass israelische Soldaten gezielt auf zurückkehrende Bewohner mehrerer Dörfer geschossen hätten. Betroffen waren vor allem Ortschaften in der Nähe der Grenze, darunter auch Hula und Kfar Kila.
Die israelische Armee hingegen sprach von „Warnschüssen“, die abgefeuert wurden, um vermeintliche Bedrohungen zu beseitigen. Auch die UN-Friedenstruppe Unifil äußerte sich besorgt und warnte vor weiteren Gewaltausbrüchen. Das Abkommen, das am 27. November 2024 in Kraft trat, sah vor, dass israelische Truppen den Südlibanon innerhalb von 60 Tagen verlassen sollten. Doch obwohl diese Frist am Sonntag ablief, gab Israel bekannt, dass die Truppen vorerst bleiben werden.
Der Grund für den verzögerten Rückzug ist laut Benjamin Netanjahus Büro, dass das Waffenruhe-Abkommen vom Libanon nicht vollständig umgesetzt worden sei. Besonders die fehlende Rückkehr der Hisbollah-Miliz hinter den Fluss Litani wird als unzureichend betrachtet. Die libanesische Armee widerspricht dieser Darstellung und verweist auf die israelische Verzögerung bei der Umsetzung des Abkommens.
Trotz der unsicheren Lage versuchten hunderte Libanesen, in ihre Heimatdörfer zurückzukehren, was zu Spannungen und weiteren Konfrontationen mit den israelischen Truppen führte. Einige dieser Rückkehrer trugen Symbole der Hisbollah, was die ohnehin angespannte Situation weiter anheizte.
Der jüngste Vorfall hat die ohnehin fragilen Sicherheitsbedingungen im Südlibanon weiter destabilisiert. UN-Sonderkoordinatorin Jeanine Hennis-Plasschaert warnte, dass die Rückkehr der Zivilisten in das Grenzgebiet unter den gegenwärtigen Umständen zu gefährlich sei. Auch die israelische Armee nahm eine harte Haltung ein und forderte die Bewohner der betroffenen Gebiete auf, sich nicht von der Hisbollah ausnutzen zu lassen.
Obwohl der Waffenstillstand die direkte Konfrontation zwischen Israel und der Hisbollah zunächst beendet hatte, bleibt die Lage in der Grenzregion angespannt. Beide Seiten werfen sich weiterhin Verstöße vor und es ist fraglich, wie es mit der Waffenruhe und der Umsetzung des Abkommens weitergeht.
OZD/AFP
OZD-Kommentar:
"Verzögerte Rückkehr: Der Blick auf die geopolitische Instabilität im Libanon"
Die erneuten Eskalationen im Südlibanon sind ein klares Zeichen für die fragilen Bedingungen, unter denen das Waffenruhe-Abkommen zwischen Israel und der Hisbollah steht. Israelische „Warnschüsse“ und der wiederholte Verweis auf die unvollständige Umsetzung des Abkommens verdeutlichen, dass die geopolitischen Spannungen in der Region keineswegs überwunden sind.
Besonders problematisch ist die Lage im Grenzgebiet, das weiterhin ein Kampfplatz für politische Interessen und militärische Auseinandersetzungen bleibt. Die israelische Armee verharrt weiterhin im Südlibanon, was die Hoffnungen auf eine endgültige Stabilisierung der Region dämpft. Die Hisbollah ihrerseits bleibt eine bedeutende Akteurin, deren militärische Präsenz weiterhin eine Gefahr für die Sicherheit im gesamten Libanon darstellt.
Die internationale Gemeinschaft, vertreten durch die UN, mahnt zur Zurückhaltung, doch ohne eine nachhaltige politische Lösung wird sich die Sicherheitslage im Libanon weiterhin verschärfen. In den kommenden Wochen könnte die Situation weiter eskalieren, insbesondere wenn Israel seinen Rückzug aus dem Südlibanon nicht vollständig realisiert und die Hisbollah nicht hinter den Fluss Litani zurückgeht. Ein erneutes Aufflammen der Gewalt ist daher nicht auszuschließen.
Biographien und Erklärungen
Wer ist Benjamin Netanjahu?
Benjamin Netanjahu ist ein israelischer Politiker, der von 2009 bis 2021 als Premierminister diente. Er gehört der Likud-Partei an und ist eine prägende Figur der israelischen Politik. Netanjahu ist bekannt für seine harte Haltung gegenüber der palästinensischen Frage und seine Betonung der nationalen Sicherheit Israels. Weitere Informationen finden Sie auf der offiziellen Website des israelischen Premierministers: www.gov.il.
Wer ist Joseph Aoun?
Joseph Aoun ist der Präsident des Libanon, der seit 2021 im Amt ist. Aoun ist ein ehemaliger General der libanesischen Armee und spielte eine wichtige Rolle in der militärischen Führung des Landes, insbesondere in der Bekämpfung von Extremismus. Als Präsident wird er als moderater Akteur angesehen, der sich für die Stabilisierung des Landes und den Erhalt des Friedens einsetzt. Weitere Details zu Aoun finden sich auf seiner offiziellen Webseite.
Was ist die Hisbollah?
Die Hisbollah ist eine libanesische schiitische paramilitärische und politische Organisation, die 1982 gegründet wurde und heute sowohl eine bedeutende politische Kraft im Libanon als auch eine militärische Miliz ist. Die Gruppe wird vom Iran unterstützt und ist bekannt für ihre Konfrontationen mit Israel. Die Hisbollah gilt als Terrororganisation in vielen westlichen Ländern, hat jedoch im Libanon und der Region beträchtlichen Einfluss.
Was ist die UNIFIL?
Die UNIFIL (United Nations Interim Force in Lebanon) ist eine von den Vereinten Nationen geführte Friedenstruppe, die 1978 im Libanon stationiert wurde, um den Frieden entlang der Grenze zu Israel zu überwachen. UNIFIL spielt eine zentrale Rolle in der Stabilisierung des Libanon, ist aber immer wieder mit Herausforderungen durch Konflikte und militärische Auseinandersetzungen konfrontiert.
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Titelbild: AFP
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