Der Alltag vieler Familien wird zunehmend von unzuverlässigen Betreuungszeiten in Kita(s) und Ganztagsschulen erschwert. Eine aktuelle Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung zeigt das Ausmaß: 59 Prozent der erwerbstätigen Eltern waren im Herbst 2024 von verkürzten Betreuungszeiten oder sogar kurzfristigen Schließungen betroffen. Die Folge: massive Einschränkungen im Berufsleben, gestresste Familien und eine wachsende Unzufriedenheit mit der Kinderbetreuungspolitik.
Eltern müssen flexibel sein – aber wie lange noch?
Fast
ein Drittel der betroffenen Eltern berichtete von mindestens zwei
ausgefallenen Betreuungstagen innerhalb von drei Monaten. Knapp vier
Prozent mussten sogar mehr als zehn Fehltage in diesem Zeitraum
verkraften. Der Hauptgrund: massiver Personalmangel aufgrund von
Erkrankungen oder fehlendem Ersatzpersonal.
Die Auswirkungen auf die Eltern sind gravierend: 33 Prozent der Väter und 40 Prozent der Mütter mussten ihre Arbeitszeit reduzieren, um die Betreuung ihrer Kinder sicherzustellen. Knapp die Hälfte der Betroffenen nahm während der Ausfälle Urlaub oder baute Überstunden ab – ein kostspieliger Kompromiss, der langfristig nicht tragbar ist. Andere mussten auf familiäre Netzwerke zurückgreifen: 41 Prozent der Mütter und 47 Prozent der Väter organisierten Verwandte oder Freunde als Ersatzbetreuung.
Mütter besonders betroffen
Die
Daten zeigen zudem: Frauen tragen die Hauptlast der Betreuungskrise.
Während sich Väter häufiger auf alternative Betreuungsmöglichkeiten
stützen können, sind Mütter in vielen Fällen gezwungen, ihre Arbeitszeit
direkt zu reduzieren. Das bestätigt den bekannten Trend, dass
Krisensituationen wie Personalmangel in Kita(s) oder Schulschließungen
besonders Frauen im Berufsleben zurückwerfen.
Ein systemisches Problem
Die
wachsenden Betreuungslücken sind kein zufälliges Phänomen, sondern
Symptom eines tiefergehenden Problems: Es fehlt an qualifiziertem
Personal, Investitionen und einer verlässlichen Strategie zur
Absicherung des Betreuungsangebots. Solange keine nachhaltigen Lösungen
gefunden werden, bleibt die Belastung für Eltern hoch – mit negativen
Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die Vereinbarkeit von Familie und
Beruf.
OZD / AFP
Kommentar:
Familien unter Druck: Der Betreuungsmangel ist eine tickende Zeitbombe
Dass immer mehr Eltern über ausgefallene Betreuungstage klagen, ist ein ernstes Warnsignal. Hier geht es nicht nur um den kurzfristigen Ärger gestresster Eltern, sondern um die grundlegende Funktionsfähigkeit des Bildungssystems und des Arbeitsmarktes.
Besonders Mütter sind betroffen: Wer seine Arbeitszeit immer wieder reduzieren muss, um die Betreuungslücke zu schließen, wird langfristig in der Karriere ausgebremst. Das verschärft die ohnehin bestehende Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. Gleichzeitig sind auch Unternehmen betroffen – wenn ihre Mitarbeiter ständig ausfallen, leidet die Produktivität.
Doch die Politik reagiert nur langsam. Der massive Fachkräftemangel in Kita(s) und Ganztagsschulen ist seit Jahren bekannt, doch nachhaltige Lösungen fehlen. Statt verlässlicher Strukturen gibt es nur Notlösungen, auf Kosten der Eltern.
Prognose: Sollte sich an der Personalsituation nichts ändern, wird sich der Betreuungsausfall in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Arbeitgeber müssen sich darauf einstellen, dass Beschäftigte mit Kindern noch häufiger ausfallen – und Familien werden weiter auf sich allein gestellt sein.
Was ist die Hans-Böckler-Stiftung?
Die Hans-Böckler-Stiftung ist die Mitbestimmungs-, Forschungs- und Studienförderungsorganisation des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). Sie wurde nach dem ersten DGB-Vorsitzenden Hans Böckler benannt und widmet sich arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Themen. Die Stiftung finanziert wissenschaftliche Untersuchungen und unterstützt Studierende mit Stipendien. Mehr Infos unter: hans-boeckler.de
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild OZD
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