Am Vortag einer geplanten Geiselfreilassung erhebt die Hamas schwere Vorwürfe gegen Israel. Die islamistische Organisation beschuldigt die israelische Regierung, Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu behindern. Ein Hamas-Vertreter warnte am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur AFP: "Wir warnen davor, dass fortgesetzte Verzögerungen (...) den natürlichen Verlauf des Abkommens, einschließlich des Gefangenenaustauschs, beeinträchtigen werden."
Nach Angaben eines weiteren Hamas-Vertreters wandte sich die Gruppe an ägyptische Vermittler, um in den Verhandlungen in Kairo Druck auf Israel auszuüben. Hauptkritikpunkt der Hamas ist die angebliche Verzögerung von Lieferungen essenzieller Güter wie Treibstoff, Zelte und schweres Gerät. Dies stehe im Widerspruch zu den Vereinbarungen der laufenden Waffenruhe.
Trotz dieser Spannungen soll am Donnerstag die Freilassung von drei weiteren Geiseln erfolgen: Die Zivilistin Arbel Yehud, die Soldatin Agam Berger und eine weitere Person. Yehud soll Medienberichten zufolge familiäre Verbindungen nach Deutschland haben.
Die israelische Regierung hatte am Montag bestätigt, dass von den insgesamt noch 26 Geiseln, die im Rahmen der ersten Phase der im Januar vereinbarten Waffenruhe freikommen sollten, acht bereits tot seien. In den vergangenen Wochen kehrten bereits sieben weibliche Geiseln nach Israel zurück.
Nach der geplanten Freilassung am Donnerstag sollen am Samstag drei weitere Geiseln folgen. Als Gegenleistung entließ Israel bisher 290 Häftlinge, darunter 289 Palästinenser, aus den Gefängnissen.
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OZD-Kommentar:
Waffenruhe oder strategisches Kräftemessen?
Die aktuellen Spannungen zeigen, wie fragil das Abkommen zwischen Israel und der Hamas ist. Die gegenseitigen Vorwürfe und Drohungen verdeutlichen, dass jede Verzögerung sofort als politisches Druckmittel genutzt wird. Israel steht international unter Beobachtung und muss sich gegen den Vorwurf verteidigen, humanitäre Hilfen zu blockieren. Auf der anderen Seite dürfte die Hamas kaum Interesse daran haben, die eigene Verhandlungsposition durch eine Eskalation zu schwächen.
Sollten die Gespräche in Kairo nicht schnell Fortschritte bringen, könnte das Abkommen ernsthaft ins Wanken geraten. In den kommenden Wochen könnten sich internationale Vermittler wie Ägypten oder Katar verstärkt einschalten, um den brüchigen Waffenstillstand zu stabilisieren.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Arbel Yehud? Arbel Yehud ist eine israelische Zivilistin, die sich unter den Geiseln der Hamas befand. Laut Medienberichten hat sie familiäre Wurzeln in Deutschland. Weitere persönliche Informationen wurden aus Sicherheitsgründen nicht veröffentlicht.
Wer ist Agam Berger? Agam Berger ist eine israelische Soldatin, die von der Hamas entführt wurde. Sie dient in den israelischen Streitkräften und ist eine der Geiseln, die im Rahmen des aktuellen Abkommens freikommen soll.
Was ist die Hamas? Die Hamas ist eine palästinensische Organisation, die den Gazastreifen kontrolliert. Sie wurde 1987 gegründet und verfolgt das Ziel, einen islamischen Staat in Palästina zu etablieren. Die EU, die USA und weitere Staaten stufen die Hamas als Terrororganisation ein. Sie ist militärisch und politisch aktiv und befindet sich seit Jahren in Konflikt mit Israel.
Was ist das aktuelle Waffenruhe-Abkommen? Das Waffenruhe-Abkommen wurde Mitte Januar 2025 zwischen Israel und der Hamas ausgehandelt. Es beinhaltet unter anderem den Austausch von Geiseln gegen palästinensische Häftlinge sowie die Lieferung humanitärer Hilfsgüter in den Gazastreifen. Vermittelt wurde es vor allem durch Ägypten und Katar.
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