Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat massive Sicherheitsmängel für weibliche Spitzenpolitiker in Deutschland kritisiert. In einem Interview mit dem "Zeit Magazin" erklärte sie: "Ich bin einfach für eine bestimmte Gruppe - da spielen Rechtsextreme, Putin-Trolle und auch toxische Männlichkeit mit rein - eine Zielscheibe." Laut einer Vorabmeldung vom Mittwoch betonte sie, dass Sicherheitskräfte auf bestimmte Bedrohungsformen, wie sexualisierte Gewalt oder Deepfake-Pornos, nicht vorbereitet seien: "Weil es das bei Männern nicht so gibt."
Die Angriffe auf sie haben auch private Konsequenzen. "Als ich im Urlaub war, wurde meine Wohnung auf Wanzen durchsucht. Das sind Sachen, die vergesse ich nicht", schilderte Baerbock. Neben einem direkten Mordaufruf sei sie auch mit Stalkern konfrontiert gewesen.
Seit Beginn des Ukraine-Kriegs habe sich die Bedrohungslage verschärft, vor allem durch russische Einflussnahme. Baerbock verweist auf Beispiele wie die Präsidentin Moldaus, deren private Chats gehackt wurden. "Dann kursierten Fotos mit gefälschten Chatverläufen - vor so etwas habe ich mehr Angst als davor, dass mein Auto in die Luft fliegt", erklärte sie.
Das Interview ist Teil eines Langzeitprojekts des "Zeit Magazins", in dem Baerbock zwischen 2020 und 2025 sieben Mal zu Veränderungen in ihrem Leben befragt wurde.
OZD / ©AFP
OZD-Kommentar:
Sicherheitsrisiko für Politikerinnen: Ein unterschätztes Problem?
Baerbocks Aussagen werfen ein Schlaglicht auf ein oft vernachlässigtes Thema: die gezielte Bedrohung von Politikerinnen. Während Männer im politischen Raum oft mit allgemeiner Gewalt konfrontiert sind, werden Frauen häufig Opfer von sexualisierten Drohungen und gezielter Rufschädigung. Diese Form der Einschüchterung kann langfristig demokratische Strukturen gefährden, wenn Frauen sich aus Angst vor Anfeindungen weniger in die Politik wagen.
Es bleibt abzuwarten, ob die Bundesregierung auf diese alarmierenden Entwicklungen reagiert. In den kommenden Wochen könnte das Thema verstärkt in den Fokus rücken, insbesondere mit Blick auf internationale Bedrohungen durch Desinformationskampagnen und Cyberangriffe.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Annalena Baerbock? Annalena Baerbock ist seit 2021 deutsche Bundesaußenministerin und Mitglied der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Zuvor war sie seit 2013 Bundestagsabgeordnete und von 2018 bis 2022 Co-Vorsitzende ihrer Partei. Ihre politische Schwerpunkte liegen in der Klimapolitik, europäischen Zusammenarbeit und Menschenrechten. Seit dem Ukraine-Krieg engagiert sie sich stark für eine harte Linie gegen Russland und setzt sich für Waffenlieferungen an die Ukraine ein.
Was ist das "Zeit Magazin"? Das "Zeit Magazin" ist ein wöchentlich erscheinendes Magazin der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit". Es bietet Reportagen, Interviews und Hintergrundberichte zu gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Themen. Das Magazin ist bekannt für seine tiefgehenden Porträts und Langzeitinterviews.
Alle Angaben ohne Gewähr.
Titelbild: AFP