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Politischer Eklat: AfD unterstützt Unionsantrag

Erstmals hat die AfD einem Antrag der CDU/CSU-Fraktion zur Migration im Bundestag zum Erfolg verholfen. SPD, Grüne und Linke reagieren mit heftiger Kritik an Unions-Chef Friedrich Merz. Ist die „Brandmauer“ gegen die AfD gefallen?

Ein beispielloser Vorgang im Bundestag: Mit Unterstützung der AfD wurde am Mittwoch ein Migrationsantrag der Union angenommen. Der Antrag fordert unter anderem eine umfassende Zurückweisung von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen. Neben CDU und CSU stimmten auch die FDP und die AfD dafür – eine politische Konstellation, die für heftige Debatten sorgte.

Die namentliche Abstimmung ergab 348 Ja-Stimmen bei 345 Nein-Stimmen und zehn Enthaltungen. Direkt nach Bekanntgabe des Ergebnisses beantragten SPD und Grüne eine Sitzungsunterbrechung, die rund 30 Minuten dauerte.

Heftige Kritik an Friedrich Merz

Die Entscheidung sorgte für Empörung bei SPD, Grünen und Linken. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich warf der Union vor, aus der „politischen Mitte dieses Hauses“ auszubrechen. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sprach von einem „historischen Tag – im negativen Sinne“. Linken-Gruppenchefin Heidi Reichinnek ging noch weiter und forderte SPD und Grüne auf, eine künftige Koalition mit der Union auszuschließen.

CDU-Chef Friedrich Merz verteidigte die Abstimmung. „Wir lassen uns nicht das Recht absprechen, Anträge zu stellen, die wir für richtig halten“, sagte er. Gleichzeitig bedauerte er, dass der Antrag mit AfD-Stimmen angenommen wurde. Dennoch bot er der Regierung an, bis Freitag gemeinsam an einem neuen Migrationsgesetz zu arbeiten.

AfD-Fraktionsgeschäftsführer Bernd Baumann feierte das Ergebnis als „historischen Moment“. Deutschland erlebe nun das „Ende der rot-grünen Dominanz – für immer“, sagte er.

Hintergrund: Messerangriff als Auslöser

Der Antrag der Union geht auf den Messerangriff von Aschaffenburg zurück, bei dem zwei Menschen starben. Nach der Tat hatte Merz angekündigt, härtere Maßnahmen zur Begrenzung der Migration durchzusetzen.

Ein zweiter Antrag der Union, der den Sicherheitsbehörden mehr Befugnisse geben sollte, scheiterte jedoch. Die AfD hatte ihn im Vorfeld nicht unterstützt.

Am Freitag steht eine weitere Abstimmung an: Die Union bringt ein sogenanntes Zustrombegrenzungsgesetz ein. Neben CDU/CSU und AfD wollen auch FDP und BSW dafür stimmen – die Annahme gilt daher als wahrscheinlich.

Das Gesetz sieht drei zentrale Maßnahmen vor:

Migration soll als zu begrenzendes Ziel im Aufenthaltsgesetz festgeschrieben werdenDer Familiennachzug für subsidiär Schutzbedürftige soll gestoppt werdenDie Bundespolizei soll eigenständig Haftanträge für Ausreisepflichtige stellen können

OZD / ©AFP


OZD-Kommentar:

Union zwischen Strategie und Tabubruch

Die Abstimmung vom Mittwoch markiert einen Wendepunkt in der deutschen Politik. Noch vor wenigen Jahren galt es als ausgeschlossen, dass CDU/CSU mit AfD-Stimmen Mehrheiten sichern würden. Nun ist genau das geschehen – und die politische Debatte ist entsprechend aufgeheizt.

Friedrich Merz hat sich mit dieser Abstimmung in eine riskante Lage manövriert. Einerseits hat er die Position der Union in der Migrationsdebatte gestärkt und sich als entschlossener Gegner der Ampel-Regierung präsentiert. Andererseits öffnet er damit Tür und Tor für den Vorwurf, die „Brandmauer“ zur AfD aufzuweichen.

Besonders brisant: Am Freitag könnte sich die Situation mit dem Zustrombegrenzungsgesetz wiederholen. Sollte auch dieses Gesetz mit AfD-Stimmen beschlossen werden, dürfte der politische Schaden für die Union noch größer werden – oder aber, es entsteht eine neue Realität im Bundestag, in der Mehrheiten mit AfD-Unterstützung nicht mehr automatisch als Tabu gelten.

Die kommenden Tage werden zeigen, ob Merz seine Strategie beibehalten oder sich von der AfD-Abstimmung distanzieren wird.


Biographien und Erklärungen:

Wer ist Friedrich Merz?
Friedrich Merz ist seit 2022 Vorsitzender der CDU und Fraktionschef der Union im Bundestag. Er gilt als wirtschaftsliberal und konservativ und positioniert sich als scharfer Kritiker der Ampel-Regierung.

Was bedeutet „Brandmauer gegen die AfD“?
Die sogenannte Brandmauer bezeichnet die politische Strategie von CDU/CSU, jegliche Zusammenarbeit mit der AfD strikt auszuschließen. Mit der aktuellen Abstimmung wird darüber neu diskutiert.

Was ist das Zustrombegrenzungsgesetz?
Das Gesetz soll Migration stärker einschränken, unter anderem durch eine Festschreibung im Aufenthaltsrecht und einen Stopp des Familiennachzugs für subsidiär Schutzbedürftige.

Was bedeutet subsidiärer Schutz?
Personen mit subsidiärem Schutzstatus sind keine anerkannten Flüchtlinge, genießen aber vorübergehenden Schutz, wenn ihnen im Herkunftsland ernsthafte Gefahr droht. Sie dürfen aktuell unter bestimmten Bedingungen Familienangehörige nach Deutschland nachholen.


Alle Angaben ohne Gewähr.

Titelbild: AFP