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Die Union und ihr AfD-Dilemma (Kommentar: die Geister, die ich rief ...)

Zwischen Sachzwang und Tabubruch

Die Abstimmung im Bundestag zur Migrationspolitik hat eine politische Zäsur markiert. Mit den Stimmen der AfD konnte die CDU/CSU-Fraktion ihren Antrag durchbringen – ein historischer Vorgang, der die Grundsatzfrage aufwirft: Was tun, wenn die Falschen das Richtige wollen?

Die Union verteidigt ihr Vorgehen mit Sachpolitik. Schließlich sei es nicht entscheidend, wer zustimmt, sondern worüber abgestimmt wird. Doch so einfach ist es nicht. Denn Politik ist nicht nur eine Frage von Inhalten, sondern auch von Haltungen, Grenzen und Symbolik. In einer Zeit, in der die AfD in Teilen als rechtsextremistisch eingestuft wird, ist jede Form der Zusammenarbeit hochbrisant – selbst dann, wenn sie rein arithmetisch geschieht.

Die CDU und ihr strategisches Dilemma

Für Friedrich Merz ist die Abstimmung ein taktischer Drahtseilakt mit enormen Risiken. Er wollte die Ampel mit einer harten Migrationspolitik unter Druck setzen – doch nun muss er sich gegen den Vorwurf verteidigen, die "Brandmauer" zur AfD eingerissen zu haben. Noch im Sommer 2023 hatte Merz betont, dass die CDU „keinerlei Zusammenarbeit mit der AfD“ eingehen werde. Doch was passiert, wenn eine Partei, die man abgrenzt, einen Antrag trotzdem unterstützt?

Die SPD, Grünen und Linken sprechen von einem „Dammbruch“, die AfD feiert den „historischen Moment“, und Merz? Steckt in der Falle. Denn die zentrale Frage bleibt: Wie werde ich die Geister, die ich rief, wieder los?

Sachpolitik oder Parteipolitik?

Die Union argumentiert, sie betreibe reine Sachpolitik – doch das greift zu kurz. Politik ist immer auch Parteipolitik. Friedrich Merz wusste, dass sein Antrag ohne AfD-Stimmen keine Chance hatte. Er wusste, dass die FDP zustimmen würde. Und er wusste auch, dass die AfD diese Gelegenheit nutzen würde, um die CDU weiter unter Druck zu setzen.

Hier wird deutlich, dass Merz nicht nur an Sachfragen interessiert ist, sondern auch an Machtstrategien. Der CDU-Chef hat bewusst in Kauf genommen, dass sich die CDU-Fraktion auf eine riskante Dynamik einlässt. Die AfD wird nun versuchen, die Union in weiteren Abstimmungen in eine ähnliche Lage zu bringen – um die Brandmauer weiter einzureißen.

Was nun, Herr Merz?

Merz steht vor einer unangenehmen Realität: Er kann nicht beides haben. Entweder er hält die Brandmauer zur AfD konsequent aufrecht – dann kann er in entscheidenden Abstimmungen keine Mehrheiten ohne die Ampel organisieren. Oder er setzt auf knallharte Oppositionspolitik – dann wird er in Kauf nehmen müssen, dass die AfD seine Vorlagen unterstützt.

Doch wenn er diesen Kurs beibehält, wird die politische Konkurrenz nicht müde werden, ihn in eine Ecke mit der AfD zu stellen. Die Union könnte damit einen entscheidenden Teil ihrer Wähler verschrecken: Diejenigen, die eine klare Abgrenzung zu Rechtspopulisten fordern, aber zugleich eine straffere Migrationspolitik befürworten.

Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Merz diese Strategie fortsetzt oder zurückrudert. Eines ist sicher: Die Geister der AfD wird er nicht so leicht los.

OZD

Bild: OZD Hier ist das Bild zur politischen Debatte im Bundestag – mit Friedrich Merz im Zentrum, umgeben von schemenhaften Schatten der AfD und empörten Politikern von SPD und Grünen. Die angespannte Atmosphäre unterstreicht die Brisanz der Abstimmung