Die wirtschaftliche Schwäche Deutschlands setzt sich ungebremst fort. Wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte, schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im vierten Quartal 2024 um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Noch Mitte Januar war die Behörde von einem geringeren Rückgang von nur 0,1 Prozent ausgegangen. Damit bestätigten sich die düsteren Prognosen der Ökonomen, die keinerlei Hinweise auf eine baldige Erholung sehen.
Während die privaten und staatlichen Konsumausgaben leicht anstiegen, bremste ein erheblicher Exportrückgang die Wirtschaft zusätzlich aus. Das Statistikamt bezeichnete das vergangene Jahr als von „konjunkturellen wie strukturellen Herausforderungen geprägt“, die Deutschland mit einem Minus beendete.
Nicht nur das vierte Quartal verlief schwach – auch im Gesamtjahr 2024 schrumpfte die deutsche Wirtschaft preisbereinigt um 0,2 Prozent. Diese Zahl deckt sich mit der ersten Schätzung von Mitte Januar. Besonders besorgniserregend: Im Vergleich zum Vorjahresquartal lag das BIP um 0,4 Prozent niedriger.
Für viele Wirtschaftsexperten ist das ein eindeutiges Alarmsignal. Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien, analysiert die Lage drastisch: „Die deutsche Wirtschaft steckt in einer hartnäckigen Stagnation fest und es gibt keinerlei Anzeichen für eine Erholung.“
Zu den Hauptproblemen zählt die schwächelnde Exportwirtschaft, die unter Chinas aggressiver Industriepolitik leidet. Gleichzeitig sorgen die weiterhin hohen Energiepreise, bedingt durch die russische Invasion in der Ukraine, für zusätzliche Belastungen. Ein weiteres Problemfeld ist die politische Unsicherheit: Die anstehende Bundestagswahl und die von Ex-US-Präsident Donald Trump angedrohten Strafzölle verunsichern die Unternehmen zusätzlich.
Auch Nils Jannsen vom Institut für Wirtschaftsforschung (IfW) Kiel sieht schwarz für Deutschland: „Die deutsche Wirtschaft startet geschwächt in Trumps zweite Amtszeit. Die Chance, dass sich Deutschland 2025 aus der Stagnation befreit, ist gering.“ International verliere die Bundesrepublik den Anschluss, und weitere Rückschläge durch neue Handelsbarrieren oder geopolitische Spannungen wären für die angeschlagene Wirtschaft deutlich schmerzhafter als für viele andere Länder.
Dass es sich nicht um eine kurzfristige Schwächephase handelt, betont auch ING-Analyst Carsten Brzeski. Während Anfang der 2000er Jahre die hohe Arbeitslosigkeit und der „starre Arbeitsmarkt“ als Hauptprobleme galten, seien die aktuellen Herausforderungen „viel vielfältiger und damit noch schwieriger zu lösen als vor 20 Jahren“.
Die Bundesregierung reagierte bereits auf die schlechten Aussichten und korrigierte ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum 2025 am Mittwoch drastisch nach unten – von ursprünglich 1,1 Prozent auf nur noch 0,3 Prozent.
OZD / AFP
Deutschlands Wirtschaft in der Sackgasse – ein hausgemachtes Problem?
Deutschlands Wirtschaft leidet – und ein Ende der Krise ist nicht in Sicht. Während andere Länder sich wirtschaftlich stabilisieren, bleibt die Bundesrepublik im Krisenmodus. Doch woran liegt das?
Es ist nicht nur die schwächelnde Weltkonjunktur, die Deutschland ausbremst. Die massiven Standortnachteile durch hohe Energiepreise, überbordende Bürokratie und eine zögerliche Digitalisierung machen das Land zunehmend unattraktiv für Investitionen. Hinzu kommen politische Unsicherheiten und der drohende Handelskrieg mit den USA.
Statt zukunftsweisende Reformen voranzutreiben, verharrt die Regierung in reaktiven Maßnahmen. Doch ohne mutige wirtschaftspolitische Entscheidungen wird Deutschland weiter an Wettbewerbsfähigkeit verlieren.
Prognose: Das Jahr 2025 wird nicht die erhoffte Wende bringen. Der wirtschaftliche Stillstand könnte sich verfestigen, während andere Nationen davonziehen. Ohne strukturelle Reformen droht Deutschland langfristig den Anschluss an die Weltwirtschaft zu verlieren.
Erklärungen to go:
Wer ist Sebastian Dullien?
Sebastian Dullien ist wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Als anerkannter Ökonom beschäftigt er sich intensiv mit Konjunktur- und Wirtschaftspolitik. Dullien ist bekannt für seine kritischen Analysen zur wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland und setzt sich für wirtschaftspolitische Reformen ein.
Wer ist Nils Jannsen?
Nils Jannsen ist Wirtschaftsforscher am Institut für Weltwirtschaft (IfW) Kiel. Er analysiert insbesondere die wirtschaftlichen Auswirkungen von globalen Krisen und politischen Entscheidungen. Seine Einschätzungen zur deutschen Wirtschaft zeigen oft eine kritische Perspektive auf die wirtschaftspolitischen Herausforderungen der Bundesregierung.
Was ist das Statistische Bundesamt?
Das Statistische Bundesamt (Destatis) mit Sitz in Wiesbaden ist die zentrale Behörde für amtliche Statistik in Deutschland. Es erhebt und analysiert Daten zu Wirtschaft, Bevölkerung und Gesellschaft. Die BIP-Zahlen sind eine der wichtigsten Wirtschaftsstatistiken, da sie die gesamtwirtschaftliche Leistung des Landes widerspiegeln.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP
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