Die politische Debatte in Deutschland kocht hoch: CDU-Chef Friedrich Merz sieht sich mit scharfen Vorwürfen konfrontiert, nachdem das von der Union initiierte Migrationsgesetz mit den Stimmen der AfD beschlossen wurde. Doch der Unionsfraktionschef wehrt sich entschieden gegen jeglichen Verdacht einer Zusammenarbeit mit der rechten Partei. "Von meiner Partei aus reicht niemand der AfD die Hand", erklärte Merz am Freitag im Bundestag während der hitzigen Debatte über das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz. "Es gibt keine tieferen Gräben als zwischen uns und dieser Fraktion."
Das Gesetz, das die Migration strenger regulieren soll, wurde mit den Stimmen von CDU/CSU, AfD, FDP und BSW verabschiedet – eine Kombination, die für scharfe Kritik sorgte. Bereits am Mittwoch hatte die Union für einen Entschließungsantrag zur Verschärfung der Migrationspolitik ebenfalls die Unterstützung der AfD erhalten. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten: Merz musste sich dem Vorwurf stellen, sich von der AfD die Mehrheiten organisieren zu lassen.
In seiner Rede wies er diese Anschuldigungen zurück: "Es ist eine Zusammenarbeit der CDU/CSU mit der AfD konstruiert worden." Sein Ziel sei es vielmehr, "alles zu tun, damit diese Partei nicht weiter wächst und dass sie möglichst bald wieder eine Randerscheinung im politischen Spektrum" werde. "Da gehört sie hin", so Merz weiter.
Besonders brisant wurde die Debatte durch eine direkte Nachfrage des Grünen-Chefs Felix Banaszak. Dieser wollte wissen, ob Merz kategorisch ausschließen könne, sich mit den Stimmen der AfD zum Bundeskanzler wählen zu lassen oder eine Minderheitsregierung unter Duldung der AfD zu bilden. Die Antwort von Merz fiel unmissverständlich aus: "Es ist und bleibt klar, dass wir uns von dieser Fraktion hier nicht in eine Mehrheit oder in eine Bundesregierung bringen lassen." Gleichzeitig kritisierte er die Fragestellung als "Suggestivfragen", die darauf abzielten, ihm eine Zusammenarbeit zu unterstellen.
Trotz der hitzigen Debatte verteidigte Merz den Inhalt des Gesetzes. Angesichts wachsender Sorgen in der Bevölkerung über die Sicherheit des Landes sei es die Aufgabe der Politik, "die richtigen Entscheidungen zu treffen", argumentierte der CDU-Politiker.
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OZD-Kommentar
Union und AfD: Ein gefährliches Spiel mit dem Feuer?
Die jüngsten Ereignisse um das Migrationsgesetz offenbaren ein politisches Dilemma für die Union. Friedrich Merz betont zwar mit aller Kraft, dass seine Partei jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ablehnt – doch das Abstimmungsverhalten lässt Fragen offen. Fakt ist: Die Union konnte das Gesetz nur dank der Stimmen der AfD durchbringen. Dass eine solche Konstellation weder zufällig noch unerwartet zustande kam, ist offensichtlich.
Der Druck auf Merz wächst. Die politische Konkurrenz nutzt die Gelegenheit, um ihm eine Annäherung an die AfD zu unterstellen, und innerhalb der CDU gibt es Stimmen, die die Strategie des Parteichefs kritisch sehen. Dabei ist das eigentliche Problem viel tiefgreifender: Das rechte Wählerlager gewinnt an Einfluss, während traditionelle Parteien an Zuspruch verlieren.
Die Union steckt damit in einem Dilemma. Einerseits will sie sich klar von der AfD abgrenzen, andererseits scheint sie sich auf parlamentarischer Ebene nicht immer aus eigener Kraft durchsetzen zu können. Genau dieser Widerspruch könnte der CDU in Zukunft noch größere Probleme bereiten. Denn spätestens bei der nächsten Bundestagswahl wird sich zeigen, ob die Wähler eine solche Strategie honorieren – oder ob die AfD als vermeintlicher „Gewinner“ aus dieser Debatte hervorgeht.
Prognose:
Der
Druck auf Merz wird nicht abnehmen. Politische Gegner werden weiterhin
versuchen, ihm eine Nähe zur AfD zu unterstellen. Gleichzeitig dürfte
die Migrationsdebatte weiter an Brisanz gewinnen, da sich die
Unzufriedenheit in der Bevölkerung verstärkt. Sollten CDU und CSU in den
Umfragen weiter schwächeln, könnte die parteiinterne Diskussion über
den künftigen Kurs noch heftiger werden.
Biographien und Erklärungen
Wer ist Friedrich Merz?
Friedrich Merz ist seit 2022 Parteivorsitzender der CDU und Fraktionschef der Union im Bundestag. Der Jurist und Wirtschaftsexperte galt lange als Konservativer und wirtschaftsliberaler Vordenker der Partei. Nach einem politischen Rückzug Anfang der 2000er-Jahre kehrte er 2018 auf die große Bühne zurück und setzte sich schließlich gegen seine innerparteilichen Konkurrenten durch. Sein Ziel: Die CDU wieder als bürgerlich-konservative Kraft zu etablieren und Wähler von der AfD zurückzugewinnen.
Was ist das Zustrombegrenzungsgesetz?
Das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz ist ein Gesetzespaket zur Regulierung der Migration nach Deutschland. Es sieht unter anderem verschärfte Maßnahmen zur Begrenzung des Zuzugs von Asylsuchenden sowie schnellere Abschiebungen vor. Das Gesetz wurde von der Union eingebracht und mit Unterstützung der AfD, FDP und BSW verabschiedet. Kritiker werfen der Union vor, mit rechten Kräften gemeinsame Sache gemacht zu haben, während Befürworter das Gesetz als notwendigen Schritt zur Stabilisierung der Migrationspolitik ansehen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP