In Belgien haben sich fünf Parteien mehr als sieben Monate nach der Parlamentswahl auf die Bildung einer neuen Regierung geeinigt. Der flämische Rechtsnationalist Bart De Wever, der mit der Regierungsbildung beauftragt war, informierte den belgischen König Philippe am Freitagabend kurz vor Ablauf einer selbstgesetzten Frist über die Einigung, wie der königliche Palast mitteilte. Es wird erwartet, dass De Wever den Posten des Regierungschefs übernehmen wird.
Die Vereidigung der neuen Regierung könnte bereits in den kommenden Tagen erfolgen.
Bei der Parlamentswahl am 9. Juni wurde De Wevers Neu-Flämische Allianz (N-VA) stärkste Kraft, gefolgt von der rechtsextremen flämischen Partei Vlaams Belang. Aufgrund andauernder Streitigkeiten unter den Parteien hatte De Wever Ende August sein Verhandlungsmandat zunächst niedergelegt, wurde jedoch von König Philippe nach einem kurzen Intermezzo erneut mit der Regierungsbildung beauftragt.
De Wevers N-VA war zwischen 2014 und 2018 nur einmal an einer Regierung beteiligt. An der nun von ihr geführten Fünf-Parteien-Koalition sind die liberale Partei MR, die zentristische Partei Les Engagés sowie die flämischen Christdemokraten und die flämischen Sozialisten beteiligt.
Regierungsbildungen in Belgien gestalten sich traditionell schwierig. Das föderale Parlament ist stark zersplittert, da die meisten Parteien nicht landesweit antreten, sondern nur in bestimmten Regionen – dem französischsprachigen Süden, dem niederländischsprachigen Norden oder der Hauptstadtregion Brüssel.
OZD/AFP
OZD-Kommentar:
Belgiens komplizierte Regierungsbildung – ein strukturelles Problem?
Belgien ist bekannt für seine langwierigen Koalitionsverhandlungen. Die Zersplitterung des Parlaments entlang sprachlicher und ideologischer Linien macht Kompromisse oft schwer. Diesmal hat es wieder mehr als sieben Monate gedauert – ein weiteres Beispiel für die Herausforderungen des belgischen Föderalismus.
Mit Bart De Wever übernimmt nun ein Vertreter der flämischen Nationalisten die Führung, was neue politische Spannungen zwischen Flandern und der Wallonie mit sich bringen könnte. Die Regierungsbildung könnte Auswirkungen auf die Stabilität des Landes und künftige Unabhängigkeitsdebatten haben.
Prognose: In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob die neue Koalition stabil bleibt oder ob Belgien erneut eine Phase der politischen Unsicherheit erlebt.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Bart De Wever?
Bart De Wever ist ein belgischer Politiker und Vorsitzender der Neu-Flämischen Allianz (N-VA). Seit Jahren setzt er sich für eine stärkere Autonomie Flanderns ein. Er ist bekannt für seine nationalistische Rhetorik und sein wirtschaftsliberales Programm.
Was ist die Neu-Flämische Allianz (N-VA)?
Die Neu-Flämische Allianz (N-VA) ist eine flämisch-nationalistische Partei, die sich für eine größere Eigenständigkeit Flanderns innerhalb Belgiens einsetzt. Sie ist derzeit die stärkste Partei im flämischen Landesteil und hat erheblichen Einfluss auf die belgische Politik.
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Titelbild: AFP