Panama zieht sich aus dem chinesischen Infrastrukturprojekt Neue Seidenstraße zurück – offenbar auf Druck aus Washington. Die panamaische Botschaft in Peking informierte die chinesische Regierung fristgerecht darüber, dass das Land das Abkommen kündigt, erklärte Präsident José Raúl Mulino am Donnerstag. Doch während er China den Rücken kehrt, holt er scharf gegen die USA aus.
Auslöser der Entscheidung war offenbar die jüngste Intervention von US-Außenminister Marco Rubio, der im Auftrag von Präsident Donald Trump nach Panama gereist war. Trump hatte Panama öffentlich vorgeworfen, die USA mit hohen Gebühren für die Nutzung des Panamakanals zu „erpressen“. Zudem kritisierte er Chinas Einfluss auf die für den Welthandel enorm bedeutende Wasserstraße, die Atlantik und Pazifik verbindet. Der US-Präsident drohte sogar, den Panamakanal wieder unter US-Kontrolle zu bringen.
Nach einem Treffen mit Rubio am Sonntag erklärte Mulino, dass Panama das Abkommen mit China auslaufen lassen werde – ein Schritt, den Rubio ausdrücklich begrüßte. Panama hatte die Vereinbarung 2017 unterzeichnet. Laut Vertrag verlängert sie sich automatisch alle drei Jahre, sofern sie nicht innerhalb einer 90-Tage-Frist gekündigt wird. Diese Frist läuft nun ab, und Panama will den Rückzug offiziell vollziehen.
Die Neue Seidenstraße ist eines der wichtigsten geopolitischen Projekte Chinas. Das Land investiert Milliarden in den Bau von Häfen, Eisenbahnlinien und Flughäfen rund um den Globus. Kritiker sehen darin ein Mittel zur wirtschaftlichen und politischen Einflussnahme, das vor allem ärmere Länder in Schulden und Abhängigkeit stürzt. China selbst betont, die Initiative diene dem internationalen Handel und der wirtschaftlichen Entwicklung.
Peking zeigte sich irritiert über die Entscheidung Panamas. Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums erklärte, die Zusammenarbeit mit Panama habe „fruchtbare Ergebnisse“ erzielt und solle nicht durch „Einmischungen von außen“ gestört werden. Die US-Regierung wiederum sorgte selbst für Verwirrung: Das US-Außenministerium behauptete, die Betreiberfirma des Panamakanals habe zugestimmt, keine Durchfahrtsgebühren mehr für US-Regierungsschiffe zu verlangen – eine Behauptung, die die panamaische Kanalbehörde umgehend dementierte.
Präsident Mulino reagierte wütend und bezeichnete das Verhalten der USA als „unerträglich“. „Ich dementiere diese Mitteilung des (US-)Außenministeriums, weil sie auf etwas basiert, das absolut falsch ist“, erklärte er. Er betonte, dass Panama keine bilateralen Beziehungen auf Grundlage von „Lügen und Unwahrheiten“ akzeptieren werde.
Der Panamakanal, eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt, wurde von den USA gebaut und 1914 eröffnet. 1977 unterzeichneten der damalige US-Präsident Jimmy Carter und Panamas Militärmachthaber Omar Torrijos ein Abkommen zur Übergabe des Kanals. Seit 1999 kontrolliert Panama die Wasserstraße eigenständig.
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OZD-Kommentar
Panamas Rückzug aus der Neuen Seidenstraße ist ein geopolitischer Paukenschlag – doch es ist nicht nur ein Signal an China, sondern auch ein klares Statement gegen die Einmischung der USA. Der Druck aus Washington war unübersehbar, doch dass Präsident Mulino nun auch öffentlich gegen die USA austeilt, zeigt, dass sich Panama nicht einfach als Marionette missbrauchen lässt.
Die USA sehen den Panamakanal als strategischen Schlüsselpunkt, den sie nicht Chinas Einfluss überlassen wollen. Doch ihre aggressive Rhetorik könnte nach hinten losgehen. Wenn Trump ernsthaft in Betracht zieht, den Kanal wieder unter US-Kontrolle zu bringen, riskiert er eine diplomatische Eskalation, die Washington teuer zu stehen kommen könnte.
Sollte sich dieser Konflikt weiter zuspitzen, könnte Panama versuchen, eine neutrale Position zwischen den Großmächten einzunehmen – oder sich gar neue Partner suchen. Fakt ist: Der Panamakanal bleibt ein geopolitisches Pulverfass.
OZD-Erklärungen
Wer ist José Raúl Mulino?
José Raúl Mulino ist der amtierende Präsident Panamas und ein erfahrener Politiker. Er war zuvor als Minister für öffentliche Sicherheit tätig und setzte sich für eine striktere Migrationspolitik ein. Seit seinem Amtsantritt verfolgt er einen pragmatischen Kurs zwischen den globalen Großmächten USA und China, doch seine jüngsten Äußerungen zeigen, dass er bereit ist, sich gegen Washington zu stellen.
Was ist die Neue Seidenstraße?
Die Neue Seidenstraße ist ein globales Infrastrukturprojekt, das von China 2013 ins Leben gerufen wurde. Offiziell als „Belt and Road Initiative“ (BRI) bezeichnet, zielt das Programm darauf ab, Handelsrouten und Wirtschaftsverbindungen zwischen Asien, Europa, Afrika und Lateinamerika auszubauen. Kritiker warnen, dass die Initiative ärmere Länder in eine Schuldenfalle lockt und Chinas geopolitischen Einfluss stärkt.
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