Rund eineinhalb Wochen vor der zweiten Verhandlungsrunde im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen haben am Donnerstag erneut tausende Beschäftigte die Arbeit niedergelegt. Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi beteiligten sich in Nordrhein-Westfalen über 6500 Menschen, in Baden-Württemberg mehr als 2200. Betroffen waren vor allem Krankenhäuser, Kitas, Verkehrsunternehmen und Jobcenter. Weitere Warnstreiks stehen bereits bevor.
Die erste Verhandlungsrunde am 24. Januar brachte keine Einigung. Verdi und der Deutsche Beamtenbund fordern acht Prozent mehr Gehalt oder mindestens 350 Euro pro Monat zusätzlich für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) lehnt dies als „nicht finanzierbar“ ab. Am 17. Februar sollen die Verhandlungen fortgesetzt werden.
Verdi verstärkt in dieser Woche den Druck. Neben höheren Löhnen fordert die Gewerkschaft drei zusätzliche Urlaubstage als Ausgleich für die steigende Arbeitsbelastung. Laut Verdi-Chef Frank Werneke seien Gehaltserhöhungen und Entlastungen dringend notwendig, um den öffentlichen Dienst attraktiver zu machen – derzeit seien bereits 500.000 Stellen unbesetzt.
Die VKA kritisiert die frühen Warnstreiks scharf. Hauptgeschäftsführer Niklas Benrath bezeichnete die Aktionen als „völlig überzogen“ und warf der Gewerkschaft vor, Bürgerinnen und Bürger unnötig zu belasten. Die Forderungen der Gewerkschaften seien nicht tragbar, da sie die Personalkosten im Schnitt um elf Prozent erhöhen würden – eine Belastung, die viele Kommunen finanziell nicht stemmen könnten.
OZD / AFP
OZD-Kommentar
Der Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst nimmt an Schärfe zu – und das ist erst der Anfang. Die Gewerkschaften haben ihren Forderungskatalog aufgestellt, die Arbeitgeber lehnen kategorisch ab. Ein Kompromiss scheint in weiter Ferne. Doch während sich beide Seiten verhaken, spüren Bürgerinnen und Bürger die Auswirkungen bereits jetzt: ausgefallene Busse, geschlossene Kitas, eingeschränkter Krankenhausbetrieb.
Dass die VKA die Warnstreiks als überzogen bezeichnet, ist erwartbar – doch ist die Ablehnung der Forderungen langfristig haltbar? Der Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst ist real. Ohne attraktive Arbeitsbedingungen und bessere Gehälter wird sich die Situation weiter zuspitzen. Sollte es in der zweiten Verhandlungsrunde zu keiner Annäherung kommen, könnte ein flächendeckender Streik das gesamte öffentliche Leben lahmlegen.
OZD-Erklärungen
Was ist die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA)?
Die VKA vertritt die Interessen der kommunalen Arbeitgeber in Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften. Sie setzt sich aus regionalen Arbeitgeberverbänden zusammen und ist verantwortlich für die Arbeits- und Gehaltsbedingungen von Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst. In Tarifkonflikten steht sie den Forderungen von Verdi und dem Deutschen Beamtenbund gegenüber.
Wer ist Frank Werneke?
Frank Werneke ist seit 2019 Vorsitzender der Gewerkschaft Verdi. Zuvor war er langjähriger stellvertretender Vorsitzender und für Tarifpolitik zuständig. Unter seiner Führung setzt sich Verdi verstärkt für höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen und mehr soziale Absicherung der Beschäftigten ein. In den aktuellen Tarifverhandlungen ist er die zentrale Figur auf Gewerkschaftsseite.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP
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