Die Industrieproduktion in Deutschland ist im Dezember auf den niedrigsten Stand seit der Corona-Pandemie gefallen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sank die Produktion im Produzierenden Gewerbe preisbereinigt um 2,4 Prozent gegenüber dem Vormonat. Im gesamten Jahr 2024 verzeichnete die Industrie einen Rückgang von 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Besonders drastisch war der Einbruch in der Automobilindustrie mit einem Minus von zehn Prozent. Die Maschinenwartung und -montage verzeichnete sogar einen Rückgang von 10,5 Prozent. Auch die Metallindustrie (-4,6 Prozent), die Chemiebranche (-3,2 Prozent) und der Maschinenbau (-1,7 Prozent) waren stark betroffen. Ein Lichtblick bleibt die Pharmaindustrie, die ihre Produktion um 11,6 Prozent steigern konnte.
Im November hatte das Statistikamt noch einen Anstieg von 1,3 Prozent vermeldet, korrigierte diesen Wert nun jedoch leicht nach unten. Im Dreimonatsvergleich sank die Produktion im vierten Quartal um 0,9 Prozent. Über das gesamte Jahr hinweg setzte sich der bereits 2023 beobachtete Abwärtstrend fort: Die Industrieproduktion (ohne Energieerzeugung und Baugewerbe) fiel um 4,9 Prozent, während Energie- und Baugewerbe um jeweils 3,2 Prozent zurückgingen.
Das Bundeswirtschaftsministerium sieht noch keine Erholung am Horizont. „Die Auftragseingänge legten zuletzt zwar spürbar zu, sind aber nach wie vor von starken monatlichen Schwankungen geprägt.“ Der Wirtschaftsforscher Nils Jannsen vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel resümierte: „2024 war ein Jahr zum Vergessen für die deutsche Industrie.“
Ähnlich pessimistisch äußerte sich Sebastian Dullien vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung: „Die deutsche Industrie hat die Talsohle noch nicht durchschritten.“ Besonders besorgniserregend sei die anhaltende Schwäche der Schlüsselbranchen Maschinenbau und Automobilindustrie.
Zusätzlicher Druck droht durch die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zollmaßnahmen. „Der deutschen Industrie droht ein weiterer Rückschlag“, warnt Dullien. Laut IMK-Simulationen könnte ein Handelskrieg das deutsche BIP um mehr als ein Prozent senken. ING-Analyst Carsten Brzeski sieht das größere Risiko nicht in den Exportausfällen, sondern in einer möglichen Produktionsverlagerung deutscher Unternehmen in die USA.
OZD / AFP
OZD-Kommentar
Die Zahlen sind ein wirtschaftlicher Schock. Während sich andere Volkswirtschaften nach der Pandemie wieder erholen, rutscht die deutsche Industrie immer weiter in die Krise. Besonders alarmierend ist die anhaltende Schwäche der Automobilbranche, die als Rückgrat der deutschen Wirtschaft gilt. Die Produktionsrückgänge ziehen sich quer durch die zentralen Industriesektoren – eine Erholung ist nicht in Sicht.
Die von Trump angedrohten Zölle könnten der angeschlagenen Industrie den nächsten Schlag versetzen. Sollte sich ein Handelskrieg zwischen den USA und der EU entfalten, droht eine weitere Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit. Das bisherige Abwarten der Bundesregierung ist riskant. Ohne gezielte Maßnahmen zur Stärkung der Industrie – sei es durch Subventionen oder steuerliche Entlastungen – wird sich der Abwärtstrend ungebremst fortsetzen.
OZD-Erklärungen
Was ist das Statistische Bundesamt?
Das Statistische Bundesamt (Destatis) ist die zentrale Behörde für amtliche Statistik in Deutschland. Es erfasst und analysiert wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen und stellt die Daten der Öffentlichkeit sowie politischen Entscheidungsträgern zur Verfügung. Besonders in der Wirtschaftspolitik spielen seine Erhebungen eine zentrale Rolle.
Wer ist Sebastian Dullien?
Sebastian Dullien ist ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler und Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Er gilt als einer der führenden Experten für Wirtschaftspolitik und konjunkturelle Entwicklungen in Deutschland. In seinen Analysen warnt er regelmäßig vor Strukturproblemen in der deutschen Wirtschaft.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP
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