Auf einem Luftwaffen-Stützpunkt nahe Husum wurden mehrfach Drohnen gesichtet. Experten beäugen die Vorgänge mit Sorge, während die Ermittlungen laufen. Besonders alarmierend: Störsender zeigten keine Wirkung. Wer steckt hinter den mutmaßlichen Spionageflügen?
Mehrere Drohnen unbekannter Herkunft sind im Januar über dem Bundeswehrstandort Schwesing nahe Husum aufgetaucht. Die Bundeswehr bestätigte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP "eine Mehrzahl an Drohnensichtungen" und sprach von laufenden Ermittlungen. Laut der "Süddeutschen Zeitung" kam es zwischen dem 9. und 29. Januar zu insgesamt sechs Vorfällen, bei denen Drohnen minutenlang in der Luft standen und offenbar nicht auf Störmaßnahmen reagierten. Dies legt nahe, dass es sich um spezialisierte Drohnentechnologie handelt.
Der Standort Schwesing ist für die Bundeswehr von hoher strategischer Bedeutung, da hier unter anderem das Raketenabwehrsystem Patriot genutzt und ukrainische Soldaten ausgebildet werden. Sicherheitskreise befürchten, dass sensible Informationen ausgekundschaftet werden sollten. Besonders brisant: Es gelang nicht, die Betreiber der Drohnen zu identifizieren. Weder Feldjäger noch der Militärische Abschirmdienst konnten die Quelle der Drohnenflüge ausfindig machen.
In internen Berichten wurde spekuliert, dass die Drohnen von Schiffen in der Nord- oder Ostsee gestartet sein könnten. Die Bundeswehr hat daraufhin zusätzliche Detektions- und Störtechnologien an den Standort verlegt. Die Ermittlungen wurden inzwischen an das schleswig-holsteinische Landeskriminalamt übergeben. Eine Sprecherin der Bundeswehr erklärte, dass die Zahl der Drohnensichtungen und mutmaßlichen Ausspähversuche in den letzten Monaten gestiegen sei. Eine eindeutige Zuordnung sei jedoch schwierig, da auch frei erhältliche Drohnensysteme genutzt werden könnten.
Die Vorfälle in Husum stehen nicht allein: In den vergangenen Monaten gab es verdächtige Drohnenflüge auch über einem stillgelegten Atomkraftwerk in Brunsbüttel, dem BASF-Werk in Ludwigshafen und dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein. Sicherheitsexperten vermuten einen Zusammenhang und sehen Russland als möglichen Akteur.
Die Bundesregierung reagiert auf die wachsende Bedrohung durch Drohnen mit einer Gesetzesänderung. Künftig soll die Bundeswehr befugt sein, Drohnen bei drohender Gefahr abzuschießen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser warnte, dass neue Drohnentechnologien eine zunehmende Herausforderung für die Sicherheitsbehörden darstellten und die Bundeswehr notfalls unterstützen müsse.
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OZD-Kommentar
Die mehrfachen Drohnensichtungen über einer militärischen Einrichtung mit sensiblen Aufgaben sind ein Alarmsignal. Sie zeigen, wie verwundbar selbst hochgesicherte Standorte gegenüber modernen Spionagetechnologien sind. Dass Störmaßnahmen nicht griffen und die Steuernden der Drohnen nicht identifiziert werden konnten, verdeutlicht, wie sehr sich die Bedrohungslage verändert hat.
Besonders besorgniserregend ist die Möglichkeit, dass die Drohnen von Schiffen aus gestartet wurden. Falls sich dieser Verdacht bestätigt, würde dies darauf hindeuten, dass eine ausländische Macht gezielt Informationen über die deutsche Luftverteidigung sammelt. In einem geopolitischen Kontext, in dem Russland bereits als Hauptverdächtiger gilt, könnte dies eine neue Eskalationsstufe markieren.
Die geplante Gesetzesänderung zur Bekämpfung unbefugter Drohnen ist ein Schritt in die richtige Richtung, doch er kommt womöglich zu spät. Die Technik entwickelt sich rasant, während die bestehenden Sicherheitskonzepte oft hinterherhinken. Die Bundeswehr muss in der Lage sein, auf solche Bedrohungen schneller und effektiver zu reagieren.
In den kommenden Monaten dürfte es weitere Erkenntnisse zu den Vorfällen geben. Sollte sich der Verdacht auf gezielte Spionage bestätigen, wird Deutschland seine Abwehrmaßnahmen massiv ausbauen müssen.
Biographie und Erklärung:
Wer ist Nancy Faeser?
Nancy Faeser ist seit Dezember 2021 Bundesministerin des Innern und für Heimat. Die SPD-Politikerin war zuvor Vorsitzende der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag. Als Innenministerin setzt sie sich für innere Sicherheit, Cybersicherheit und den Kampf gegen Extremismus ein. In der aktuellen Debatte um Drohnenspionage betont sie die Notwendigkeit strengerer Sicherheitsmaßnahmen und einer engen Zusammenarbeit zwischen Polizei und Bundeswehr.
Was ist das Luftsicherheitsgesetz?
Das Luftsicherheitsgesetz regelt die Sicherheit des Luftverkehrs in Deutschland und umfasst Maßnahmen zur Abwehr von Bedrohungen durch unbefugte Luftfahrzeuge. Es wurde erstmals 2005 verabschiedet und seither mehrfach angepasst. Die jüngste Reform sieht vor, dass die Bundeswehr in bestimmten Fällen befugt ist, Drohnen abzufangen oder abzuschießen, wenn eine akute Gefahr besteht. Ziel ist es, auf die zunehmende Bedrohung durch moderne Drohnentechnologie angemessen zu reagieren.
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Titelbild: AFP