Bei der jüngsten Parlamentswahl im Kosovo hat die Vetevendosje-Partei (VV) von Premierminister Albin Kurti laut vorläufigen Ergebnissen etwa 42 Prozent der Stimmen erhalten und damit ihre bisherige absolute Mehrheit verloren. Die oppositionelle Demokratische Partei des Kosovo (PDK) kam auf rund 21 Prozent, gefolgt von der Demokratischen Liga des Kosovo (LDK) mit etwa 20 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei lediglich 40 Prozent.
Trotz des Verlusts der absoluten Mehrheit erklärte Kurti seine Partei noch am Wahlabend zum Sieger und kündigte an, eine neue Regierung bilden zu wollen. "Glückwunsch zu unserem Sieg", rief er seinen Anhängern zu. Aufgrund einer Software-Panne bei der Wahlkommission verzögert sich jedoch die Auszählung der Stimmen, sodass vorläufige Ergebnisse erst später erwartet werden.
Während seiner Amtszeit verfolgte Kurti eine strikte Politik gegenüber der serbischen Minderheit im Kosovo, was zu Spannungen sowohl innerhalb des Landes als auch mit dem benachbarten Serbien führte. Belgrad erkennt die Unabhängigkeit des Kosovo bis heute nicht an. Kurtis Maßnahmen, wie das Verbot des serbischen Dinars als Zahlungsmittel und die Schließung von von Serben genutzten Einrichtungen, stießen auf internationale Kritik.
Die Opposition warf Kurti vor, die Beziehungen des Kosovo zur Europäischen Union und den USA beschädigt zu haben. Zudem stand die schlechte wirtschaftliche Lage des Landes im Fokus des Wahlkampfs. Die LDK versprach unter anderem, Gehälter und Renten zu erhöhen.
Sollte die VV keine Koalitionspartner finden, könnten schwierige und langwierige Verhandlungen bevorstehen, die die politische Stabilität des Landes beeinträchtigen könnten.
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OZD-Kommentar
Das Wahlergebnis im Kosovo zeigt deutlich, dass Premierminister Albin Kurti und seine Vetevendosje-Partei an Rückhalt in der Bevölkerung verloren haben. Der Verlust der absoluten Mehrheit ist ein klares Zeichen dafür, dass die Bürger mit der bisherigen Politik unzufrieden sind. Insbesondere die strikte Haltung gegenüber der serbischen Minderheit und die daraus resultierenden internationalen Spannungen haben dem Ansehen der Regierung geschadet.
Die niedrige Wahlbeteiligung von nur 40 Prozent spricht Bände über das Vertrauen der Bevölkerung in die politische Führung. Es ist besorgniserregend, dass ein so großer Teil der Bürger keinen Anlass gesehen hat, ihre Stimme abzugeben. Dies könnte auf eine tiefe Entfremdung zwischen der politischen Elite und der Bevölkerung hindeuten.
Die kommenden Wochen werden entscheidend sein. Ohne eine klare Mehrheit ist Kurti gezwungen, Koalitionspartner zu finden. Angesichts der bisherigen Konfrontationen mit der Opposition dürften die Verhandlungen schwierig werden. Sollte es nicht gelingen, stabile Allianzen zu schmieden, droht dem Kosovo eine Phase politischer Unsicherheit, die sowohl die innenpolitische Lage als auch die internationalen Beziehungen weiter belasten könnte.
Biographie und Erklärung:
Wer ist Albin Kurti?
Albin Kurti wurde am 24. März 1975 in Pristina geboren. Er erlangte erstmals Bekanntheit als Vizepräsident der Studentenunion der Universität Pristina, wo er in den späten 1990er Jahren friedliche Proteste gegen die serbische Kontrolle über die Universität organisierte. Während des Kosovo-Krieges arbeitete er als Sekretär des politischen Vertreters der Kosovo-Befreiungsarmee, Adem Demaçi. Nach dem Krieg setzte er sein Engagement fort und gründete die Bewegung Vetevendosje (Selbstbestimmung), die sich gegen die UN-Verwaltung des Kosovo richtete. Kurti absolvierte ein Studium der Computerwissenschaften und Telekommunikation an der Universität Pristina. Er ist bekannt für seine nationalistischen Ansichten und seine kritische Haltung gegenüber internationalen Eingriffen in die Souveränität des Kosovo.
Was ist die Vetevendosje-Partei (VV)?
Die Vetevendosje-Partei, zu Deutsch "Bewegung Selbstbestimmung", wurde 2005 von Albin Kurti gegründet. Ursprünglich als Aktivistenbewegung ins Leben gerufen, entwickelte sie sich später zu einer politischen Partei. Die VV vertritt eine linksnationalistische Ideologie und setzt sich für die vollständige Souveränität des Kosovo ein, wobei sie internationale Eingriffe kritisch sieht. Sie gewann erstmals 2021 die Parlamentswahlen mit absoluter Mehrheit und stellte mit Albin Kurti den Premierminister. Die Partei hat ihren Ursprung in Protestaktionen gegen die UN-Verwaltung und ist bekannt für ihre populistische Rhetorik und ihre Betonung der nationalen Selbstbestimmung.
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