Jugendliche in Deutschland fürchten sich vor allem vor Kriegen, schauen aber gleichzeitig mit großem Optimismus in ihre eigene Zukunft. Das geht aus der aktuellen Sinus-Jugendstudie 2024 hervor, die von der Barmer in Berlin veröffentlicht wurde. 59 Prozent der befragten Teenager zwischen 14 und 17 Jahren gaben an, dass sie Kriege als ihre größte Sorge betrachten. Damit hat sich der Wert im Vergleich zum Vorjahr (53 Prozent) weiter erhöht. Auch politischer Populismus und Extremismus sorgen 42 Prozent der Jugendlichen.
Umweltverschmutzung und der Klimawandel stehen mit 42 beziehungsweise 41 Prozent ebenfalls weit oben auf der Liste der Ängste. Weitere Themen, die den Jugendlichen Sorgen bereiten, sind Migration (33 Prozent), Armut (32 Prozent), Wirtschaftskrisen (29 Prozent) sowie Krankheiten und Pandemien (27 Prozent). Auch Wohnungsnot (26 Prozent), Arbeitsplatzsuche (20 Prozent) und Künstliche Intelligenz (16 Prozent) bereiten vielen Kopfzerbrechen.
Barmer-Chef Christoph Straub bezeichnete die Ergebnisse als "ein Alarmsignal, dass so viele Teenager in diesen unruhigen Zeiten Zukunftsängste haben". Er warnte davor, dass existenzielle Sorgen die Psyche belasten und langfristig auch die Gesundheit beeinträchtigen könnten.
Trotz dieser Sorgen sehen die Jugendlichen ihre persönliche Zukunft durchweg positiv. 79 Prozent der Befragten gaben an, dass sie optimistisch in ihre eigene Zukunft blicken. Dieser Wert ist im Vergleich zu 2023 stabil geblieben. Auffällig ist jedoch, dass der Zukunftsoptimismus bei Schülerinnen und Schülern mit niedrigerem Bildungsniveau gestiegen ist: von 70 auf 79 Prozent. Gleichzeitig sank er bei angehenden Abiturienten von 82 auf 79 Prozent.
Auch mit ihrem aktuellen Leben sind die meisten Jugendlichen zufrieden, wenn auch leicht weniger als im Vorjahr: 79 Prozent der Befragten gaben an, zufrieden zu sein, ein Rückgang um zwei Prozentpunkte gegenüber 2023.
Weitaus skeptischer sehen Jugendliche jedoch die Zukunft Deutschlands und der Welt. Nur 46 Prozent haben eine optimistische Sicht auf die Entwicklung des Landes, ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu 2021, als der Wert noch bei 62 Prozent lag. Auch die globale Perspektive stimmt nachdenklich: Lediglich 38 Prozent der Jugendlichen sehen die Zukunft der Welt positiv. Im Jahr 2021 waren es noch sechs Prozentpunkte mehr.
Die Studie wurde im Oktober 2024 durchgeführt und basiert auf einer repräsentativen Befragung von 2000 Jugendlichen in Deutschland.
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OZD-Kommentar
Jugend zwischen Angst und Hoffnung
Die Ergebnisse der Sinus-Jugendstudie 2024 werfen ein beunruhigendes Licht auf die Sorgen der jungen Generation. Es ist alarmierend, dass mehr als die Hälfte der Jugendlichen Kriege als ihre größte Angst nennt. Die zunehmenden geopolitischen Konflikte hinterlassen offensichtlich Spuren in der Psyche der Teenager. Gleichzeitig wächst die Sorge vor Populismus und Extremismus, was zeigt, dass viele junge Menschen die politische Entwicklung aufmerksam verfolgen.
Besonders kritisch ist, dass Ängste um Umwelt, Klimawandel und wirtschaftliche Unsicherheiten weiterhin hoch sind. Die zunehmende Technologisierung und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz verunsichern viele Jugendliche, obwohl dieser Bereich auch Chancen birgt.
Erstaunlich ist jedoch, dass die persönliche Zuversicht der Jugendlichen ungebrochen bleibt. Während sie die Weltlage skeptisch sehen, vertrauen sie darauf, ihre eigene Zukunft positiv gestalten zu können. Doch dieser Optimismus dürfte auf einem wackligen Fundament stehen: Wenn sich die gesellschaftlichen Herausforderungen verschärfen, könnte auch das individuelle Vertrauen ins Wanken geraten.
In den kommenden Jahren dürften sich die Sorgen der Jugendlichen weiter zuspitzen, wenn Politik und Gesellschaft keine klaren Antworten liefern. Die Gefahr ist groß, dass sich Frustration breitmacht und junge Menschen sich entweder abwenden oder radikaleren Strömungen zuwenden. Die Politik muss jetzt handeln, um nicht eine verlorene Generation zu riskieren.
Biographie und Erklärung:
Wer ist Christoph Straub?
Christoph Straub ist Vorstandsvorsitzender der Barmer, einer der größten gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland. Er übernahm 2011 das Amt und setzt sich insbesondere für gesundheitspolitische Themen sowie Präventionsmaßnahmen im Gesundheitswesen ein. Unter seiner Führung hat die Barmer zahlreiche Studien und Initiativen zur mentalen Gesundheit und zur Gesundheitsförderung junger Menschen ins Leben gerufen.
Was ist die Barmer?
Die Barmer ist eine der größten gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland mit mehreren Millionen Versicherten. Sie entstand 2010 aus der Fusion der Barmer Ersatzkasse mit der GEK (Gmünder Ersatzkasse). Die Barmer engagiert sich in zahlreichen Gesundheits- und Präventionsprogrammen, darunter Studien zur psychischen Gesundheit von Jugendlichen. Ihr Ziel ist es, eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung sicherzustellen und gesundheitspolitische Themen in die gesellschaftliche Debatte einzubringen.
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