US-Vizepräsident JD Vance hat im Hinblick auf mögliche Verhandlungen zur Zukunft der Ukraine "militärischen Druck" nicht ausgeschlossen. US-Präsident Donald Trump werde nicht "mit Scheuklappen an die Sache herangehen", sagte Vance dem Wall Street Journal in einem am Freitag veröffentlichten Interview. Um Druck auszuüben, "gibt es wirtschaftliche Druckmittel, es gibt natürlich auch militärische Druckmittel", fügte er hinzu. "Alles liegt auf dem Tisch."
Der US-Vize, der bei der am Freitag beginnenden Münchner Sicherheitskonferenz den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj treffen wird, betonte zudem: "Die souveräne Unabhängigkeit der Ukraine ist uns wichtig."
Trump hatte angekündigt, dass es am Freitag in der bayerischen Landeshauptstadt ein Treffen "ranghoher Vertreter Russlands, der Ukraine und der USA" geben werde. "Sie haben morgen ein Treffen in München. Russland wird dort mit unseren Leuten sein. Die Ukraine ist auch eingeladen", sagte er.
Das Weiße Haus konnte auf Nachfrage von AFP zunächst keine näheren Angaben zu dem Dreiertreffen machen. Auch Moskau äußerte sich zunächst nicht dazu.
Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz (MSK), Christoph Heusgen, sagte im Deutschlandfunk, es seien "keine russischen Regierungsvertreter" akkreditiert worden. Er könne jedoch nicht ausschließen, dass es zu Gesprächen zwischen russischen, ukrainischen und US-Vertretern in München komme, räumte Heusgen ein. Er habe aber "überhaupt keine Anhaltspunkte" außer den Aussagen von Trump.
Der US-Präsident hatte am Mittwoch ein anderthalbstündiges Telefonat mit Kremlchef Wladimir Putin geführt und im Anschluss erklärt, er habe mit diesem einen "unverzüglichen" Beginn von Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine vereinbart. Dies weckte Befürchtungen, die Ukraine wie auch die europäischen Partner würden von den Gesprächen ausgeschlossen. OZD / AFP
OZD-Kommentar
Die Ankündigungen der Trump-Administration zeigen eine klare Verschiebung der geopolitischen Strategie der USA. Während Washington offiziell die Souveränität der Ukraine betont, wird gleichzeitig militärischer Druck als mögliche Verhandlungsstrategie in Betracht gezogen. Dies könnte sowohl in Kiew als auch bei den europäischen Verbündeten Besorgnis auslösen.
Dass Trump ein Treffen mit Russland und der Ukraine in München ankündigt, während die Sicherheitskonferenz selbst keine russischen Regierungsvertreter akkreditiert hat, wirft Fragen auf. Die Unsicherheiten um die tatsächlichen Gesprächsteilnehmer lassen vermuten, dass hinter den Kulissen bereits informelle Kanäle genutzt werden. Dies könnte eine Abkehr von der bisherigen US-Politik zur Ukraine bedeuten.
Prognose: Sollte Trump seinen Kurs fortsetzen, könnte es zu einer Annäherung zwischen den USA und Russland kommen, die möglicherweise auf Kosten der Ukraine geht. Europas Einfluss auf den Verhandlungsprozess könnte geschwächt werden, während Kiew zunehmend auf eigene Verhandlungsstrategien setzen muss.
OZD-Analyse
Zahlen, Daten, Fakten
Münchner Sicherheitskonferenz: Jährliches Forum für internationale Sicherheits- und Verteidigungspolitik, diesmal ohne offizielle russische Regierungsvertreter.
US-Militärbudget: 2024 auf rund 850 Milliarden US-Dollar angesetzt – möglicher Indikator für die Bedeutung militärischer Optionen.
Bisherige US-Militärhilfe an die Ukraine: Über 75 Milliarden US-Dollar seit Beginn des Krieges.
Russland-Ukraine-Friedensgespräche: Bislang scheiterten alle Verhandlungsinitiativen an unüberbrückbaren Differenzen.
Geostrategische Bedeutung: Die Ukraine bleibt ein entscheidender Faktor in der Sicherheitsarchitektur Europas und der Nato.
OZD-Erklärungen
Wer ist JD Vance?
JD Vance ist seit 2025 US-Vizepräsident unter Donald Trump. Er wurde als Autor des Buches Hillbilly Elegy bekannt und ist ein prominenter Vertreter konservativer Politik. Seine Haltung zur Ukraine-Politik gilt als pragmatisch, jedoch deutlich skeptischer gegenüber langwieriger US-Unterstützung.
Was ist die Münchner Sicherheitskonferenz?
Die Münchner Sicherheitskonferenz ist eines der weltweit führenden Foren für sicherheitspolitische Debatten. Dort treffen sich Regierungsvertreter, Militärs und Experten, um globale Krisen und Sicherheitsfragen zu diskutieren.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.