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Eilmeldung: Explosion auf der Schutzkuppel von Kernkraftwerk Tschernobyl

IAEA bestätigt Vorfall, warnt vor eskalierenden Angriffen auf Atomstandorte

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Das ehemalige Kernkraftwerk Tschernobyl ist ukrainischen Angaben zufolge bei einem russischen Drohnenangriff beschädigt worden. Eine Drohne mit einem "hochexplosiven Sprengkopf" habe in der Nacht zu Freitag die Abdeckung des zerstörten vierten Reaktors getroffen, erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im Onlinedienst X. Es sei jedoch zu keiner Erhöhung der Strahlenwerte gekommen. Der Kreml bestritt den Angriff.

Von Selenskyj veröffentlichte Aufnahmen von Überwachungskameras zeigten eine Explosion auf dem Gelände des Kernkraftwerks, die den Zeitstempel 02.02 Uhr (Ortszeit, 01.02 Uhr MEZ) tragen. Weiter waren ein kleines Feuer und ein Loch im Dach der Abdeckung zu sehen, während Feuerwehrleute versuchten, den Brand in der Innenseite der Kuppel zu löschen.

"Das einzige Land der Welt, das solche Anlagen angreift, Kernkraftwerke besetzt und ohne Rücksicht auf die Folgen Krieg führt, ist das heutige Russland", erklärte Selenskyj.

Aus Moskau hieß es, die russische Armee verübe keine Angriffe auf "nukleare Infrastruktur". Er habe keine genauen Informationen zu den ukrainischen Vorwürfen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. "Aber was ich weiß, ist, dass Angriffe auf nukleare Infrastruktur nicht in Frage kommen (...) russische Soldaten machen so etwas nicht."

Auch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) meldete eine "Explosion" an dem Kernkraftwerk und gab an, die Strahlenwerte seien "normal und stabil". Zudem veröffentlichte sie Bilder, die vermutlich die brennende Drohne nach ihrem Absturz in die Abdeckung zeigen.

Die IAEA hat seit den ersten Tagen des Ukraine-Kriegs ein eigenes Team auf der Anlage des ehemaligen Kernkraftwerks stationiert. Wiederholt hatte sie vor Kämpfen rund um ukrainische Atomkraftwerke gewarnt.

Am 26. April 1986 war in Tschernobyl ein Reaktor explodiert. Der Vorfall gilt als weltweit größte Atomkatastrophe und verseuchte weite Teile der Ukraine, Russlands und Belarus. Zehntausende Menschen mussten evakuiert werden. Um den weiteren Austritt von Strahlung zu verhindern, wurde im November 2016 eine massive Metallkuppel über den Überresten des Reaktors errichtet.

In den ersten Tagen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022 hatten russische Truppen das Gelände von Tschernobyl unter ihre Kontrolle gebracht, sich später aber von der Anlage wieder zurückgezogen. Das Akw Saporischschja hingegen ist seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine von der russischen Armee besetzt.

Laut der ukrainischen Luftwaffe griff Russland in der Nacht mit mehr als 100 Drohnen an. Besonders betroffen waren Regionen im Norden des Landes, in denen auch das Kernkraftwerk Tschernobyl liegt.

Russland meldete indes einen Toten bei einem ukrainischen Drohnenangriff auf die russische Grenzregion Belgorod.

Die gegenseitigen Angriffe erfolgten wenige Stunden vor einem Treffen des ukrainischen Präsidenten Selenskyj mit US-Vizepräsident JD Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Die Zukunft der Ukraine und mögliche Verhandlungen über ein Ende des fast drei Jahre andauernden Kriegs ist das zentrale Thema des internationalen Treffens. Ein Vorstoß von US-Präsident Donald Trump zu direkten Verhandlungen mit Kremlchef Wladimir Putin über die Zukunft der Ukraine hatte vor der Konferenz für Aufruhr gesorgt.

Selenskyj erklärte nun, der Angriff in Tschernobyl sei ein Beleg dafür, dass Putin "sich definitiv nicht auf Verhandlungen vorbereitet - er bereitet sich darauf vor, die Welt weiterhin zu täuschen". OZD / AFP


OZD-Kommentar

Der Vorfall in Tschernobyl zeigt erneut die Risiken, die der Krieg für die nukleare Sicherheit mit sich bringt. Während Russland jegliche Verantwortung von sich weist, bekräftigt die Ukraine ihre Warnungen vor den Gefahren gezielter Angriffe auf Atomstandorte. Besonders brisant: Die IAEA bestätigt die Explosion, wenn auch ohne Anstieg der Strahlenwerte.

Die internationale Gemeinschaft wird sich nun verstärkt mit der Bedrohung der ukrainischen Atomkraftwerke auseinandersetzen müssen. Sollte es künftig zu schwereren Schäden an nuklearen Anlagen kommen, könnte das zu einer katastrophalen Umwelt- und Gesundheitskrise führen.




OZD-Analyse

Zahlen, Daten, Fakten

Angriffszeitpunkt: 02.02 Uhr Ortszeit.

Betroffene Anlage: Ehemaliges Kernkraftwerk Tschernobyl, Abdeckung des vierten Reaktors.

Strahlenwerte: IAEA bestätigt keine erhöhten Werte.

Militärische Lage: Mehr als 100 russische Drohnenangriffe auf die Ukraine in der Nacht.

Geopolitischer Kontext: Treffen Selenskyj – Vance auf Münchner Sicherheitskonferenz.


OZD-Erklärungen

Was ist die IAEA?

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) ist eine Organisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Wien. Sie überwacht die Nutzung der Kernenergie und setzt sich für nukleare Sicherheit weltweit ein.

Was ist das Kernkraftwerk Tschernobyl?

Das 1986 durch eine Reaktorexplosion schwer beschädigte Kernkraftwerk Tschernobyl war bis 2000 in Betrieb. Seitdem gilt es als Sperrgebiet mit internationaler Überwachung, um Strahlungsaustritte zu verhindern.


Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.

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