Die dritte Verhandlungsrunde der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi mit der Deutschen Post hat erneut keine Einigung gebracht. Der Arbeitgeber habe am Freitag ein "völlig unzureichendes" Angebot vorgelegt, erklärte Verdi-Verhandlungsführerin Andrea Kocsis. Weitere Warnstreiks seien daher unausweichlich, jedoch werde die Gewerkschaft erst nach der Bundestagswahl zu Arbeitsniederlegungen aufrufen, um die Briefwahl nicht zu gefährden.
Verdi fordert für die rund 170.000 Tarifbeschäftigten der Post eine Lohnerhöhung von sieben Prozent sowie drei zusätzliche Urlaubstage bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Gewerkschaftsmitglieder sollen zudem einen weiteren Urlaubstag erhalten. Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, hatte Verdi bereits mehrfach zu Warnstreiks aufgerufen, wodurch es zu Verzögerungen bei der Zustellung von Briefen und Paketen kam.
"Wir bedauern, dass wir noch nicht zu einer Einigung in dieser Lohnrunde gekommen sind", erklärte Post-Personalvorstand Thomas Ogilvie. Das aktuelle Angebot sieht eine Entgeltsteigerung von 3,8 Prozent in zwei Schritten über eine Laufzeit von 27 Monaten vor. Die Deutsche Post spricht von einem "fairen und tragfähigen Angebot".
Verdi hält das Angebot für unzureichend und kritisiert, dass es "deutliche Reallohn-Einbußen für die Beschäftigten bedeuten" würde. Zudem sei die geplante Anpassung der Urlaubsregelung nicht ausreichend, da nur ein Teil der Belegschaft profitieren würde. Die Gewerkschaft fordert für die nächste Verhandlungsrunde ein "deutlich verbessertes Angebot". Ein Termin für eine vierte Verhandlungsrunde steht jedoch noch aus. OZD / AFP
OZD-Kommentar
Die Tarifverhandlungen zwischen Verdi und der Deutschen Post sind erneut gescheitert, und die Kluft zwischen den Forderungen der Gewerkschaft und dem Angebot des Unternehmens bleibt groß. Während Verdi eine spürbare Erhöhung des Reallohns fordert, setzt die Post auf moderate Anpassungen, die angesichts der aktuellen Inflation kaum eine Entlastung für die Beschäftigten darstellen.
Besonders brisant ist die Ankündigung von Verdi, die Streiks erst nach der Bundestagswahl fortzusetzen, um die Briefwahl nicht zu gefährden. Dies zeigt, dass sich die Gewerkschaft ihrer politischen Verantwortung bewusst ist. Dennoch dürfte der Konflikt die Postkunden weiterhin belasten, denn Verzögerungen bei der Paketzustellung sind fast sicher.
Prognose: Sollte die Post bei ihrem Angebot bleiben, sind längere Streiks nach der Bundestagswahl wahrscheinlich. Das Unternehmen könnte sich gezwungen sehen, ein verbessertes Angebot vorzulegen, um größere wirtschaftliche Schäden abzuwenden.
Analyse: Zahlen, Daten, Fakten
Betroffene Beschäftigte: Rund 170.000 Tarifbeschäftigte der Deutschen Post.
Forderungen von Verdi: 7 % Lohnerhöhung, drei zusätzliche Urlaubstage, ein weiterer Urlaubstag für Gewerkschaftsmitglieder, Laufzeit von 12 Monaten.
Angebot der Post: 3,8 % Lohnerhöhung in zwei Schritten, Laufzeit von 27 Monaten.
Reallohnverlust: Angesichts der Inflationsrate von aktuell rund 4 % könnte das Angebot der Post zu einem spürbaren Kaufkraftverlust führen.
Streikstrategie: Verdi will die Briefwahl nicht gefährden, verschiebt Warnstreiks auf nach der Bundestagswahl.
Verzögerungen: Bereits jetzt kam es durch die Streiks zu erheblichen Verzögerungen bei Brief- und Paketzustellungen.
Was ist die Deutsche Post AG?
Die Deutsche Post AG ist einer der weltweit größten Logistikkonzerne und Marktführer im deutschen Brief- und Paketversand. Sie gehört zur DHL Group, beschäftigt insgesamt über 590.000 Menschen und erwirtschaftete 2023 einen Umsatz von rund 81 Milliarden Euro.
Wer ist Andrea Kocsis?
Andrea Kocsis ist stellvertretende Vorsitzende von Verdi und Verhandlungsführerin in den Tarifgesprächen mit der Deutschen Post. Sie setzt sich besonders für bessere Arbeitsbedingungen im Logistiksektor ein.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.