Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich zu einem direkten Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bereit erklärt – allerdings nur unter der Bedingung, dass sich die Ukraine gemeinsam mit ihren westlichen Verbündeten auf einen Friedensplan einigt. „Ich werde mich mit den Russen treffen – mit nur einem Russen, mit Putin“, sagte Selenskyj am Freitag auf Englisch auf der Münchner Sicherheitskonferenz. „Aber erst, wenn wir einen gemeinsamen Plan mit Trump und Europa haben.“
Selenskyj betonte, dass die Ukraine nicht übergangen werden dürfe: „Keine Entscheidungen über die Ukraine ohne die Ukraine.“ Gleichzeitig rief er die USA und Europa auf, sein Land weiter zu unterstützen.
Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump am Mittwoch ein Telefonat mit Putin geführt, ohne dies mit den europäischen Verbündeten abzustimmen. Trump erklärte anschließend, er habe mit Putin einen „unverzüglichen“ Beginn von Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine vereinbart. Dies sorgte für Unruhe in Europa, da befürchtet wurde, dass Kiew und seine Partner von den Gesprächen ausgeschlossen würden.
Die US-Regierung stellte später klar, dass die Ukraine in die Verhandlungen einbezogen werde. US-Vizepräsident JD Vance betonte auf der Sicherheitskonferenz in München, dass auch europäische Vertreter an den Verhandlungen teilnehmen sollten.
Trump telefonierte nach seinem Gespräch mit Putin auch mit Selenskyj. Der ukrainische Präsident berichtete nun, dass Trump ihm seine persönliche Telefonnummer gegeben habe: „Er sagte mir: Sie können jederzeit anrufen.“
Während sich die diplomatischen Bemühungen intensivieren, erhielt die Ukraine für ihren Nato-Beitrittswunsch Unterstützung aus Großbritannien. Premierminister Keir Starmer bekräftigte in einem Telefonat mit Selenskyj, dass die Ukraine sich auf einem „unumkehrbaren Weg“ in das Militärbündnis befinde. Im Gegensatz dazu hatte US-Verteidigungsminister Pete Hegseth am Mittwoch erklärt, dass eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine nicht Teil eines möglichen Friedensabkommens mit Russland sein werde. OZD / ©AFP
OZD-Kommentar
Selenskyj zeigt diplomatisches Kalkül: Er signalisiert Verhandlungsbereitschaft, setzt aber klare Bedingungen. Der ukrainische Präsident will verhindern, dass sein Land in einer möglichen Verhandlung zwischen Trump und Putin zu einem bloßen Objekt der Machtpolitik wird.
Die Trump-Regierung hat mit ihrem eigenmächtigen Vorstoß für Unruhe gesorgt. Der Ausschluss der Ukraine aus den Gesprächen wäre ein geopolitischer Affront und könnte den Westen spalten. Dass Selenskyj nun Trump in die Verantwortung nimmt und auf eine koordinierte Strategie mit Europa drängt, ist eine geschickte Reaktion.
Prognose:
Sollte
Trump eine eigenständige Friedensinitiative vorantreiben, ohne die
Ukraine und Europa umfassend einzubinden, könnte es zu Spannungen
innerhalb des westlichen Bündnisses kommen. Die Nato-Frage bleibt ein
zentraler Knackpunkt. Ohne klare Sicherheitsgarantien wird Kiew wohl
keine Verhandlungen akzeptieren.
OZD-Analyse:
Zahlen, Daten, FaktenVerhandlungssituation: Trump und Putin führten ein 90-minütiges Telefonat, ohne Kiew oder Europa vorher zu konsultieren.
US-Position: Vizepräsident JD Vance bestätigte, dass Europa und die Ukraine in künftige Gespräche eingebunden werden.
Nato-Mitgliedschaft: Großbritannien unterstützt den Beitritt der Ukraine, während die USA ihn als Verhandlungsoption ausschließen.
Ukraine-Forderung: Klare Koordination mit Verbündeten, bevor ein Treffen mit Putin möglich ist.
Geopolitische Auswirkungen: Ein Separatfrieden ohne die Ukraine könnte die westliche Einheit gefährden und den Druck auf Europa erhöhen, eigene Sicherheitsstrukturen zu stärken.
Wer ist Wolodymyr Selenskyj?
Wolodymyr Selenskyj ist seit 2019 Präsident der Ukraine. Ursprünglich ein erfolgreicher Schauspieler und TV-Produzent, wurde er mit einem politischen Anti-Establishment-Kurs ins Amt gewählt. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs 2022 führt er die Ukraine durch die schwerste Krise ihrer jüngeren Geschichte. Er gilt als zentraler Akteur im Kampf gegen die russische Invasion und hat sich international als unermüdlicher Diplomat für Waffenlieferungen und Sicherheitsgarantien für sein Land etabliert.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP