Auf der Münchner Sicherheitskonferenz traten am Freitag die Spannungen zwischen den USA und ihren europäischen Verbündeten offen zutage. Während US-Vizepräsident JD Vance die Europäer zu mehr Verteidigungsanstrengungen aufrief und vor einem „Rückzug der Meinungsfreiheit“ warnte, warf Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier der neuen US-Regierung unter Donald Trump „Rücksichtslosigkeit“ vor.
Vance betonte, dass die transatlantische Partnerschaft nur funktionieren könne, wenn Europa seinen Anteil an der gemeinsamen Sicherheit erhöhe. „Es ist ein wichtiger Bestandteil eines Bündnisses, dass die Europäer sich stärker engagieren“, sagte er in seiner Rede.
Zuvor hatte Trump mit einem eigenmächtigen Vorstoß für Unruhe gesorgt: In einem Telefonat mit Kremlchef Wladimir Putin hatte der US-Präsident den „unverzüglichen“ Beginn von Verhandlungen über die Ukraine angekündigt, ohne die europäischen Verbündeten vorab zu konsultieren. Dies löste Besorgnis aus, dass Kiew und Europa von den Gesprächen ausgeschlossen werden könnten.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) stellte klar, dass Europa bei einem Friedensprozess „mit am Tisch sitzen“ müsse. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warnte vor einem „Scheinfrieden“ für die Ukraine und sprach sich gegen Trumps Vorschlag aus, Russland wieder in die G7 aufzunehmen.
Steinmeier kritisierte die neue US-Regierung in ungewöhnlich scharfer Form. „Die Trump-Administration hat ein anderes Weltbild als wir. Eines, das keine Rücksicht nimmt auf etablierte Regeln, auf gewachsene Partnerschaft und Vertrauen“, sagte der Bundespräsident. Besonders besorgt zeigte er sich über den wachsenden Einfluss einer kleinen wirtschaftlichen Elite in den USA, die „die Spielregeln der liberalen Demokratien neu bestimmen“ wolle.
OZD-Kommentar
Die transatlantischen Spannungen erreichen einen neuen Höhepunkt. Während die Trump-Regierung offen mit einem Truppenabzug aus Europa droht, mahnen die Europäer zu mehr Mitsprache und Stabilität. Dass Trump nun eigenmächtig Verhandlungen mit Putin anstößt, zeigt eine geopolitische Verschiebung – Europa droht ins Abseits gedrängt zu werden.
Besonders alarmierend ist die Uneinigkeit innerhalb der Nato. Sollte Trump den angekündigten Truppenabzug einleiten, würde das nicht nur die Sicherheitsarchitektur Europas erschüttern, sondern auch den Einfluss der USA in der Region schwächen.
Prognose:
Sollte
Trump seinen Kurs beibehalten, wird Europa gezwungen sein, die eigene
Verteidigungsfähigkeit massiv auszubauen. Gleichzeitig könnten neue
geopolitische Allianzen entstehen, um die Abhängigkeit von den USA zu
reduzieren.
OZD-AnalyseZahlen, Daten,
FaktenUS-Truppen in Europa:
Die USA haben derzeit rund 100.000 Soldaten in Europa stationiert,
darunter 20.000 in Deutschland. Ein möglicher Abzug der 82.
Luftlandedivision könnte die Sicherheitslage in Osteuropa erheblich
schwächen.
Verteidigungsausgaben:
Während die USA rund 3,5 % des BIP für Verteidigung ausgeben, liegt der
Durchschnitt in Europa bei etwa 1,8 %. Trump fordert mindestens 5 %.
Ukraine-Politik: Trump und Putin führten ein 90-minütiges Telefonat über die Zukunft der Ukraine, ohne vorherige Abstimmung mit Kiew oder europäischen Partnern.
Russland in der G7:
Russland wurde 2014 nach der Krim-Annexion aus dem Gremium
ausgeschlossen. Die Europäer lehnen eine Rückkehr Putins derzeit klar
ab.
Meinungsfreiheit in Europa: Vance nannte als Beispiel ein Gerichtsurteil in Schweden gegen einen Exil-Iraker wegen Koranverbrennung – eine Einschätzung, die in Europa kontrovers diskutiert wird.
Was ist die Münchner Sicherheitskonferenz (MSK)?
Die
Münchner Sicherheitskonferenz ist eines der weltweit wichtigsten Foren
für Außen- und Sicherheitspolitik. Jährlich kommen hochrangige
Politiker, Militärs und Experten aus aller Welt zusammen, um über
globale Sicherheitsfragen zu debattieren.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.