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Pistorius weist Vance-Vorwurf zu Meinungsfreiheit als "nicht akzeptabel" zurück - Das würde man sich eigentlich mal vom Kanzler wünschen?

Unglaublicher Schlagabtausch auf der Münchner Sicherheitskonferenz: Bundesverteidigungsminister kritisiert US-Vizepräsidenten scharf

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat auf der Münchner Sicherheitskonferenz mit scharfer Kritik auf den Vorwurf von US-Vizepräsident JD Vance reagiert, in Europa sei die Meinungsfreiheit auf dem Rückzug. Die Demokratie sei von Vance "für ganz Europa" angezweifelt worden, sagte Pistorius am Freitag bei einer Rede zur europäischen Verteidigungspolitik und fügte an: "Das ist nicht akzeptabel."

"Das ist nicht die Demokratie, in der ich gerade Wahlkampf mache", sagte Pistorius weiter im ersten Teil seiner Rede, den er auf Deutsch hielt. "Und das ist nicht die Demokratie, die ich in unserem Parlament erlebe. In dieser Demokratie hat jede Meinung eine Stimme." Pistorius verwies insbesondere darauf, dass auch "in Teilen extremistische" Parteien wie die AfD in Deutschland "ganz normal Wahlkampf" machen könnten.

"Hätte der Vizepräsident gestern Gelegenheit gehabt, bei Ankunft den Fernseher einzuschalten, hätte er eine Spitzenkandidatin dieser Partei zur Primetime im deutschen Fernsehen gesehen", sagte Pistorius in Anspielung auf Weidels Auftritt bei der ZDF-Wahlsendung "Klartext" am Donnerstagabend.

Demokratie müsse sich aber "wehren können gegen die Extremisten, die sie zerstören wollen", sagte Pistorius. Er sei "froh, dankbar und stolz in einem Europa zu leben, das diese Demokratie und unsere Art, in Freiheit zu leben, jeden Tag verteidigt gegen ihre inneren Feinde und gegen ihre äußeren". Er trete "dem Eindruck, den Vizepräsident Vance erweckt hat, energisch entgegen, dass in unserer Demokratie Minderheiten unterdrückt oder zum Schweigen gebracht werden".

Pistorius fügte an: "Wir wissen nicht nur, gegen wen wir unser Land verteidigen, sondern auch wofür. Für die Demokratie, für die Meinungsfreiheit, für den Rechtsstaat und für die Würde jedes Einzelnen."

Vance hatte in seiner mit Spannung erwarteten Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt, er fürchte, die Meinungsfreiheit sei in Europa "auf dem Rückzug". Der US-Vizepräsident begründete seinen Vorwurf unter anderem mit einem Anfang Februar ergangenen Gerichtsurteil in Schweden, mit dem ein Exil-Iraker wegen der Verbrennung des Korans wegen "Hetze gegen eine ethnische Gruppe" verurteilt worden war.

Mehrfach bezog sich Vance zudem auf die Annullierung der im November abgehaltenen Präsidentenwahl in Rumänien wegen des Verdachts auf Einmischung durch Russland. OZD / AFP

OZD-Kommentar

Der Schlagabtausch zwischen Pistorius und Vance zeigt, wie tief die Gräben zwischen Europa und der Trump-Administration inzwischen sind. Die USA stellen mit wachsenden Zweifeln die demokratische Standfestigkeit ihrer engsten Partner infrage, während Europa sich gegen diese Einmischung vehement wehrt. Die Aussage von Pistorius, dass die Demokratie in Deutschland funktioniere, ist eine klare Botschaft an Washington: Europa lässt sich nicht von außen belehren.

Prognose: Die transatlantischen Beziehungen bleiben angespannt. Trumps wiederholte Angriffe auf europäische Werte dürften den Druck auf Berlin erhöhen, eine eigenständigere Verteidigungs- und Sicherheitsstrategie zu entwickeln.


OZD-Analyse: Zahlen, Daten, Fakten

Münchner Sicherheitskonferenz 2025: Über 450 hochrangige Entscheidungsträger aus Politik, Militär und Wirtschaft nehmen teil.

Vance über Meinungsfreiheit: In mehreren europäischen Ländern wurden zuletzt Gesetze gegen Hassrede verschärft, darunter Frankreich, Deutschland und Schweden.

Pistorius’ Position: Deutschland gilt laut World Press Freedom Index als eines der Länder mit der stärksten Pressefreiheit (Platz 14 von 180 Ländern im Jahr 2024).

AfD im Wahlkampf: In aktuellen Umfragen liegt die Partei zwischen 17 und 19 Prozent, wird aber von anderen Parteien weitgehend gemieden.

Geopolitischer Kontext: Die USA setzen verstärkt auf eine nationalistische Agenda und rücken von der traditionellen transatlantischen Partnerschaft ab.


OZD-Erklärungen

Was ist die Münchner Sicherheitskonferenz?

Die Münchner Sicherheitskonferenz (MSK) ist eine jährliche Veranstaltung, die sich mit globalen sicherheitspolitischen Herausforderungen befasst. Sie gilt als eines der wichtigsten Foren für internationale Sicherheitspolitik und bringt hochrangige Politiker, Militärs und Experten zusammen.

Wer ist Boris Pistorius?

Boris Pistorius ist seit 2023 deutscher Verteidigungsminister. Zuvor war er niedersächsischer Innenminister. Er gilt als Befürworter eines starken Verteidigungshaushalts und einer engeren europäischen Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.