In einem Prozess gegen eine Schleuserbande hat das Landgericht im niedersächsischen Stade eine Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die 49-Jährige wurde des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern schuldig gesprochen, wie ein Gerichtssprecher am Freitag mitteilte. Laut Anklage soll sie zusammen mit Komplizen syrische Staatsangehörige gegen Bezahlung nach Deutschland geschleust haben.
Gegen einen 28-jährigen Mitangeklagten wurde wegen Einschleusens von Ausländern eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten verhängt. Da die Zeit in Untersuchungshaft angerechnet wird, kommt der Mann auf freien Fuß. Zwei Angeklagte im Alter von 24 und 52 Jahren erhielten zudem Bewährungsstrafen von jeweils eineinhalb Jahren. Sie wurden wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern verurteilt.
Die Schleusungen sollen zwischen März 2021 und September 2023 stattgefunden haben. Dabei soll die 49-Jährige laut Anklage federführend für die Organisation und die Verwaltung des erbeuteten Gelds gewesen sein. Laut Anklage sollen sie für die Schleusungen rund 300.000 Euro kassiert haben.
Die Angeklagten schleusten die Syrer demnach über Flughäfen in Europa, darunter Zürich und Luxemburg, sowie über die sogenannte Balkanroute nach Deutschland. Sie sollen die Syrer dabei zum Teil mit Reisepässen ausgestattet haben.
Den Urteilen gingen nach Angaben des Gerichtssprechers eine Verständigung zwischen den Prozessbeteiligten und Geständnisse voraus. Es wurde zudem die Einziehung von Taterträgen in Höhe von knapp 40.000 Euro angeordnet. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. OZD / AFP
OZD-Kommentar
Wieder einmal zeigt sich, wie gut organisiert Schleuserbanden agieren – und wie lukrativ ihr Geschäft ist. Der aktuelle Fall aus Stade legt offen, dass Menschenschmuggel längst ein hochprofitables, grenzüberschreitendes Geschäft geworden ist, bei dem Summen im sechsstelligen Bereich fließen. Die verhängten Strafen erscheinen angesichts des Ausmaßes des Vergehens milde.
Besonders brisant: Die Hauptangeklagte soll die Schleusungen über zwei Jahre hinweg organisiert und dabei 300.000 Euro eingenommen haben. Dass die Justiz ihr nun 40.000 Euro davon entzieht, erscheint kaum als ausreichende Abschreckung. Zudem stellt sich die Frage, wie viele der eingeschleusten Personen inzwischen untergetaucht sind.
Prognose: Weitere Fälle dieser Art werden folgen. Die aktuelle Gesetzgebung oder Gesetzesauslegung scheint nicht abschreckend genug zu sein, um die organisierte Schleusung wirksam zu unterbinden.
OZD-Analyse
Zahlen, Daten, Fakten
Tatzeitraum: März 2021 bis September 2023
Erlös der Bande: ca. 300.000 Euro aus Schleusungen
Einziehung der Taterträge: 40.000 Euro
Urteile: Hauptangeklagte: 3 Jahre 3 Monate FreiheitsstrafeMitangeklagter (28 Jahre): 10 Monate, sofortige Freilassung wegen U-Haft-Anrechnung. Zwei weitere Angeklagte: je 1,5 Jahre auf Bewährung (Warum?)
Routen der Schleusungen: Flughäfen Zürich, Luxemburg und Balkanroute
Schleusungsmethode: Falsche Reisepässe und illegale Einreise
Erklärungen
Was ist die Balkanroute?
Die sogenannte Balkanroute ist eine der wichtigsten Migrationsrouten nach Europa. Sie verläuft über die Türkei, Griechenland, Nordmazedonien, Serbien, Bosnien und Herzegowina sowie Kroatien. Illegale Migration über diese Route bleibt eine große Herausforderung für die europäischen Grenzbehörden.
Wie hoch sind die Strafen für Schleusung?
Nach deutschem Recht (§ 96 Aufenthaltsgesetz) kann das gewerbsmäßige Schleusen von Menschen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren bestraft werden. In der Praxis fallen die Strafen jedoch oft milder aus, insbesondere bei Geständnissen oder Kooperation mit den Ermittlern.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.