Im Gazastreifen bereitet die Hamas die Freilassung dreier israelischer Geiseln vor. Am Samstagmorgen versammelten sich in Chan Junis Dutzende bewaffnete und vermummte Kämpfer. Wie bei früheren Geisel-Übergaben errichtete die radikalislamische Organisation eine Bühne und befestigte ein großes Plakat mit dem Logo der Al-Kassam-Brigaden und Propaganda-Botschaften in mehreren Sprachen.
Die israelische Regierung bestätigte die geplante Freilassung des israelisch-russischen Staatsbürgers Sascha Trupanow, des US-Israeli Sagui Dekel-Chen und des israelisch-argentinischen Staatsangehörigen Jair Horn. Sie sollen dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) übergeben werden. In Tel Aviv warteten Menschen mit israelischen Fahnen auf dem „Platz der Geiseln“ auf ihre Rückkehr.
Die Freilassung stand tagelang auf der Kippe. Anfang der Woche hatte die Hamas behauptet, Israel habe gegen die geltende Waffenruhe verstoßen und die Geisel-Übergaben daraufhin „bis auf Weiteres“ ausgesetzt. Israel drohte daraufhin, die militärischen Angriffe im Gazastreifen wieder aufzunehmen, sollte nicht am Wochenende eine weitere Übergabe erfolgen.
Von den insgesamt 251 Menschen, die die Hamas bei ihrem Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 verschleppte, befinden sich noch 73 in ihrer Gewalt. Israel geht davon aus, dass mindestens 35 von ihnen nicht mehr am Leben sind. Seit dem 19. Januar gilt eine durch die USA, Ägypten und Katar vermittelte Waffenruhe. Im Rahmen einer ersten Phase sollen insgesamt 33 israelische Geiseln im Austausch gegen palästinensische Gefangene freigelassen werden.
OZD / AFP
OZD-Kommentar
Die Freilassung weiterer israelischer Geiseln zeigt, dass der Druck auf die Hamas wirkt. Israels klare Drohung, die Waffenruhe zu beenden, hat möglicherweise dazu beigetragen, dass die Verhandlungen in Bewegung bleiben. Doch hinter den Kulissen bleibt die Lage höchst angespannt.
Die Hamas setzt die Geiseln gezielt als politisches Druckmittel ein und nutzt jede Übergabe für ihre eigene Propaganda. Die inszenierten Bilder von vermummten Kämpfern und Bühnen im Gazastreifen dienen vor allem dazu, die eigene Anhängerschaft zu mobilisieren und Kontrolle zu demonstrieren.
Gleichzeitig bleibt die Frage, wie lange Israel die aktuelle Waffenruhe akzeptieren wird. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu steht innenpolitisch unter starkem Druck, den Militäreinsatz fortzusetzen, um die restlichen Geiseln zu befreien und die Hamas zu schwächen. Sollte sich die Geiselbefreiung weiter verzögern, könnte die israelische Armee schon bald wieder in die Offensive gehen.
Analyse: Zahlen, Daten, Fakten
Die Geiselbefreiungen im Gazastreifen erfolgen im Rahmen eines fragilen Abkommens, das durch die Vermittlung der USA, Ägyptens und Katars zustande kam. Ziel der ersten Phase ist die Freilassung von insgesamt 33 israelischen Geiseln gegen palästinensische Häftlinge, die in Israel inhaftiert sind.
Nach offiziellen Angaben wurden am 7. Oktober 2023 insgesamt 251 Menschen von der Hamas und verbündeten Gruppen entführt. Israel geht derzeit davon aus, dass sich noch 73 Geiseln in Gaza befinden, darunter mindestens 35, die vermutlich nicht mehr am Leben sind.
Der Konflikt hat bereits verheerende Auswirkungen: Nach Angaben des israelischen Militärs wurden seit Beginn der Kämpfe mehr als 1.200 Israelis getötet. Die palästinensischen Gesundheitsbehörden im Gazastreifen berichten von über 25.000 Toten, wobei unklar ist, wie viele davon Zivilisten und wie viele Kämpfer der Hamas sind.
Die internationale Gemeinschaft drängt auf eine längerfristige Waffenruhe, doch die Verhandlungen sind schwierig. Während Israel auf eine vollständige Zerschlagung der Hamas setzt, sieht die militante Organisation jede Waffenpause als Gelegenheit, ihre Strukturen neu zu ordnen.
Biographien und Erklärung:
Wer ist Sascha Trupanow?
Sascha Trupanow ist ein israelisch-russischer Staatsbürger, der am 7. Oktober 2023 von der Hamas entführt wurde. Über sein persönliches Leben sind nur wenige Details bekannt. Er wurde in Israel geboren und hat enge familiäre Verbindungen nach Russland.
Wer ist Sagui Dekel-Chen?
Sagui Dekel-Chen ist ein israelisch-amerikanischer Staatsbürger und lebte vor seiner Entführung in einem Kibbuz nahe der Grenze zum Gazastreifen. Er wurde während des Hamas-Angriffs gefangen genommen und befindet sich seitdem in Geiselhaft.
Wer ist Jair Horn?
Jair Horn ist ein israelisch-argentinischer Staatsangehöriger. Er gehört zu einer Gruppe von Geiseln mit lateinamerikanischem Hintergrund, die seit dem 7. Oktober 2023 in Gaza festgehalten wurden. Seine Familie und die argentinische Regierung haben sich wiederholt für seine Freilassung eingesetzt.
Was ist die Hamas?
Die Hamas ist eine militante, islamistische Organisation, die 1987 gegründet wurde. Ihr erklärtes Ziel ist die Zerstörung Israels und die Errichtung eines islamischen Staates in Palästina. Die Hamas wird von der EU, den USA, Israel und weiteren Staaten als terroristische Organisation eingestuft.
Seit 2007 kontrolliert die Hamas den Gazastreifen, nachdem sie die Fatah-geführte Palästinensische Autonomiebehörde gewaltsam aus dem Gebiet verdrängte. Die Organisation finanziert sich unter anderem durch Spenden, Schmuggel und finanzielle Unterstützung aus dem Ausland. Ihr bewaffneter Flügel, die Al-Kassam-Brigaden, führt regelmäßig Raketenangriffe auf Israel durch.
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Titelbild AFP.