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Selenskyj mahnt Europa zu Vorbereitung auf russische Angriffe

Ukraine fordert mehr Unabhängigkeit und eigene Streitkräfte für Europa

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die europäischen Verbündeten eindringlich vor möglichen russischen Angriffen gewarnt. Mit Blick auf die Vorwürfe gegen Russland, Migranten gezielt über Belarus in die EU zu schleusen, fragte Selenskyj am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz: „Was, wenn es beim nächsten Mal nicht Migranten sind, was wenn es russische Soldaten sind oder nordkoreanische Soldaten?“ Und mit Blick auf die Nato stellte er die kritische Frage: „Wie schnell werden ihre Bündnispartner reagieren und werden sie überhaupt reagieren?“

Die EU-Nachbarstaaten werfen Russland und seinem Verbündeten Belarus vor, Migranten im Rahmen „hybrider“ Angriffe gezielt an den Grenzen Nord- und Osteuropas auszusetzen und über die EU-Grenzen zu drängen. Angaben südkoreanischer und westlicher Geheimdienste zufolge hat Nordkorea bereits mehr als 10.000 Soldaten nach Russland entsandt, um die ukrainische Offensive in der Grenzregion Kursk aufzuhalten.

Mit Blick auf die neue US-Regierung warnte Selenskyj zudem, dass die alten transatlantischen Beziehungen „zu Ende gehen“ und „die Dinge anders sein werden“. Er rief Europa dazu auf, eigenständiger zu agieren: „Europa muss zusammenkommen und auf eine Weise handeln, dass niemand Nein zu Europa sagen kann, es herumkommandieren oder wie einen Schwächling behandeln kann.“

Selenskyj forderte eine europäische Unabhängigkeit von den USA, insbesondere im militärischen Bereich. „Die Zeit für die gemeinsamen Streitkräfte von Europa ist gekommen.“

Selenskyjs Äußerungen kamen inmitten wachsender Unsicherheit über die Haltung der USA zum Ukraine-Krieg. US-Präsident Donald Trump hatte am Mittwoch ein Telefonat mit Wladimir Putin geführt, ohne sich zuvor mit den europäischen Verbündeten abzustimmen. Anschließend erklärte er, er habe mit dem Kreml-Chef einen „unverzüglichen“ Beginn von Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine vereinbart.

Kiew fürchtet, dass die Ukraine und Europa von diesen Gesprächen ausgeschlossen werden könnten. „Keine Entscheidungen über die Ukraine ohne die Ukraine, keine Entscheidungen über Europa ohne Europa“, betonte Selenskyj in München.

OZD / AFP

OZD-Kommentar

Selenskyj erhöht den Druck auf Europa – und das aus gutem Grund. Die Ukraine kann sich nicht darauf verlassen, dass die USA weiterhin bedingungslos hinter ihr stehen. Trumps überraschender Telefonkontakt mit Putin und seine Äußerungen zur Nato haben die Unsicherheit verschärft.

Die Forderung nach einer „europäischen Armee“ ist nicht neu, doch bisher scheiterten solche Pläne an fehlendem politischen Willen und nationalen Interessen. Jetzt könnte die geopolitische Lage diesen Plan jedoch beschleunigen.

Prognose: Sollte die Ukraine den Rückhalt der USA weiter verlieren, wird Europa gezwungen sein, eine stärkere militärische Eigenständigkeit aufzubauen. Allerdings dürfte der Aufbau gemeinsamer EU-Streitkräfte Jahre dauern, während sich die Sicherheitslage bereits jetzt zuspitzt. Ob die europäischen Staaten dazu bereit sind, bleibt fraglich.



OZD-Analyse: Zahlen, Daten, Fakten

Hybride Kriegsführung Russlands:

Laut EU-Kommission werden Migranten von Belarus gezielt an die EU-Grenzen gedrängt.

Finnland und Polen haben Grenzschließungen und verstärkte Militärpatrouillen angeordnet.

Laut westlichen Geheimdiensten hat Nordkorea bis zu 10.000 Soldaten nach Russland entsandt.


Europäische Verteidigung:

Nato-2-Prozent-Ziel: Viele EU-Staaten haben es noch nicht erreicht.Bisher keine einheitliche EU-Armee, nur einzelne Kooperationen (PESCO, Eurocorps).

Frankreich und Deutschland diskutieren seit Jahren über eine engere militärische Zusammenarbeit.


Trump und die Ukraine-Krise:

Trumps Telefonat mit Putin erfolgte ohne Absprache mit der EU.

US-Vizepräsident JD Vance befürwortete Verhandlungen mit Russland.

Trump könnte in einer zweiten Amtszeit US-Hilfen für die Ukraine drastisch reduzieren.


Selenskyjs Forderungen:

Kein Frieden ohne Ukraine und Europa.

Aufbau eigener EU-Streitkräfte für mehr Unabhängigkeit.

Rasche und entschlossene Reaktion auf hybride Bedrohungen Russlands.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.


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