Die Deutsche Bahn und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) haben sich nach intensiven Verhandlungen auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt. Demnach steigen die Gehälter der Beschäftigten in mehreren Stufen bis Ende 2027 um insgesamt 6,5 Prozent. Hinzu kommt eine zusätzliche Zulage für Schichtarbeiter von 2,6 Prozent. Damit erreicht die Vereinbarung fast das ursprüngliche Forderungsniveau der EVG, die 7,6 Prozent mehr Lohn sowie zusätzliche Vergütungen für Schichtdienste gefordert hatte.
Allerdings akzeptierte die Gewerkschaft eine ungewöhnlich lange Laufzeit des Tarifvertrags von 33 Monaten – weit mehr als die ursprünglich geforderten zwölf Monate. Die Gehaltsanpassungen erfolgen schrittweise: Im Jahr 2025 steigt der Lohn zunächst um zwei Prozent, weitere 2,5 Prozent folgen Mitte 2026. Die Schichtzulage tritt ab Ende 2026 in Kraft, und die letzte Lohnerhöhung erfolgt erst Ende 2027.
Ein zentrales Element der Einigung ist eine Beschäftigungsgarantie für die Mitarbeitenden der Deutschen Bahn bis Ende 2027. Betriebsbedingte Kündigungen sind damit ausgeschlossen. Unsicherheit besteht jedoch für die Güterverkehrssparte DB Cargo: Sollte die geplante Sanierung scheitern, könnten dort Einschränkungen gelten.
Bemerkenswert ist, dass die Einigung noch vor dem Ende der Friedenspflicht erzielt wurde, wodurch Streiks vermieden wurden. Hintergrund der zügigen Verhandlungen ist die politische Unsicherheit nach der Bundestagswahl. Sowohl Bahn als auch EVG fürchten finanzielle Einschnitte durch eine mögliche neue Bundesregierung, insbesondere Pläne der Union, Mittel für die Bahn zu kürzen und eine Zerschlagung des Konzerns zu prüfen.
Die Tarifverhandlungen umfassten drei Runden innerhalb von drei Wochen. In der finalen Phase saßen die Parteien fünf Tage lang ununterbrochen zusammen. Die EVG verhandelte für rund 192.000 Beschäftigte.
DB-Personalvorstand Martin Seiler begrüßte die Einigung als „gute Nachricht“ für alle Beteiligten. Angesichts der finanziellen Herausforderungen des Konzerns sei der Kompromiss eine pragmatische Lösung, die die Zukunft der Bahn sichere. Die EVG sieht sich als klare Gewinnerin der Verhandlungen. Ko-Verhandlungsführerin Cosima Ingenschay sprach von einem „großen Erfolg“ und hob besonders die dreimalige Sonderzahlung für Gewerkschaftsmitglieder hervor – eine deutliche Kampfansage an die konkurrierende GDL.
Mit dieser Vereinbarung sind Streiks im Personenverkehr der Bahn für das Jahr 2025 ausgeschlossen. Die GDL bleibt jedoch ein Unsicherheitsfaktor. Ihr Tarifvertrag läuft noch bis Ende 2025, die Friedenspflicht endet im Februar 2026. Spätestens ab März 2026 könnten also wieder Arbeitskämpfe drohen.
OZD-Kommentar
Die Einigung zwischen Bahn und EVG ist ein strategischer Erfolg für beide Seiten, jedoch mit Kompromissen verbunden. Während die Gewerkschaft höhere Löhne durchsetzen konnte, musste sie eine lange Laufzeit des Vertrags hinnehmen. Die Bahn sichert sich durch die Beschäftigungsgarantie Stabilität, bleibt aber finanziell unter Druck.
Problematisch bleibt die Lage bei DB Cargo. Sollte die Sanierung scheitern, könnte das die gesamte Einigung infrage stellen. Zudem stehen mit der GDL bereits die nächsten Tarifverhandlungen bevor, die wieder für massive Streiks sorgen könnten. Es bleibt abzuwarten, ob dieser fragil ausgehandelte Frieden tatsächlich bis 2026 hält.
OZD-Analyse: Zahlen, Daten, Fakten
Tariferhöhung: 6,5 Prozent mehr Lohn in mehreren Schritten bis Ende 2027
Zusätzliche Zulage: 2,6 Prozent für Schichtarbeiter
Laufzeit des Vertrags: 33 Monate (bis Ende 2027)
Beschäftigungssicherung: Betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen
Betroffene Mitarbeitende: ca. 192.000
Streiks abgewendet: Keine EVG-Streiks im Jahr 2025
Mögliche GDL-Streiks: Ab März 2026 möglich
Politischer Kontext: Pläne der Union zur Kürzung von Bahn-Mitteln und mögliche Zerschlagung des Konzerns
OZD-Erklärungen
Was ist die EVG?
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ist eine der größten Gewerkschaften im deutschen Verkehrssektor und vertritt die Interessen von rund 190.000 Beschäftigten. Sie entstand 2010 durch den Zusammenschluss der Transnet und der Verkehrsgewerkschaft GDBA. Die EVG verhandelt Tarifverträge für Bahn- und Verkehrsmitarbeiter und steht in Konkurrenz zur Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), die vor allem das Zugpersonal vertritt. Neben Lohn- und Arbeitszeitfragen setzt sich die EVG für sichere Arbeitsbedingungen und betriebliche Mitbestimmung ein.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
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