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"Jetzt oder nie" – WHO pocht auf Pandemie-Abkommen ohne USA

WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus appelliert an die Staaten, das Pandemie-Abkommen trotz des US-Ausstiegs zu finalisieren

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) drängt trotz des Rückzugs der USA auf den Abschluss eines internationalen Pandemie-Abkommens. Die Verhandlungen hätten einen "entscheidenden Punkt" erreicht, es handele sich "wirklich um einen Fall von jetzt oder nie", sagte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus am Montag zum Auftakt der 13. Verhandlungsrunde in Genf. Er appellierte an die Unterhändler, sich "für 'jetzt' zu entscheiden, denn Sie wissen, was auf dem Spiel steht".

Die Weltgesundheitsversammlung, das höchste Entscheidungsorgan der WHO, hatte 2021 beschlossen, als Konsequenz aus der Corona-Pandemie ein globales Abkommen zur Reaktion auf künftige Gesundheitskrisen auszuarbeiten. Das Auftreten einer neuen Mpox-Variante in Afrika, tödliche Infektionen mit dem Marburg-Virus in Ruanda und das unter anderem in den USA grassierende Vogelgrippevirus H5N1 haben zuletzt verdeutlicht, dass dringend Handlungsbedarf besteht.

US-Präsident Donald Trump hatte jedoch unmittelbar nach dem Beginn seiner zweiten Amtszeit im Januar den Austritt der USA aus der WHO verfügt. Er ordnete auch an, bis zum formalen Inkrafttreten des Austritts in einem Jahr die Verhandlungen über das Pandemie-Abkommen "einzustellen". Am Freitag informierte die US-Regierung die WHO offiziell über ihren Rückzug aus dem Verhandlungsprozess.

WHO-Chef Tedros appellierte nun an die Unterhändler der anderen WHO-Mitgliedstaaten, bis zur Sitzung der Weltgesundheitsversammlung im Mai endlich eine Einigung zu erzielen. Kein Land der Welt könne sich allein auf die nächste Pandemie vorbereiten, sagte Tedros. Und die Frage sei nicht "ob, sondern wann" die nächste Pandemie ausbreche. Die WHO bedauere daher sowohl den geplanten Austritt der USA als auch ihren Rückzug aus den Pandemie-Verhandlungen.

Die USA sind bisher der größte Geldgeber der WHO. Ihr Austritt wird zu einer großen Lücke im Haushalt der Organisation führen und ihre Möglichkeiten schmälern, auf globale Gesundheitskrisen zu reagieren.

Hauptstreitpunkte bei den Gesprächen über das geplante Pandemie-Abkommen sind die Weitergabe von Informationen über Krankheitserreger und die Verteilung von Impfstoffen und anderen Mitteln zur Eindämmung von Pandemien. Bisher konnten sich die reichen Industriestaaten, in denen die meisten Medikamente entwickelt werden, nicht mit ärmeren Ländern einigen, die in der Corona-Pandemie einen deutlich schlechteren Zugang zu Tests, Medikamenten und Impfstoffen hatten.

OZD / AFP

OZD-Kommentar

Der Rückzug der USA aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und den Verhandlungen über ein internationales Pandemie-Abkommen stellt einen erheblichen Rückschlag für die globale Gesundheitsdiplomatie dar. Als größter Geldgeber der WHO tragen die USA maßgeblich zur Finanzierung und Unterstützung globaler Gesundheitsinitiativen bei. Ihr Austritt könnte nicht nur finanzielle Lücken hinterlassen, sondern auch die internationale Zusammenarbeit bei der Prävention und Bekämpfung von Pandemien erheblich schwächen.

Die Entscheidung der USA, sich aus den Verhandlungen zurückzuziehen, sendet ein besorgniserregendes Signal an die Weltgemeinschaft. In einer Zeit, in der die Weltgemeinschaft mehr denn je auf Zusammenarbeit angewiesen ist, um zukünftige Gesundheitskrisen zu bewältigen, könnte dieser Schritt das Vertrauen in multilaterale Institutionen untergraben und andere Länder dazu verleiten, ebenfalls nationale Interessen über globale Solidaritat zu stellen.

Es ist zu erwarten, dass die verbleibenden WHO-Mitgliedstaaten nun verstärkt versuchen werden, das Pandemie-Abkommen ohne die Beteiligung der USA voranzutreiben. Dies könnte jedoch zu einem Abkommen führen, dem eine bedeutende globale Macht fehlt, was seine Wirksamkeit beeinträchtigen könnte. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, dass andere Länder ihre finanziellen Beiträge erhöhen, um die entstandene Lücke zu füllen und die Handlungsfähigkeit der WHO sicherzustellen. Langfristig könnte der US-Rückzug jedoch zu einer Neuordnung der globalen Gesundheitsarchitektur führen, in der andere Akteure eine dominantere Rolle übernehmen.

Analyse: Zahlen, Daten, Fakten

Die Entscheidung der USA, sich aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zurückzuziehen, hat weitreichende finanzielle und strukturelle Auswirkungen auf die globale Gesundheitslandschaft. Historisch gesehen waren die USA der größte Beitragszahler der WHO und leisteten im Jahr 2023 einen finanziellen Beitrag von etwa 1,3 Milliarden US-Dollar, was rund 15% des gesamten WHO-Budgets ausmachte. Dieser erhebliche finanzielle Rückzug könnte die Fähigkeit der WHO, auf globale Gesundheitskrisen zu reagieren, erheblich beeinträchtigen.

Gleichzeitig verdeutlichen aktuelle Gesundheitsbedrohungen die Dringlichkeit eines internationalen Pandemie-Abkommens. Im September 2024 meldete Ruanda seinen ersten Ausbruch der Marburg-Virus-Krankheit mit 36 Fällen und 11 Todesfällen. Obwohl seit dem 30. Oktober 2024 keine neuen Fälle mehr aufgetreten sind, bleibt die Wachsamkeit hoch. Zudem wurden in Kalifornien, USA, vermehrt Fälle der Vogelgrippe H5N1 registriert, was die Notwendigkeit globaler Überwachungs- und Reaktionsmechanismen unterstreicht.


Alle Angaben ohne Gewähr. 

Titelbild AFP.