Nach den massiven Zugewinnen der AfD bei der Bundestagswahl, vor allem in Ostdeutschland, sieht der Politikwissenschaftler Hans Vorländer keine Anzeichen für einen baldigen Wählerverlust der Partei. „In Ostdeutschland ist die AfD inzwischen so flächendeckend verwurzelt, dass sie zur Lebenswelt der Menschen gehört“, erklärte der Experte am Montag.
Die AfD habe sich nicht nur auf dem Land, sondern mittlerweile auch in den Städten etabliert. „Sie hat ihre Landnahme bis in die Städte ausgebreitet, das ist eine neue Qualität“, so Vorländer weiter. Die Partei habe sich als Plattform für allgemeine Unzufriedenheit mit der Politik etabliert und sei für viele Wähler „normal geworden“.
Bei der Bundestagswahl wurde die AfD in allen fünf ostdeutschen Flächenländern stärkste Kraft. Sie wird von Arbeitern, Arbeitslosen, jungen Menschen, Selbstständigen und dem Mittelstand gewählt. Besonders auffällig sei die „lebensweltliche Identifikation“, die das Wahlverhalten verfestige. Vorländer zweifelt deshalb daran, dass ein möglicher Politikwechsel unter CDU-Chef Friedrich Merz die AfD schwächen werde.
Der voraussichtliche künftige Kanzler Friedrich Merz konnte im Osten kaum punkten. Laut Vorländer habe er „Schwierigkeiten, bei den Ostdeutschen anzukommen“, da er kein „volkstümlicher Politiker“ sei. Seine transatlantische Ausrichtung werde in Kreisen, die den USA skeptisch gegenüberstehen, kritisch gesehen.
Dagegen könnten starke Ministerpräsidenten wie Michael Kretschmer (CDU) in Sachsen und Dietmar Woidke (SPD) in Brandenburg durch ihre jahrelange Präsenz den Einfluss der AfD eindämmen. Beide hatten bei den vergangenen Landtagswahlen ihre Parteien trotz AfD-Erfolgen an der Spitze gehalten.
AfD weiterhin unter Verfassungsschutz-Beobachtung
In Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt wurde die AfD von den Landesämtern für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Schon 2017 war die AfD in Sachsen stärkste Kraft, 2021 in Thüringen und Sachsen.
Bei der Europawahl 2024 holte die AfD in allen fünf ostdeutschen Bundesländern die meisten Stimmen. In Thüringen wurde sie bei der Landtagswahl im September erstmals stärkste Partei – ein Novum für eine rechtsextrem eingestufte Partei auf Landesebene.
OZD / AFP
OZD-Kommentar
Die AfD hat sich in Ostdeutschland längst etabliert – und das nicht nur als Protestpartei. Die Bundestagswahl zeigt: Die Partei wächst weiter.
Die Mitte der Gesellschaft wählt inzwischen AfD. Nicht nur Arbeitslose oder Unzufriedene, sondern auch Selbstständige und der Mittelstand. Eine Normalisierung der Partei ist längst Realität.
Der voraussichtliche Kanzler Friedrich Merz hofft, die AfD durch eine neue Regierungspolitik zu schwächen – doch das dürfte kaum reichen. Die AfD ist keine temporäre Protestbewegung mehr, sondern eine tief verankerte politische Kraft.
Um die AfD in die Schranken zu weisen, braucht es mehr als nur einen anderen Regierungsstil. Es braucht überzeugende Kandidaten, die im Osten glaubwürdig sind. Politikwissenschaftler Vorländer verweist auf Michael Kretschmer und Dietmar Woidke, die es schafften, Wähler zu halten.
Die nächsten Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg 2024 werden zeigen, ob die AfD ihre Dominanz weiter ausbauen kann – oder ob die etablierten Parteien noch eine Antwort darauf finden.
OZD-Analyse
Die AfD wächst weiter – besonders in Ostdeutschland. Die Bundestagswahl bestätigt, dass die Partei nicht nur Protestwähler anspricht, sondern sich fest verankert hat.
Wie stark ist die AfD im Osten?
In allen fünf ostdeutschen Flächenländern stärkste Kraft
In Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft
Bei der Landtagswahl in Thüringen 2024 erstmals stärkste Partei
Warum ist die AfD im Osten so erfolgreich?
Sie spricht soziale und wirtschaftliche Ängste an
Die Unzufriedenheit mit der Bundespolitik ist hoch
Viele Wähler sehen die AfD als Alternative zum etablierten Parteiensystem
Welche Gefahr besteht für die CDU und SPD?
Die AfD könnte in Sachsen, Thüringen und Brandenburg Regierungsbeteiligung anstreben
Die Union verliert im Osten zunehmend an Rückhalt in der Bevölkerung
Ein Teil der Wähler identifiziert sich lebensweltlich mit der AfD
Wie könnte die AfD gebremst werden?
Glaubwürdige Spitzenkandidaten wie Kretschmer oder Woidke können den AfD-Einfluss begrenzen
Ein stärkerer wirtschaftlicher Aufschwung könnte AfD-Themen entkräften
Die etablierte Politik müsste näher an die Bevölkerung rücken
Die AfD ist gekommen, um zu bleiben – zumindest in Ostdeutschland. Die Landtagswahlen 2024 werden zeigen, ob sie ihre Macht weiter ausbauen kann oder ob die etablierten Parteien eine Strategie dagegen finden.
OZD-Biographien und Erklärungen
Wer ist Hans Vorländer?
Professor für Politikwissenschaft an der TU Dresden
Experte für Rechtspopulismus und politische Kultur in Ostdeutschland
Analysiert seit Jahren die Entwicklung der AfD und ihre Wählerstrukturen
Warum ist die AfD in Ostdeutschland so stark?
Früher wirtschaftliche Umbrüche nach der Wiedervereinigung
Geringere Identifikation mit etablierten Parteien wie CDU und SPD
Höhere Skepsis gegenüber der Bundespolitik und westlichen Institutionen
Wie stuft der Verfassungsschutz die AfD ein?
In Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt als gesichert rechtsextremistisch
In anderen Bundesländern als rechtsextremistischer Verdachtsfall
Führende AfD-Politiker wie Björn Höcke werden offen als Rechtsextremisten bezeichnet
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Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP