Ein Album voller Stille sorgt für Aufsehen: Mehr als tausend britische Musiker, darunter Stars wie Kate Bush, Annie Lennox, Damon Albarn und Paul McCartney, haben mit einem außergewöhnlichen Protest gegen eine geplante Urheberrechtsreform in Großbritannien Stellung bezogen. Ihr Album „Is This What We Want“ (Ist es das, was wir wollen) enthält ausschließlich Aufnahmen der Stille – aufgenommen in menschenleeren Tonstudios und Auftrittsorten.
Die zwölf Tracks des Albums formen eine klare Botschaft: „Die britische Regierung darf den Diebstahl zugunsten von KI-Unternehmen nicht legalisieren.“ Der Protest richtet sich gegen Pläne der Regierung von Premierminister Keir Starmer, KI-Unternehmen zu erlauben, ihre Modelle mit im Internet verfügbaren kreativen Inhalten zu trainieren – es sei denn, die Urheber widersprechen explizit. Musiker und Autoren kritisieren, dass dies einer Enteignung gleichkomme, da es fast unmöglich sei, jede unerlaubte Nutzung nachzuverfolgen.
Begleitet wurde der Protest von einem offenen Brief, der in der „Times“ erschien. Dutzende Musikgrößen – darunter Elton John, Dua Lipa und Sting – sowie bekannte Schriftsteller wie Kazuo Ishiguro und Helen Fielding unterzeichneten den Appell. Auch die britische Medienlandschaft schaltete sich ein: Fast alle großen Tageszeitungen druckten auf ihrer Titelseite den Appell „Make it Fair“ (Macht es gerecht). Die breite Unterstützung zeigt, wie tief die Sorge um den Schutz kreativer Werke in Zeiten wachsender KI-Dominanz geht.
„Diese Reform würde unser Lebenswerk an KI-Unternehmen verschenken und uns selbst vom Markt verdrängen“, warnt Ed Newton-Rex, Organisator des Protestalbums. Großbritannien könne sehr wohl ein führendes Zentrum für Künstliche Intelligenz werden, „ohne unsere weltweit führende Kreativbranche über die Klinge springen zu lassen“, betont er. Premierminister Starmer hält dagegen, es müsse eine „Balance“ zwischen Urheberrecht und KI-Fortschritt gefunden werden. Doch Kritiker sehen darin eine Gefahr für die 7,6 Milliarden Pfund schwere britische Musikindustrie, deren Exporte 4,6 Milliarden Euro betrugen.
Die Konsultationsfrist für die Urheberrechtsreform endete am Tag der Veröffentlichung des Albums. Ob die britische Regierung den Protest erhört oder ob Künstler künftig um ihre Rechte kämpfen müssen, bleibt offen.
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OZD-Kommentar
Urheberrecht gegen KI: Kulturelle Enteignung auf leisen Sohlen?
Mit einem Album der Stille setzen britische Musikstars ein lautes Zeichen. Doch wie real ist die Gefahr, die von Künstlicher Intelligenz für Kreative ausgeht?
Die britische Regierung plant, KI-Unternehmen freien Zugriff auf kreative Inhalte zu gewähren – es sei denn, Künstler widersprechen aktiv. Damit liegt die Beweislast bei den Kreativen, die sich gegen eine übermächtige Tech-Branche wehren müssen. Das ist eine Umkehrung der bisherigen Schutzmechanismen und macht es für Künstler nahezu unmöglich, ihre Rechte effektiv durchzusetzen.
Die Konsequenz? KI-Unternehmen könnten Werke großer Musiker, Autoren und Künstler nutzen, ohne dafür zu zahlen. Damit wird Kunst in einen kostenlosen Rohstoff für Algorithmen verwandelt, die am Ende genau jene Kreativen ersetzen könnten, deren Werke sie einst analysierten.
Es ist paradox: Die britische Musikindustrie gehört zu den wertvollsten Kulturgütern des Landes – und soll nun freiwillig ihre Existenzgrundlage gefährden? Die geplante Reform läuft darauf hinaus, dass KI-Entwickler profitieren, während Künstler ihre eigene Zukunft gefährden.
Wenn Premierminister Keir Starmer wirklich eine Balance zwischen Fortschritt und Schutz kreativer Werke will, muss er die Rechte der Urheber stärken statt sie auszuliefern.
OZD-Analyse
Künstliche Intelligenz gegen Urheberrecht: Was steht auf dem Spiel?
Was will die britische Regierung ändern?
Die Regierung plant, KI-Unternehmen zu erlauben, ihre Systeme mit urheberrechtlich geschützten Inhalten zu trainieren – ohne vorherige Erlaubnis der Urheber.
Künstler müssten explizit Widerspruch gegen die Nutzung einlegen, anstatt vorher um Erlaubnis gebeten zu werden.
Warum protestieren Künstler dagegen?
Die Musik- und Kreativbranche fürchtet eine Enteignung durch die Hintertür.
Paul McCartney, Kate Bush, Ed Sheeran und andere warnen, dass KI-Unternehmen sich auf Kosten der Künstler bereichern, ohne Gegenleistung zu erbringen.
Es sei für Künstler praktisch unmöglich, jede Nutzung ihrer Werke nachzuverfolgen oder sich rechtzeitig zu wehren.
Wie viel Geld steckt in der britischen Musikindustrie?
2023 trug die Musikbranche 7,6 Milliarden Pfund (9,17 Milliarden Euro) zur britischen Wirtschaft bei.
Die britischen Musikexporte betrugen 4,6 Milliarden Euro – ein zentraler Wirtschaftszweig des Landes.
Was könnte passieren, wenn das Gesetz durchkommt?
KI-Unternehmen könnten künftig kostenfrei auf das Werk tausender Künstler zugreifen, um ihre Modelle zu trainieren.
Dadurch könnte KI-generierte Musik echte Künstler verdrängen und die Musikindustrie nachhaltig verändern.
Ein Präzedenzfall in Großbritannien könnte internationale Folgen haben – auch in der EU und den USA wird über ähnliche Gesetze diskutiert.
Wie geht es weiter?
Die britische Regierung muss entscheiden, ob sie die Kreativbranche schützt oder den Interessen von KI-Konzernen Vorrang gibt.
Die Musikindustrie fordert ein „Fair Use“-Modell, bei dem Urheber selbst entscheiden können, ob sie ihre Werke für KI-Training freigeben wollen.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob London den Wert kreativer Arbeit anerkennt oder die Interessen der Tech-Giganten über die Künstler stellt.
OZD-Biographien und Erklärungen
Was ist das „stille Album“?
„Is This What We Want“ ist ein Protestalbum, das ausschließlich Stille enthält.
Die zwölf Tracks ergeben zusammen den Satz: „Die britische Regierung darf den Diebstahl zugunsten von KI-Unternehmen nicht legalisieren.“
Warum protestieren britische Künstler?
Die britische Regierung plant eine Reform, die KI-Training mit urheberrechtlich geschützten Werken erlaubt.
Musiker und Autoren kritisieren, dass dies ihre Werke entwertet und KI-Unternehmen kostenlos profitieren lässt.
Was sagt Premierminister Keir Starmer?
Er will eine Balance zwischen Urheberrecht und KI-Fortschritt finden.
Viele Künstler fürchten jedoch, dass die Regierung eher den Interessen der Tech-Industrie als denen der Kreativbranche folgt.
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Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP