Das Bundesverwaltungsgericht wird sich in diesem Jahr mit einer Reihe brisanter Themen beschäftigen. Dazu gehören die Klage des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder gegen die Streichung seines Büros, der umstrittene Rundfunkbeitrag und eine Entscheidung über das Verbot des rechten Magazins "Compact". Dies gab das Gericht am Mittwoch in seinem Jahresbericht bekannt.
Die Verhandlung zu Schröders Klage ist für den 10. April angesetzt. 2022 wurde dem Altkanzler das staatlich finanzierte Büro mit vier Mitarbeitern gestrichen. Begründet wurde dies offiziell damit, dass Schröder "keine fortwirkende Verpflichtung aus dem Amt" mehr wahrnehme. Hintergrund sind seine engen Beziehungen zu Russland und Wladimir Putin. Schröder klagte gegen diese Entscheidung und scheiterte bereits vor zwei Instanzen. Nun muss das Bundesverwaltungsgericht entscheiden.
Ein weiteres brisantes Thema steht am 16. April auf der Agenda. Es geht um Abschiebungen nach Griechenland. Der hessische Verwaltungsgerichtshof hatte entschieden, dass junge männliche Flüchtlinge, die dort bereits Schutz erhalten haben, zurückkehren müssen. Da andere Oberverwaltungsgerichte eine abweichende Rechtsauffassung vertreten, wird nun ein höchstrichterliches Urteil erwartet.
Im Mai geht es um eine Verbraucherfrage: Dürfen nicht essbare Bestandteile von Wurstverpackungen wie Clips und Hüllen zum Nettogewicht gerechnet werden? Ein Hersteller hatte dagegen geklagt, nachdem ihm dies untersagt wurde.
Von besonderem öffentlichen Interesse ist die Verhandlung zum "Compact"-Verbot im Juni. Die Bundesregierung stufte das Magazin als "zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene" ein und verbot es 2024 auf Grundlage des Vereinsrechts. Das Bundesverwaltungsgericht setzte den Vollzug des Verbots vorläufig aus. Nun steht die entscheidende Verhandlung an.
Im Oktober folgt der Prozess zum Rundfunkbeitrag. Eine Frau aus Bayern verweigert die Zahlung mit der Begründung, die öffentlich-rechtlichen Sender erfüllten ihren verfassungsmäßigen Auftrag nicht. Ihre Klage wurde in Bayern abgewiesen, doch das Bundesverwaltungsgericht ließ die Revision zu, da die Frage grundsätzliche Bedeutung hat.
OZD-Kommentar
Die anstehenden Verhandlungen zeigen, wie kontrovers politische und gesellschaftliche Fragen derzeit sind.
a) Die Klage Schröders könnte zu einem Präzedenzfall führen. Sollte er gewinnen, wäre die Praxis der nachträglichen Entziehung von Altkanzlerprivilegien grundsätzlich in Frage gestellt.
b) Die Abschiebefrage nach Griechenland birgt politischen Sprengstoff. Eine höchstrichterliche Entscheidung könnte bundesweit Folgen haben und Asylverfahren beeinflussen.
c) Besonders umkämpft ist das "Compact"-Verbot. Die Entscheidung wird zeigen, wie weit die Bundesregierung bei Vereinsverboten gehen kann, ohne die Pressefreiheit zu gefährden.
OZD-Analyse
Politische Brisanz der Verfahren
a) Die Entscheidungen zum Rundfunkbeitrag und Schröders Büro haben erhebliche politische Sprengkraft.
b) Die Regierung könnte unter Druck geraten, wenn das Bundesverwaltungsgericht sie in diesen Punkten rügt.
c) Die Abschiebefrage zeigt, wie unterschiedlich Gerichte Migrationspolitik bewerten.
Bedeutung für die Medienlandschaft
a) Das "Compact"-Verbot könnte neue Maßstäbe für Medienverbote setzen.
b) Sollte das Verbot fallen, würde dies die Position der Bundesregierung schwächen.
c) Umgekehrt könnte eine Bestätigung des Verbots zu weiteren Einschränkungen führen.
Verbraucherschutz und Alltagsfragen
a) Die Entscheidung zu Wurstverpackungen könnte Signalwirkung für andere Lebensmittelhersteller haben.
b) Der Rundfunkbeitrag bleibt ein Dauerstreitthema, das politische Folgen haben kann.
c) Sollten die Kläger Erfolg haben, könnten weitere Klagen gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk folgen.
OZD
Alle Angaben ohne Gewähr.
Bild: AFP