Angesichts der starken AfD sieht der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) kaum eine Alternative zu einer Koalition aus Union und SPD. „Es muss gelingen, dass eine vernünftige Regierung zusammenkommt“, betonte er am Donnerstag im ARD-„Morgenmagazin“. Die geplanten Gespräche seien „zum Gelingen verdammt“. Voraussetzung sei jedoch, dass die Parteien sich nicht „gegenseitig über den Tisch ziehen“.
Die AfD sei „mindestens ein Weckruf“, sagte Schweitzer weiter. Zwar gebe es keinen Automatismus für eine schwarz-rote Regierung, doch rein rechnerisch bestehe kaum eine andere Möglichkeit. Ob das Bündnis politisch tragfähig sei, werde sich in den Verhandlungen zeigen. „Damit diese Gespräche erfolgreich sind, ist es klug, wenn man sie nicht öffentlich führt“, fügte er hinzu.
Bereits am Mittwoch hatte SPD-Partei- und Fraktionschef Lars Klingbeil die Union für öffentliche Äußerungen zur Schuldenbremse und zu Sondervermögen kritisiert. „Wenn wir ernsthafte Gespräche führen (...), sollten wir Vorschläge nicht in der Öffentlichkeit diskutieren“, sagte er. „Vorschläge, von denen ich öffentlich aus der Zeitung erfahre, sind automatisch vom Tisch.“ Klingbeil forderte von der Union Vertraulichkeit der Verhandlungen.
Die schwarz-rote Koalition gilt als wahrscheinlichste Regierungsoption, nachdem die SPD starke Verluste bei der Bundestagswahl hinnehmen musste und nun mit 16,4 Prozent nur drittstärkste Kraft hinter Union und AfD ist. ozd
OZD-Kommentar
Die Aussage von Alexander Schweitzer ist richtig und zeigt, wie groß die Unsicherheit über die Regierungsbildung ist. Wenn eine schwarz-rote Koalition „zum Gelingen verdammt“ ist, dann klingt das nicht nach einer Regierungsbildung aus Überzeugung, sondern aus Mangel an Alternativen.
Eine solche Zwangskoalition könnte das Gegenteil ihres Ziels bewirken: Statt die AfD zu schwächen, würde sie Wähler weiter enttäuschen. Die SPD geht geschwächt in die Verhandlungen, die Union wird Bedingungen diktieren. Ob diese Koalition stabile politische Grundlagen hat, bleibt fraglich.
Dazu kommt: Eine Regierung, die von Anfang an mit „Vertraulichkeit“ statt mit inhaltlicher Klarheit argumentiert, ist ein Problem. Die Bürger haben ein Recht zu wissen, worüber in den Verhandlungen gesprochen wird – und was sie von einer neuen Regierung erwarten können.
Schwarz-Rot mag rechnerisch die einzige Option sein, doch ohne eine überzeugende inhaltliche Basis wird sie kaum das Vertrauen zurückgewinnen, das beide Parteien in den vergangenen Jahren verloren haben.
OZD-Analyse
Warum Schwarz-Rot als einzige Option gilt
a) Mathematisch gibt es kaum Alternativen, da die anderen Parteien keine Mehrheitskoalition bilden können.
b) Eine Minderheitsregierung ist politisch instabil und schwer durchsetzbar.
c) Die Union schließt eine Zusammenarbeit mit der AfD kategorisch aus, die SPD mit der Linken und dem BSW.
Risiken einer Zwangskoalition
a) Die SPD geht geschwächt in die Verhandlungen und könnte inhaltlich überstimmt werden.
b) Die Bevölkerung könnte die Regierung als Notlösung wahrnehmen, was der AfD weiter Zulauf verschaffen könnte.
c) Scheitert die neue Regierung, könnten die AfD bei der nächsten Wahl ein Regierungsauftrag erhalten.
Der Streit um Vertraulichkeit
a) Die SPD fordert, dass Vorschläge nicht in der Öffentlichkeit diskutiert werden.
b) Kritiker warnen, dass Transparenz in der Regierungsbildung unerlässlich ist.
c) Fehlende öffentliche Debatten könnten Misstrauen gegenüber der künftigen Regierung schüren.
Was ist eine Große Koalition?
Eine Große Koalition bezeichnet in Deutschland eine Regierungskoalition zwischen den beiden größten Parteien, traditionell CDU/CSU und SPD. Sie galt lange als Ausnahmefall, kam jedoch seit 2005 mehrfach vor. Große Koalitionen können breite Mehrheiten im Bundestag schaffen, sind aber oft von innenpolitischen Spannungen geprägt. Kritiker werfen ihnen vor, die politische Vielfalt zu reduzieren und Oppositionsparteien zu schwächen.
Wer ist Alexander Schweitzer?
Alexander Schweitzer ist seit 2024 Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und gehört der SPD an. Zuvor war er Landesminister für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung. Innerhalb der SPD gilt er als pragmatischer Politiker mit enger Anbindung an den Kanzlerflügel.
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Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP